Dancing With The Elephant

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  • Joie: Es ist wirklich sehr traurig, wenn du über das alles auf diese Art nachdenkst, weißt du? Zu realisieren, dass so viele von unseren täglichen Konflikten gelöst werden, oder sogar verschwinden könnten, wenn wir alle nur ein wenig mehr Mitgefühl gegenüber anderen hätten und uns gegenseitig zuerst mal mit ein wenig Liebe ansehen könnten anstatt immer sofort mit Verärgerung zu reagieren. Und der wirklich traurige Teil ist, dass das eine Lektion ist, die Michael so viele Jahre lang versucht hat, uns beizubringen. Wow. Das hat mich gerade ein bisschen umgehauen. Danke für die Geschichte, Willa.Aber um auf Is it scary zurückzukommen, was diesen Song besonders herzzerbrechend für mich macht, sind diese Zeilen ganz am Ende:


    Ich bin müde missbraucht zu werden
    Du weißt, du machst mir auch Angst
    Ich denke, das Böse bist du
    Ist das unheimlich für dich, Baby?


    Bei diesen wenigen Zeilen möchte ich weinen. Du kannst alle seine Gefühle hören am Ende dieses Songs – Frustration, Zorn, Wut, Traurigkeit. Besonders, als sie gekoppelt sind mit seinen schwermütigen Schreien „Ich will darüber nicht sprechen“ (Don’t wanna talk about it), das dieser letzten Strophe direkt vorangeht. Es ist schwer, dem zuzuhören und ich habe das Gefühl, wenn jede Person auf diesem Planeten diesem Song richtig zuhören und ihn verinnerlichen würde, dann würde die Welt ihn vielleicht endlich doch ein wenig besser verstehen und realisieren, was sie ihm angetan hat.


    Ich weiß. Es ist ein Wunschtraum. Aber ein Mädchen darf hoffen.


    Willa: Ich stimme dir zu – dieser Song scheint ein reiner Ausdruck aller Emotionen zu sein, die er empfand nach den Anschuldigungen 1993. Und es erstaunt mich, dass er mitten in diesem Schmerz der Anschuldigungen, zu einer Zeit, als ich persönlich nichts mehr wollte, als mich unter meiner Bettdecke zu verkriechen und zu weinen, er noch fähig war, sich ein wenig davon zu distanzieren, und das, was geschehen war, auf einer kulturellen Ebene zu durchdenken und seine künstlerische Antwort zu erschaffen. Das erstaunt mich einfach, auf vielen verschiedenen Ebenen und bringt diesen ganzen Mix von Emotionen bei mir hervor – alles von Bewunderung für das, was er erreicht hat bis hin zu tiefer Trauer für alles, was er durchgemacht hat und für alles, was wir verloren haben.


    Joie: Ich weiß. Es ist wirklich verblüffend, wenn man darüber nachdenkt. Wie jemand den Mut haben kann, seinen Kopf Tag für Tag hoch zu halten in dieser Situation… es ist einfach verblüffend für mich und ich denke, er war einer der tapfersten Menschen aller Zeiten. Kannst du dir vorstellen, in seinen Schuhen zu stecken und durch die öffentliche Erniedrigung zu gehen, jeden einzelnen Tag? Und mitten in alldem immer noch fähig zu sein zu arbeiten und zu schreiben und wahrhaft fesselnde Kunst zu erschaffen und es einer Welt zu präsentieren, die sich gegen dich gewandt hat. Er ist so unglaublich für mich.


    Willa: Dem können wir beide sicherlich nur zustimmen.





    herz.gif herz.gif herz.gif

    The truth must dazzle gradually
    Or every man be blind
    Emily Dickinson

  • einfach nur mal wieder ein extra danke für dich, meine liebe lilly :ildm:
    ich konnte immer noch nur quer lesen, da ich einfach wirklich keine zeit finde... ich freue mich so sehr darauf, deine übersetzung demnächst einfach nur zu genießen...
    danke für deine liebe und deine mühe :kiss:
    und hör bitte nicht auf :bettel:
    von ganzem herzen :herz:
    blissy

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    Mit jedem Kind, das dir begegnet, ertappst du Gott auf frischer Tat.
    Martin Luther
    If I had a single flower for every time I think about you, I could walk forever in my garden. ~Claudia Ghandi

  • Danke Blissy, für deine lieben Worte (du bist süß sch%C3%A4m.gif)!!!


    Ich möchte einen Kommentar aus dem Blog zitieren, den ich interessant finde. Es geht um die Verwendung des Begriffes „Anschuldigung“ etc. a050(3).gif und der/die Leser/-in spricht genau mein eigenes Unbehagen an, das ich dann immer habe, wenn ich das schreibe. Manchmal sträubt sich alles in mir, das wieder hinschreiben zu müssen, aber Willa "will" es so (nicht wirklich). Vielleicht geht es euch ja auch so …


    Aus den Blog-Kommentaren


    Zenriver (03/10/2011 at 3:13 am) : Danke, Willa und Joie, für eure wunderbaren und aufschlussreichen Unterhaltungen! Ich möchte fragen, was ihr darüber denkt, die Begriffe ‚Anschuldigungen / allegations’ in ‚Erpressung / extortion’ sprachlich zu ändern, in Bezug auf das, was Michael 1993 passiert ist? Denn ‚Anschuldigungen’ ist ein sehr allgemeiner Begriff in der Mediensprache, das die Möglichkeit beinhaltet, jemand „könnte“ schuldig sein, ohne die Grenze zur Verleumdung zu überschreiten, indem er es offen ausspricht. ‚Der mutmaßliche Angreifer’ – und so weiter – bei dem das Wort ‚Anschuldigung, beschuldigt, mutmaßlich / allegation, alleged“ von den Lesern und Zuhörern als eher verbindlicher Ausdruck wahrgenommen wird, denn für die Medien angeklagt zu sein bedeutet schuldig zu sein.


