evangelisch: Kirche in WDR 4 | 25.10.2018 08:55 Uhr | Manfred Rekowski
Bereit, zu verändern?
Guten Morgen,
Aufrüstung zum Krieg, Überschwemmungen, Dürren, eine Vermüllung der Meere durch
Plastik und Öl,… - und und und. Dass unsere Erde bedroht ist – durch den Menschen selbst
– das ist klar. Und dass wir schwierige gesellschaftliche Probleme wie eine offenkundige
Vertrauenskrise, Missbrauchsskandale, einen Mangel an Facharbeitern und Pflegekräften
zu lösen haben, spüren wir alle. Vielen ist klar: Ein „weiter so“ darf es nicht geben!
Doch von mir selbst weiß ich: Es fällt mir oft nicht leicht, mich oder mein Verhalten zu
ändern. So schaffe ich es schon beim Einkaufen oft nicht verpackungsarm einzukaufen,
Plastik zu vermeiden. Und manches, was mich in den Nachrichten bewegt, verdränge ich
schnell wieder. Ich bin informiert, aber das bleibt zu oft folgenlos.
Ich frage mich oft: Was kann Menschen dazu bewegen, sich selbst zu verändern? Oder
daran mitzuarbeiten, dass sich unsere Gesellschaft verändert? Wenn ich so überlege, dann
ist in der Kirche ein häufiger Grund dafür, etwas zu verändern Druck. Druck, der zum
Beispiel entsteht, weil Geld fehlt. Es fehlt Geld, um alle Gebäude – Kirchen und
Gemeindehäuser – im bisherigen Angebotsumfang zu erhalten. Auch scheint es mir in der
Politik ebenfalls so zu sein, dass meist Druck – zum Beispiel schlechte Umfragewerte –
Veränderungen auslöst. Ich frage: Verändert sich nur dann etwas, wenn es erzwungen
wird? Ist Druck der Motor für Veränderung?
Es geht auch anders: Wenn Jesus Menschen ansprach, dann tat er es oft mit den Sätzen:
„Kehrt um!“ oder „Folge mir nach!“ Jesus wollte nicht auf Biegen und Brechen Anhänger
sammeln, die ihm blind folgen. Er wollte überzeugen. So malte er Zukunftsbilder. Er sprach
von Gottes Reich - von Gottes neuer Welt. Einer Welt, die eine Alternative zu den
bestehenden Verhältnissen ist, wo immer sie Menschen ums Leben bringen. Diese Vision
der neuen Welt erzeugte bei einigen Ablehnung, viele blieben gleichgültig. Manche sahen
ihre Pfründe und ihre Macht bedroht. Andere ließen sich dadurch jedoch in Bewegung
setzen, setzten sich ein für Veränderungen, wurden zu Überzeugungstätern. Bis heute.
Wie treten wir als evangelische Kirche für Veränderungen ein? Viele werden jetzt überrascht
sein: ganz schlicht mit beten und arbeiten. Zu dem Gebet, das Christinnen und Christen
überall auf der Welt beten, dem Vater unser, gehört die Bitte: „Dein Reich komme!“
Evangelische Christen setzen darauf, dass Recht, Frieden und Gerechtigkeit sich
durchsetzen.
Wir hoffen darauf, dass alles, was Menschen ums Leben bringt, zum Auslaufmodell wird.
Und wir setzen auf kleine erste Schritte. Ich glaube: „Wo ein Mensch sich selbst verschenkt,
und den alten Weg verlässt, fällt ein Tropfen von dem Regen, der aus Wüsten Gärten
macht.“ (1)
Ich wünsche Ihnen und mir den Mut, heute vertraute Wege zu verlassen.
Probieren wir es aus! Ihr Präses Manfred Rekowski aus Düsseldorf.
