Kritik: Das Michael-Jackson-Musical
"Thriller - Live" feiert Michael Jackson, den King of Pop, Rock & Soul, der im Lauf der Jahre zum Ikarus der Pop-Musik wurde.
ine Multimedia-Show als Ersatzdroge? Ein Party-Konzert oder eine Konzert-Party? Oder aber das laute Echo auf "Jacko", den Sänger, der mit den Jahren zu weltfremder Künstlichkeit erstarrte?
Der "King of Pop" ist tot. Erlöst von den Gesetzen der Schwerkraft. Das Nachleben des Megastars, der zum tragischen Freak mutierte und in einer Fantasiewelt existierte, die niemand mehr verstand, stylen jetzt die Michael-Jackson Wiedergänger. Komplett mit herumwackelnden, cool tanzenden Figuren. Mit Handschuh, Hut und Drehungen. Mit dessen Art zu tanzen, an der sich jeder versucht: Mit Moonwalk und Robot, Schrägstand und Griff in den Schritt.
"Thriller - Live" (bis 31. 1.) in der Wiener Stadthalle F - 2006 im Londoner Westend uraufgeführt - ist eine Nummern-Revue, die professionell und bombastisch über die Bühne fegt. Die Illusionsmaschine läuft perfekt. Die "Rollercoaster Journey" bietet zwar keine Überraschungen, macht aber den Fans sichtlich Spaß. Also sehr vielen. Auf das Intro "Remember The Time"-Medley folgen die größten Hits vom Kinderstar bei den Jackson Five. Nach "I Want You Back" und einemseelenvoll hingeschmalzten "I'll Be There" steht da plötzlich die Kreuzung aus einem handzahmen James Brown und einem in die Disco abgebogenen Fred Astaire. Der Rest der Truppe hüpft indes munter treppauf, treppab bis zum nächsten Kleiderwechsel. Und im Rückblick verblüffen dann doch Geschmacksverirrungen wie Glitzertops und Rüschenhemden bei den Klamotten der 70er-Jahre.
"Thriller - Live" hat nur ein Ziel: Dem König zu huldigen. So richtig auf Touren kommt das von Adrian Grant kreierte Spektakel aus fast 30 Jackson-Hits - vom "ABC" der Jackson Five bis zum monumentalen "Earth Song" - und den mittlerweile sattsam bekannten Jackson- Posen erst nach der Pause mit den Preziosen aus dem weltweit bestverkauften Album aller Zeiten "Thriller" und einer atemberaubenden Version von "Dangerous".
* » Bilder: Wien-Premiere für "Thriller Live"
Bombastisch
Mit den emsigen Tänzern wirkt alles täuschend echt, begleitet vom jacksongerechten Pathos in Bild und Ton dank echter Band und Riesenmonitor.
Die Show ist kein matter Aufguss. Sie funktioniert. Wie schon das Jukebox-Musical "We Will Rock You" mit Queen-Hadern und "Mamma Mia" mit Abba-Trallala. Einziger Unterschied: Diese Shows hatten eine Story.
Die hat "Thriller-Live" nicht. Braucht sie vermutlich auch nicht: Amüsierfreudige Zuschauer, angeheizt und animiert wie zur Party Time im All-Inclusive-Club, klatschen und wippen, singen und tanzen auch so mit - segeln auf den Melodien durch ihre eigenen Erinnerungen.
Nur: Was Michael Jackson einst allein live auf der Bühne war, damit rackern sich jetzt gleich fünf Sänger redlich ab: Zwei Schwarze, ein Weißer, eine Frau und ein Kind. Und haben doch nie das Charisma oder auch nur die Bühnenpräsenz desOriginals.
Aber das ist belanglos. Schließlich ist Anbetung eine Gewohnheit, mit der sich nur schwer brechen lässt.
Fazit: Bühnenshow "Thriller - Live"
Musical: Die Show ohne Geschichte versteht sich als Hommage an Michael Jackson und feiert seine Musik in einer Art Nummern-Revue.
Zielgruppe: Ein Fest für Fans zum Wiederhören von "Blame It On The Boogie", "Off The Wall", "Beat It", "Billie Jean" u.a.
Eindruck: Während die Show etwas langsam in Fahrt kommt und die Kostüme zum Disco-Sound der 80er-Jahre erschreckend geschmacklos erscheinen, strahlen dann die späteren Hits in unverwüstlicher Pracht.
Artikel vom 21.01.2010 16:36 | KURIER | Werner Rosenberger
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