    Ich möchte vorschlagen, dass wir damit aufhören, die durch die Medien definierte Sprache zu wiederholen und diese aktiv zu ersetzen durch die Genauigkeit des Wortes ‚Erpressung’. Es erweckt in mir ein komplett anderes Gedankengerüst, das die Aufmerksamkeit auf die Täter verschiebt, wo sie hingehört, wenn man über die Verbrechen gegen Michael Jackson in den Jahren 1993-94 und 2003-05 diskutiert. Wenn wir ‚Anschuldigungen’ sagen, bleibt alles, was passiert ist, weiter in einer Grauzone; wenn wir ‚Erpressung’ sagen, wird die Antwort der Skeptiker sein ‚Beweise es’ – und das öffnet die Tür dafür, dass die Wahrheit ans Licht kommt.


    Willa (03/10/2011 at 12:34 pm): Zenriver, du sprichst einige exzellente Punkte an und, um ehrlich zu sein, ich kämpfe jedes einzelne Mal, wenn ich darüber schreibe, mit den Worten, die ich benutze, um die Vorgänge von 1993 zu beschreiben. Ich habe kein Problem damit, die Vorkommnisse, die maßgeblich zu dem Prozess 2005 geführt haben als Erpressungsversuch zu bezeichnen, denn es ist ziemlich klar, dass sie das waren – Erpressung, schlicht und einfach, obwohl da einige komplizierte Emotionen im Spiel waren wie Gefühle von Anspruchsdenken und Zurückweisung. Aber die Geschehnisse von 1993 sind schwieriger zu beschreiben und widersetzen sich den einfachen Bezeichnungen. Für mich ist es so, dass, wenn ich ganz zufrieden sein will mit der Benutzung des Ausdrucks ‚Erpressung’ ohne einen Zweifel davon überzeugt sein muss, dass der Vater wusste, dass Michael Jackson unschuldig war und ihn trotzdem angeklagt hat, und ich bin nicht sicher, das das stimmt. Tatsächlich glaube ich, dass es gut möglich ist, dass der Vater selbst überzeugt davon war, dass seine Anklagen wahr sind – und dann daran ging, es auf eine sehr manipulative, zwingende und sogar betrügerische Weise zu beweisen.


    Ich sollte vielleicht vorab gesagt haben, dass ich nur für mich persönlich spreche, denn dies ist etwas, worüber Joie und ich uns nicht einig sind. Es ist tatsächlich so, dass, als sie in unserem ersten Blog Post sagte, sie hätte M Poetica gelesen und dann mit mir darüber sprach und wir dann eine starke Meinungsverschiedenheiten hatten, dies die bei Weitem größte davon war. Joie glaubt, genau wie du, dass es nur um Geld ging, und dass der Vater wissentlich die falschen Anschuldigungen gemacht hat, um $ 20 Millionen zu erpressen. Und ich bin nicht davon überzeugt. Ich sage nicht, dass der Vater ein netter Typ war. Er war auf physische und psychische Art missbräuchlich – schließlich erwirkte sein Sohn eine einstweilige Verfügung gegen ihn - und offensichtlich war er ein chronischer Lügner. Sogar in seinen eigenen chronologischen Aufzeichnungen widerspricht er sich ständig selbst – tatsächlich kann er keine zwei Sätze zusammenfügen, ohne sich selbst zu widersprechen. Also ich rechtfertige die Taten des Vaters ganz und gar nicht. Aber Menschen, die mit ihm gesprochen haben, sagen, dass es schien, als würde er aufrichtig glauben, die Anschuldigungen wären wahr, und vielleicht war es so. Das bedeutet nicht, dass sie wahr waren – nur dass er selbst davon überzeugt war, dass sie wahr waren.


    Andererseits hatte er einen starken finanziellen Anreiz zu glauben, dass sie wahr waren.Also, das ist der Punkt, wo ich herkomme, und ich vermute, ich werde ein Wort oder einen Begriff finden müssen, das irgendwie auszudrücken. Ich bin absolut überzeugt davon, dass Michael Jackson unschuldig war, also mag ich den Schatten des Zweifels nicht, den das Wort ‚Anschuldigungen’ begleitet, wie du es so gut beschrieben hast. Aber ich fühle mich nicht wohl mit dem Wort ‚Erpressung’. Manchmal verwende ich einfach das Wort ‚Skandal’, aber das ist auch nicht perfekt. Kann man es irgendwie besser beschreiben? Ich bin völlig offen für Vorschläge, denn ich kämpfe wirklich damit, und das nun schon eine ganze Zeit.