Anmerkungen:
(1)Lied: Wo ein Mensch Vertrauen gibt, Strophe 3, Text: Hans-Jürgen Netz 1975, Melodie:
Fritz Baltruweit 1977, Rechte: Text: tvd-Verlag, Düsseldorf; Melodie: beim Autor.
evangelisch: Kirche in WDR 4 | 26.10.2018 08:55 Uhr | Manfred Rekowski
Gott ergreift Partei
Guten Morgen,
es gibt immer wieder Menschen, die der Kirche einen ganz bestimmten Platz zuweisen
wollen. Die Kirche soll wahlweise für Werte sorgen, Traditionen pflegen oder gar das
sogenannte christliche Abendland verteidigen und sich ansonsten um den inneren
Seelenfrieden ihrer Mitglieder kümmern.
Viele meinen auch ganz genau zu wissen, was nicht Aufgabe der Kirche ist. Das erlebe ich
immer wieder, wenn ich mich für geflüchtete Menschen einsetze. Das spüre ich, wenn ich
auf die Situation von Kindern hinweise, deren Eltern sie nicht ausreichend versorgen
können.
Das kommt mir entgegen, wenn ich über die schwierigen Lebensverhältnisse von
Menschen in afrikanischen Staaten spreche, wo es für viele kaum Chancen für ein gutes
Leben gibt. Das wird angemerkt, wenn ich davon spreche, dass wir mit unserer Schöpfung
achtsam umgehen müssen, damit sie auch für zukünftige Generationen bewohnbar bleibt.
Ich frage: Gibt es wirklich beliebig viele Möglichkeiten, wofür die Kirche einsteht und eintritt?
Nein, Christenmenschen sind festgelegt. Denn die biblische Tradition ist der Platzanweiser
für die Kirche: Denn Gott selbst ergreift Partei. Er ist ein Vater der Waisen. Gott ist ein Helfer
der Witwen. Er bringt die Einsamen nach Hause. Und Gott führt die Gefangenen heraus,
dass es ihnen wohl gehe. Gott tritt für gerechte Verhältnisse ein. (1)
Gott steht also an der Seite der Bürgerinnen und Bürger im Land, die am wenigsten versorgt
sind. Er steht auf der Seite der schwächsten Glieder der Gesellschaft. Nehmen wir die
Witwen und Waisen, von denen in der Bibel die Rede ist. Denen fehlte es in biblischer Zeit
am Nötigsten zum Leben. Heute denken wir an Kinder, die in Familien unterhalb der
Armutsgrenze leben. Oder an alleinerziehende Mütter oder Väter, die es oft nur mit riesiger
Mühe schaffen, nicht in die soziale Not abzurutschen. Oder an Menschen auf der Flucht.
Oder Menschen, die Hunger leiden oder unter den Folgen von Kriegen.
Und für sie alle steht die Kirche ein. Denn Gott ist ein Helfer und Fürsprecher für Menschen
Und für sie alle steht die Kirche ein. Denn Gott ist ein Helfer und Fürsprecher für Menschen
in Not. Für alle, denen es am Nötigsten fehlt. Er sorgt sich darum, dass jeder Erdenbürger
genug von dem hat, was er zum Leben braucht: Essen und Trinken, Wohnraum, ein
Zuhause. Es geht Gott um das Miteinander der Menschen auf der ganzen Welt. Darum,
dass alle genug haben. Es geht um Gerechtigkeit und Frieden auf Erden. Um
Zusammenhalt der Menschheitsfamilie im „Haus der Welt“ (Martin Luther King).
In der Kirche, im Gottesdienst und in der Seelsorge, geht es natürlich immer darum, wie
Menschen im Vertrauen auf Gott leben können: zuversichtlich, gelassen und mutig. Und es
geht auch darum, wie Menschen mit sich, ihren Mitmenschen und Gott im Reinen getröstet
sterben können.
Und es geht immer auch um unsere Welt und um unser Zusammenleben.
Gott hat der Kirche ihren Platz zugewiesen. Der Platz der Kirche ist nahe bei den Menschen
- mittendrin.
Das meint Präses Manfred Rekowski aus Düsseldorf.
(1) Psalm 68,8: „Ein Vater der Waisen und ein Helfer der Witwen ist Gott in seiner heiligen
Wohnung, ein Gott, der die Einsamen nach Hause bringt, der die Gefangenen herausführt,
dass es ihnen woh(er)gehe.“