    Joie (03/10/2011 at 2:47 pm): Hi Zenriver, ich stimme dir zu 100 % zu. Wir sollten aktiv nach etwas suchen, damit wir sprachlich die ‚Anschuldigungen’ in ‚Erpressung’ ändern können und es als das benennen können, was es war. Wie Willa erzählt hat ist dies ein Thema, bei dem wir uns komplett uneinig sind und wir hatten einige erhitzte Debatten darüber. Ich glaube ganz fest, dass EC dieses ganze Ding in dem vollem Bewusstsein in Gang setzte, dass Michael niemals eine Hand an seinen Sohn gelegt hatte. Es ging nur ums Geld von Anfang bis Ende, und ich glaube, die Fakten dieses Falles zeigen das deutlich. Also, ich stimme dir voll und ganz zu, und ich will versuchen, deinen Vorschlag voranzutreiben.



    herz.gif Tova.gifherz.gif

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  • ...stimmt, das Wort Anschuldigungen hört sich für mich auch immer nach "Schuld" an..aber ich verstehe auch Willas Erklärung dazu, wenn sie davon ausgeht, dass Chandler tatsächlich geglaubt haben könne,es sei was dran an seinen Beschuldigungen/seinem Verdacht gegen Michael, dass es dann in dem Moment (noch) keine Erpressung war. Schwierig, das richtig zu formulieren. Ich könnte mir vorstellen, dass man einfach "fälschliche Anschuldigungen" schreibt..damit ist gleich gesagt, dass es keine realen, wirklich begründeten waren, was sich ja schliesslich so eindeutig herausgestellt hat.

  • Aber das ist ja grade der Knackpunkt : dieses Thema 1993 habe ich auch schon tausendmal hin und her gewendet. Selbst wenn Vater Chandler glaubte, es findet ein Missbrauch
    statt, dann hätte er nicht so reagiert, wenn ihm was an seinem Sohn gelegen wäre. Wenn seinem Sohn tatsächlich sowas passiert wäre, dann ist das doch sowas von perfide, daraus
    Geld zu machen, denn das würde den Jungen ja noch viel mehr belasten.
    Und dann ist es ja auch so, dass Chandler schon vorher versucht hatte, Michael um Geld anzugehen, der aber abgelehnt hat. Außerdem hat er ihm die Zuneigung seines Sohnes abspenstig
    gemacht, deshalb war Chandler einfach tierisch eifersüchtig in jeder Beziehung.
    Und auch die Tatsache, dass Michael ihm vorher kein Geld geben wollte, spricht auch für ein reines Gewissen, finde ich, und es spricht dafür, dass Chandler Geld um jeden Preis wollte.

    You were the rhythm,
    You were the sound of a crescendo,
    You showed us Heaven and Light,
    you faced the fear.


  • Weil es hier jetzt öfter um Ghosts ging, setze ich hier jetzt noch mal das Making of rein, das ich gerade gefunden habe. Es ist zwar schon in den Videos / Making of's, aber das kann man ja nicht oft genug sehenn060.gif , außerdem ist es in guter Qualität ... und ach, es / er herz.gif ist einfach zu gut!3EFkqn2TwIw

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  • aber das kann man ja nicht oft genug sehen


    Genau! Den Mayor macht er so genial! I know your game, what you´re about. Er ist sowas von drin! :laugh:

    :herz: Michael Jackson - forever the King of Pop. A genre of music. Mainly, a beautiful human being. :herz:
    es ist, was es ist... sagt die liebe


  • ...stimmt, das Wort Anschuldigungen hört sich für mich auch immer nach "Schuld" an..aber ich verstehe auch Willas Erklärung dazu, wenn sie davon ausgeht, dass Chandler tatsächlich geglaubt haben könne,es sei was dran an seinen Beschuldigungen/seinem Verdacht gegen Michael, dass es dann in dem Moment (noch) keine Erpressung war. Schwierig, das richtig zu formulieren. Ich könnte mir vorstellen, dass man einfach "fälschliche Anschuldigungen" schreibt..damit ist gleich gesagt, dass es keine realen, wirklich begründeten waren, was sich ja schliesslich so eindeutig herausgestellt hat.


    Ich würde falsche Verdächtigung schreiben und so heißt es auch gesetzmäßig und kann mit bis zu 5 Jahre bestraft werden. Damit ist das Wort "Schuld" wie in Beschuldigung und Anschuldigung
    weg ( von Michael und führt zum eigentlichen Täter Chandler) und Verdächtigung zeigt auch auf Neid und Eifersucht hin, die oft zu falschen Verdächtigungen führen. Das zweite Delikt war erpresserische Verleumdung, die auf falscher Verdächtigung beruhte. Mindestens 10 Jahre wären ihm sicher gewesen. *Handschellen klick klick*.......(ein Smiley mit Handschellen fehlt im Forum :zwinker: )

  • Der kulturelle und verbale Missbrauch des Michael Jackson
    10/11/2011


    Willa: Joie, in der letzten Woche haben wir uns Is it scary angesehen und du hast da etwas gesagt, das mir im Gedächtnis geblieben ist: “Aus irgendeinem Grund brauchen wir ihn, damit er die Rolle des Monsters übernimmt in unserem eingebildeten Horrorfilm.“ Ich war so fasziniert von der Art, wie du das erfasst hast, und ich denke schon die ganze Woche daran.


    Und interessanterweise hat Joe Vogel kürzlich einen wundervollen Artikel veröffentlicht, der einen tiefen Einblick gibt in dieses Thema. Betitelt mit Am I the Beast You Visualized? The Cultural Abuse of Michael Jackson (Bin ich das Biest, das du dir vorstellst? Der kulturelle Missbrauch des Michael Jackson) untersucht Joes Artikel dieses „Bedürfnis“, Michael Jackson zu entmenschlichen und ihn zu zwingen, „die Rolle des Monsters in dem Horrorfilm unserer Einbildung“ zu übernehmen – und die vielen Arten, auf die er Widerstand leistete. Was in Joes Artikel größte Wirkung auf mich hat ist, dass er nicht nur beschreibt, wie „Jackson eine Art globaler Stellvertreter für die ‚Andersartigen’ ist“, sondern dass er es einrahmt als einen Akt des Mitgefühls und des Mutes. Joe zeigt, dass Michael Jackson sich stark mit jenen identifizierte, die an den Rand gedrängt wurden und Song für Song seine Stimme den Stimmlosen gab – wie Joe sagt „er steht denen bei, denen das Wahlrecht entzogen und die erniedrigt wurden“.


    Joie: Und das ist eine so wahre Feststellung. Und wir sehen das Song für Song, seine ganze Karriere hindurch. Weißt du, ich will nicht vom Thema abschweifen, aber ich muss dir dieses erzählen, weil es zu dem passt, was du gerade gesagt hast, und es ist etwas, das mich wirklich wie ein Blitz getroffen hat.


    Heute, wo ich dies hier schreibe, ist der Abend des 7. November – dem Tag des Sieges für Michael Jacksons Familie und der Gemeinschaft der Fans. Das Urteil wurde verkündet und der Arzt, der verantwortlich ist für Michaels Tod, wurde verhaftet und sitzt genau jetzt hinter Gittern. Aber heute, früher am Tag, bevor wir wussten, wie es ausgeht, schaltete ich auf einen anderen Fernsehsender um und hörte eine Reporterin sagen – mit einem ziemlich schockierten Ton in der Stimme – dass all die Fans draußen vor dem Gerichtsgebäude nicht da seien wegen eines Popstars. Es ginge um eine sehr reale Verbindung, die sie zu diesem Mann fühlten, den sie als Verteidiger und Kämpfer für jene sahen, die keine Stimme haben und oft vergessen oder übersehen werden.. Und als ich ihre Worte hörte, war ich sicher, dass sie wirklich überrascht war darüber, dass so viele Fans so ähnliche Antworten auf ihre Frage „Warum ist Michael Jackson so wichtig für dich?“ gegeben haben. Es war fast so, als würde sie endlich beginnen, ihn mit unseren Augen zu sehen und es zum ersten Mal verstehen. Es begann „Klick“ zu machen; du konntest sehen, wie das Licht in ihren Augen anging! Nun, ob diese Erkenntnis hängenbleibt oder ob nicht, kann man nur vermuten, aber nur für einen Moment … ist es in ihr Bewusstsein vorgedrungen und sie war erleuchtet.


    Dieser kleine Beitrag hat mich den ganzen Tag beschäftigt und ich habe mich selbst gefragt, was wäre, wenn alle nur diesen einen kleinen Moment der Erleuchtung hätten? Würde es die Dinge ändern, wenn für einen Moment nur jeder Reporter und Journalist auf dem Planeten Michael endlich mit den Augen und dem Herzen eines Fans sehen könnte?


    Willa: Joie, das ist eine so interessante Beobachtung über die Reporterin, denn für mich ist, für jene ohne eine Stimme einzutreten und für diejenigen zu sorgen, die am Rand stehen, ein so essentieller und offensichtlicher Bestandteil von Michael Jacksons Charakter, seinem Auftrag/Lebenszweck und seiner Kunst. Das ist das, was mich vor 40 Jahren so intensiv zu Ben hingezogen hat. Es ist ein zentraler Bestandteil jedes seiner Songs, Video für Video. Tatsächlich ist es eines der ihn definierenden Charakteristika für ihn und seine Kunst, und es ist das, was für mich persönlich so wichtig ist, seit ich ein kleines Mädchen war. Also ich kann genau verstehen, was die Fans vor dem Gerichtsgebäude zu der Reporterin sagen, denn ich fühle genau das gleiche. Ich bin nur erstaunt über die Überraschtheit der Reporterin, aber ich denke, eine Menge Leute hörten seine Musik, ohne wirklich den Worten zuzuhören. Deine Geschichte illustriert perfekt das Getrenntsein zwischen dem, wie er gesehen wurde von jenen von uns, die sich wirklich mit seiner Musik und seiner Kunst befasst haben, wie er von der allgemeinen Öffentlichkeit wahrgenommen wurde und wie er durch die Medien dargestellt wurde.


    Und ich glaube nicht, dass dieses Getrenntsein zufällig ist, besonders bei den Medien. Es gibt einen Grund dafür, warum er so schonungslos angegriffen wurde und gezwungen war „die Rolle des Monsters in unserem eingebildeten Horrorfilm zu übernehmen“. Wie Joe in seinem Artikel schreibt „Die Massenmedien … haben Jackson nie besonders für sein Anderssein geschätzt, genauso wenig wie sie die ‚Anderen’, von denen er in seinen Songs sprach, besonders beachteten.“ Dies ist ein wirklich wichtiger Punkt, glaube ich, und er hilft auch bei der Erklärung, warum Michael Jackson so viel Unterstützung in so vielen Ländern der Welt erhielt, während er die Unterstützung zuhause verlor. Die Vereinigten Staaten sind eine sehr wohlhabende Nation, die eine gewisse Art des Erfolgs über alles stellt – inklusive der Werte, zu denen wir nur Lippenbekenntnisse abgeben wie Mitgefühl, Integrität und Respekt für andere und die Umwelt. Und unsere Werte werden durch die Massenmedien widergespiegelt, die diejenigen umgeben, die populär sind, sich aber grausam in der Minute gegen dieselben Leute wendet, in der sie deren Gunst verlieren, und die generell diejenigen ignorieren, die kämpfen müssen oder nicht ins System passen oder sich nicht anpassen wollen.


    Und Michael Jackson passte niemals ins System. Sogar auf der Höhe seiner Popularität passte er sich niemals an. Er weigerte sich aktiv, sich anzupassen. Wie Joe weiter schreibt:


    „Eine der bemerkenswerten Qualitäten von Jacksons Leben und Werk ist allerdings, dass er sich weigerte, Zugeständnisse an sein ‚Anderssein’ zu machen. Er wurde nie ‚normal’, wie der Begriff dies, sagen wir mal, für den Mayor of Normal Valley definiert. Er passte sich den Erwartungen nicht an. Vielmehr blieb er sich selbst treu und zeigte offen seine einmalige und vielschichtige Identität zur Frustration all derer, die ihn in eine vorhersehbare Schublade stecken wollten.“


    Dieses Sträuben gegen die Andersartigkeit, gegen das Verwischen von Grenzen und gegen die Repräsentation der Ausgeschlossenen und Randgruppen ist extrem bedrohlich. Um also diese Bedrohung zu minimieren, wurde er als „Freak“, als „Spinner“ bezeichnet, wie er in Ghosts sagt und öffentlich verhöhnt.


    Joie: Und Junge, das wurde er immer! Weißt du, es ist wirklich sehr befremdlich, wenn du hier sitzt und dir das so ansiehst. Warum hat die Welt dieses Bedürfnis, aus ihm diesen Freak zu machen? Den Spinner, die merkwürdige Person mit dem vermeintlich unheimlichen Gesicht und dem angeblich bizarren Lebensstil? Das Level der Lächerlichkeit war einfach unglaublich, wirklich.


    Und die Sprache ist ehrlich das, was ich als am verstörendsten empfinde. „Gruselig / weird“, „Freak“, „merkwürdig / strange“, „bizarr“, „verrückt / wacko“, Joe nennt diese Worte Beleidigungen, und er hat Recht. Es sind Beleidigungen. Mindestens genauso hässlich und schmerzhaft wie „wet back“ (eigene Anm.: abfällige Bezeichnung für einen Mexikaner, der durch den Rio Grande schwimmend illegal in die USA eingewandert ist), und „chink / Schlitzauge“ und „Nigger“. Jedoch war es vollkommen okay, diese hässlichen Beleidigungen Michael Jackson entgegen zu schleudern. Warum? Es ist deswegen, weil er anders ist als der Rest von uns, es war okay, auf ihn zu zeigen und verletzende Dinge über ihn zu sagen. Und als der Erpressungsfall 1993 passierte und die Anschuldigungen laut wurden, sagten die Leute plötzlich „Aha! Ich wusste, dass da etwas Verrücktes an dem Typ ist“ und über Nacht kam es dazu, dass es völlig in Ordnung war, die grausamsten, gemeinsten Dinge, die man sich nur ausdenken kann, über ihn zu sagen. Und es war nicht nur okay, diese Dinge zu sagen, es wurde erwartet, diese Dinge zu sagen. Andernfalls hast du riskiert, als Jackson Fan zu gelten. Und niemand wollte als so jemand gesehen werden! Diese Leute waren genauso freakig wie Jackson selbst! Er wurde zum am meisten verunglimpften Menschen auf dem Planeten und die Leute sahen nichts Falsches darin, ihm diese verletzenden Bezeichnungen entgegen zu schreien und wir – die Fans – wurden dadurch gleich mit zu Freaks.


    Weißt du, ich kann mich an keine andere Person der Weltgeschichte erinnern, die so geliebt wurde von Millionen und trotzdem so unglaublich gehasst zur gleichen Zeit. Wie ist das möglich?

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  • Willa: Also, es gab tatsächlich viele Personen der Geschichte, die „geliebt wurden von Millionen und gleichzeitig so gehasst“, aber das waren größtenteils politische Figuren – Leute wie Napoleon oder Fidel Castro oder sogar Barack Obama im gewissen Sinn. Es ist selten bei einem Künstler, besonders bei einem Pop-Künstler, und ich frage mich, ob es deswegen so ist, weil Michael Jacksons Kunst solch ein politisches Statement war. Wenn wir an politische Künstler denken, dann neigen wir nicht gerade dazu, an Michael Jackson zu denken, weil er alles so subtil behandelt hat, aber denk‘ mal drüber nach – er versuchte, die Machtverhältnisse zu verschieben, und das ist ein unglaublich einflussreicher politischer Akt. So wurde er von den Machtlosen geliebt, denen durch ihn eine Stimme gegeben wurde, und ihm wurde misstraut, er wurde sogar gehasst von den Mächtigen. Wie Morinen so schön in ihrem Kommentar in einem Post vor einigen Wochen schrieb:


    Er war zu abweichend und zu offen und kühn wegen seiner ‚Andersartigkeit‘ und zur selben Zeit zu stark, um toleriert zu werden. Ein solcher Charakter weckt Bewunderung und Wertschätzung in einigen Menschen, aber in vielen anderen (besonders denen, die selbst auch die Macht anstreben) erweckt es Feindseligkeit und ein Gefühl von Bedrohung.


    Wenn wir ihn in diesem Sinn betrachten, gibt es einen Grund, aus dem er so grausam angegriffen und mit derartigen Namen gerufen wurde. Es war ein Versuch, die Bedrohung durch eine Minimierung seiner Anziehungskraft zu neutralisieren. Seine Botschaft war subtil, jedoch gewaltig umtriebig, also gab es da den Impuls, durch einen Angriff auf den Boten die Botschaft zu begraben.


    Joie: Eine Taktik, die wir so viele Male während unserer Geschichte erlebt haben – Martin Luther King, Jr., Cesar Chavez, Nelson Mandela, um nur drei Namen zu nennen. Aber sogar mit all dieser Geschichte der politischen Kämpfe und dem Ringen um Macht kann ich mich nicht an eine einzige Figur erinnern, die so grausam und bösartig dämonisiert, diffamiert und geschmäht wurde. Hat es jemals eine andere Person als Michael Jackson gegeben, die derartig leidenschaftliche Gefühle und Empfindungen hervorgerufen hat – sowohl bei denen, die ihn liebten, als auch bei denen, die ihn hassten? Ich meine, der Mann wurde verspottet und belacht wegen seiner Krankheit, um Himmels Willen! Wann ist es jemals okay, sich lustig zu machen über jemanden wegen seiner Krankheit? Das ist die gemeinste, erniedrigendste Sache, die eine Person einer anderen antun kann und trotzdem machte die Welt das mit Michael Jackson jeden einzelnen Tag! In seinem Artikel erzählt uns Joe, dass Michael


    "unentwegt verspottet wurde wegen seiner Krankheit, Vitiligo, von der die meisten Leute nicht glaubten, dass sie real war, bis es definitiv durch die Autopsie bestätigt wurde. Er wurde verspottet für seine Liebe zu Tieren, für seine Liebe zu Kindern, für seine Liebe zu unserem Planeten. Er wurde verspottet für seine Ehen, für seine drei Kinder, für sein Zuhause Neverland. Er wurde verspottet für seine Sexualität, seine Stimme, sein kindliches Verhalten … Kann es irgendeinen Zweifel daran geben, dass diese Behandlung durch die Medien und die Kultur insgesamt missbräuchlich war?"


    Natürlich fällt mir dazu ein, dass der Grund dafür, warum alles mit Michael so bombastisch erscheint, die Zeiten sind, in denen wir leben. Ich meine, es gab in den 1950er, 60er oder 70 er Jahren kein Internet oder Twitter oder sogar eigentlich keine Tabloids.


    Willa: Weißt du, die Technologie verschärft die Dinge wahrscheinlich. Es geht so schnell, so können die Leute Meinungen abfeuern, bevor sie die Gelegenheit hatten, Dinge wirklich zu durchdenken, und es erlaubt diesen Meinungen, sich schnellstens in der ganzen Welt zu verbreiten. Und das Internet kann ein ziemlich anonymer Ort sein, und Leute sagen Dinge anonym, die sie niemals jemandem ins Gesicht sagen würden. Aber das erklärt nicht, warum Michael Jackson im Besonderen zu einer solchen Zielscheibe wurde.


    Ich glaube, ein Grund, warum er so viele Jahre so heftig angegriffen wurde ist, dass er den Status Quo als starke Herausforderung dargestellt hat und uns zwang, einige unserer tiefsten Überzeugungen und Vorurteile zu überdenken. Was bedeutet es Schwarz oder Weiß zu sein, und was meinen wir mit ethnischer Identität? Was bedeutet es, maskulin oder feminin zu sein, und wodurch definiert sich sexuelle Identität? Wie definiert sich Familie und Familienidentität – ist es Genetik oder etwas anderes? Wodurch definiert sich nationale Identität oder kulturelle Identität oder religiöse Identität, und können wir Toleranz zeigen gegenüber anderen und trotzdem unsere eigene Identität behalten? Wodurch ist letztendlich unsere ganz persönliche Identität definiert, die eigentliche Essenz dessen, wer wir sind? Und wer entscheidet, welche Menschen oder Gruppe von Menschen Mitgefühl und Respekt verdient oder sogar grundlegende Notwendigkeiten wie Essen, ein Dach über dem Kopf, Sicherheit und medizinische Pflege?


    Michael Jackson hat uns zur Konfrontation mit diesen wirklich schwierigen Fragen gezwungen – Fragen, die wirklich ins Schwarze treffen, einschließlich der, wie wir uns selbst und unsere Beziehungen mit anderen sehen – und wie Morinen in ihrem Kommentar schrieb, einige von uns bewunderten ihn dafür und andere fühlten sich wirklich bedroht davon. Jene, die sich bedroht fühlten, schlugen manchmal auf brutale Art um sich. Aber es scheint für mich so zu sein, dass die große Intensität der Reaktionen gegen ihn für die Kraft seiner Kunst spricht. Er rief solch starke Reaktionen hervor – sowohl Bewunderung als auch Furcht - weil sein Werk kraftvoll und bedeutend ist und uns auf so tiefe psychologische Weise bewegt hat, dass ich glaube, wir stehen erst ganz am Anfang, zu verstehen.


    Joie: Ich denke, du hast vermutlich Recht und ich frage mich manchmal, wissen große Künstler, dass sie groß sind? Fühlen sie das, wenn sie etwas hervorbringen oder machen sie einfach ihre Arbeit –lassen ihr Blut, ihren Schweiß und ihre Tränen in ihre Kunst fließen – niemals wirklich wissend, wie sehr sie andere berühren oder welchen Einfluss ihre Kunst auf die Welt um sie herum hat?

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    Einmal editiert, zuletzt von Lilly ()

  • Willa: Das ist eine wirklich gute Frage. Du weißt ja, in unserem Interview mit Joe vor ein paar Wochen sagte er, dass sich Michael Jackson der Bedeutung seines Werkes bewusst gewesen sei. Joe sagte:


    „Große, prophetische Kunst wird oft vernachlässigt oder missverstanden zu ihrer Zeit. Es gibt so viele Beispiele dafür, von Blake über Van Gogh und Tchaikovsky zu Picasso. Michael war ein Student der Geschichte und der Kunst, und er hat das verstanden. Er war voller Vertrauen, dass sein von ihm geschaffenes Werk die Zeiten überdauern würde.“


    Weil er ein so fundierter Kenner der Kunstgeschichte war und sicherlich wusste, dass umgestaltende Künstler oft ziemlich schäbig behandelt wurden während ihrer eigenen Lebenszeit, hoffe ich, dass er fähig war, die Kritik, der er sich gegenübersah, mit einem eher philosophischen Blick zu sehen – und er war sicher niemand, der vor Kontroversen zurückschreckte. Also, ich bin mir sicher, dass die grauenhaften Dinge, die über ihn in der Presse gesagt wurden, ihren Stachel hatten, aber es platzierte ihn auch in die Gesellschaft einer äußerst auserlesenen Gruppe – inklusive zum Beispiel Vincent Van Gogh, wie Joe sagte, der vielleicht der heilige Patron der missverstandenen Künstler ist – und ich hoffe, er konnte sich mit dem Gedanken ein wenig trösten.


    Joie: Weißt du, nun wo du Joes Kommentar während des Interviews erwähnst, erinnert mich das an etwas, das ich Michael in einem Interview über seine Musik und wie er hofft, dass sie weiterlebt, sagen hören habe. Er sagte:


    „Große Musik und große Melodien sind unsterblich. Mode ändert sich, Kultur ändert sich, Bräuche ändern sich, (aber) große Musik ist unsterblich. Wir können heute immer noch Mozart zuhören – jedem der Großen. Große Musik ist wie eine große Skulptur oder ein großartiges Gemälde … es bleibt für immer! Um Generation für Generation für immer zu erfreuen. Und das ist … ich weiß es, das ist eine Tatsache.“


    Also, ich denke du hast Recht. Ich glaube, er war sich der Bedeutung seines Werkes auf unsere Gesellschaft und die Welt sehr bewusst. Und weil ich einfach den Klang seiner Stimme so liebe und wie leidenschaftlich er über seine Kunst spricht, lasse ich Michael dies in seinen eigenen Worten beenden, also folge dem Youtube Link: http://www.youtube.com/watch?v=M4Sg_A0A16c



    herz.gif herz.gif Danke Willa! Danke Joie! herz.gif herz.gif

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  • Dieser letzte Teil ist so klasse geschrieben. :jubel::flowers: .einfach treffend..wie auch der erwähnte Artikel von Joe Vogel..
    (der ist übrigens hier übersetzt, von Blissy http://www.mjjackson-forever.c…032&highlight=#post148032)


    und nochmal ein fettes D :herz: A :herz: N :herz: K :herz: E an dich, Lilly..fürs übersetzen.. :Tova:


    Zitat

    Dieser kleine Beitrag hat mich den ganzen Tag beschäftigt und ich habe mich selbst gefragt, was wäre, wenn alle nur diesen einen kleinen Moment der Erleuchtung hätten? Würde es die Dinge ändern, wenn für einen Moment nur jeder Reporter und Journalist auf dem Planeten Michael endlich mit den Augen und dem Herzen eines Fans sehen könnte?


    Zitat

    aber ich denke, eine Menge Leute hörten seine Musik, ohne wirklich den Worten zuzuhören. Deine Geschichte illustriert perfekt das Getrenntsein zwischen dem, wie er gesehen wurde von jenen von uns, die sich wirklich mit seiner Musik und seiner Kunst befasst haben, wie er von der allgemeinen Öffentlichkeit wahrgenommen wurde und wie er durch die Medien dargestellt wurde.


    ..ich glaube, das würde die Dinge sehr ändern..nur ist das Problem, wie man die Leute dazu bringt, Michael nur einmal für einen Moment so sehen zu können. Ich bin immer überzeugt davon, dass jeder, der ihn so sieht wie "wir"..oder der einmal entdeckt, was dort alles verborgen ist..zu finden ist,..dass derjenige auch sehr schnell seine Meinmug zu Michael ändern würde. Aber dahin muss man eben erstmal komen, zu dem Punkt, dass man wirklich etwas von ihm wissen will und am besten erstmal alles vergisst, was man denkt schon zu wissen (nämlich aus den Medien..) Ich fühle mich von solchen Aussagen auch immer bisschen ertappt..weil ich auch nie was wissen wollte, bis 2009. Ich war nichtmal negativ zu Michael eingestellt, aber sicherlich hab ich einfach nebenbei automatisch soviel über ihn aus der offiziellen Berichterstattung mitbekommen, dass es für mich einfach keinen Grund gab zu denken, dass es dort wirkliche Schätze zu entdecken gäbe. Es ist wirklich so, dass ich eigentlich nichts wusste und nur von allem was ich fand absolut positiv überrascht war. (und das auf sovielen Ebenen..) :huch::beten::herz: Aber man muss eben den Anfang finden, etwas was antreibt, sich mit Michael zu befassen. Bisschen Schade finde ich, das dieses Buch von Willa (M Poetica) und auch Joe Vogels Buch nicht 2009 erschienen sind - da hätten sie es leichter gehabt, und es wären sicher noch mehr Menschen zu ihrem kleinen Augenblick der Erleuchtung gekommen. Gerade diese beiden Bücher finde ich so essentiell..besser wie jede Biographie über Michael. (diese beiden Bücher und natürlich Dancing The Dream ..)

  • Ich fühle mich von solchen Aussagen auch immer bisschen ertappt..weil ich auch nie was wissen wollte, bis 2009. Ich war nichtmal negativ zu Michael eingestellt, aber sicherlich hab ich einfach nebenbei automatisch soviel über ihn aus der offiziellen Berichterstattung mitbekommen, dass es für mich einfach keinen Grund gab zu denken, dass es dort wirkliche Schätze zu entdecken gäbe. Es ist wirklich so, dass ich eigentlich nichts wusste und nur von allem was ich fand absolut positiv überrascht war. (und das auf sovielen Ebenen..)


    Mir geht's genauso - auch und gerade, wenn ich diesen Blog lese rotwerd.gif, aber je mehr ich von Willa lese, desto mehr überzeugt sie mich, dass Michael diese große und umfassende Weitsicht hatte, dass er alles, was ihm passierte, in einem großen "weltumspannenden", langfristigen Kontext gesehen hat und "einen großen Plan" hatte (sorry, irgendwie kann ich diese Gedanken nicht anders ausdrücken). Er hatte einfach tief in sich verankert ein großes Gottvertrauen, dass die Menschen ihn irgendwann erkennen und die Dinge sich dann ordnen würden. Ich glaube das einfach. Aus diesem Vertrauen heraus hat er ja auch gar nicht so gegen alle Widerstände gekämpft, er hat sich mehr FÜR die Dinge eingesetzt, nicht so sehr DAGEGEN.


    Dieses Gottvertrauen wird mir immer mehr bewusst, und ich versuche es, mir selbst zu eigen zu machen. Ich glaube, WIR sind die Vorhut einer großen Welle. Eine Welle baut sich auch langsam auf und nimmt auf ihrem Weg zum Ufer immer mehr Wasser mit sich und wird dadurch größer. Wenn man das weiterspinnen will, könnte man sagen, Michaels Tod hat einen Tsunami, ein gewaltiges Beben, ausgelöst, der schon mal ganz viel in Gang gesetzt hat, viel mehr als jemals vorher. Wir dürfen diese Veränderungen nicht in kleinen Zeitabschnitten wie ein oder zwei Jahre sehen, sondern in einem großen Zusammenhang. Das hat biba übrigens, meiner Meinung nach, sehr passend in ihrem Beitrag #1568 im Prozess Diskussionsthread beschrieben a040(1).gif!



    Gerade diese beiden Bücher finde ich so essentiell..besser wie jede Biographie über Michael. (diese beiden Bücher und natürlich Dancing The Dream ..)

    Jaaaaa, und ich vertraue auch darauf, dass die Menschen zu ihnen finden werden. Den "Schund" muss man gar nicht bekämpfen - wenn ihn niemand beachtet, wird er ausgetrocknet! Daran glaube ich ganz fest - herz.gifMICHAEL LEBE HOCH!herz.gif


    danke1.gif Maja, für deine schönen Worte!

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  • Oh herrlich! :jubel:
    Schön, dass du es immer wieder so schnell schaffst, die Blog-Posts zu übersetzen, liebe Lilly. :herz: DANKE, DANKE, DANKE, du bist einfach phantastisch! :clapping:

    "einen großen Plan"


    Genau das glaube ich auch. Spätestens seit dem Bad-Album stilisiert Michael sich zum Träger einer Botschaft, die seither immer im Zentrum seines Schaffens steht: change the world. "This is my plan" singt er ja auch ganz explizit in Another part of me - Liveperformances. Bemerkenswert auch, was er in dieser Zeit über sich selbst gesagt haben soll: "Endlich bin ich der, der ich immer sein wollte!" (zit. n. Ebmeier)


    Dieses Gottvertrauen wird mir immer mehr bewusst, und ich versuche es, mir selbst zu eigen zu machen. Ich glaube, WIR sind die Vorhut einer großen Welle.


    Genau das ist es, was er bewirken möchte, wie ich meine. "We can change the world," singt er in Cry und weiter: "I can´t do it by myself. Gonna take somebody´s help." Dringlicher noch in Another Day: "You´re the one that makes me strong. I can´t make it another day." Die Welle werden wir vielleicht nicht mehr erleben (wobei in der Medien- und Informationsgesellschaft alles viel schneller geht, also vielleicht doch?), aber dafür durften wir zur selben Zeit auf dieser Welt leben wie er... :wolke1:

    :herz: Michael Jackson - forever the King of Pop. A genre of music. Mainly, a beautiful human being. :herz:
    es ist, was es ist... sagt die liebe


  • Ich habe zum Blog von letzter Woche einen schönen Kommentar im Originalblog gefunden. Die Journalistin und den Ausschnitt dessen, was dort beschrieben wird (die von Joie letzte Woche) würde ich sehr gerne sehen ...



    Ultravioletrae:



    Joie, ich weiß genau, welche Reporterin du mit der „Erleuchteten“ meintest, das hat auch auf mich einen großen Eindruck gemacht! Ich habe jedem, den ich kenne, über den Moment berichtet, als der Gesichtsausdruck der Reporterin plötzlich milde wurde, das Licht in ihren Augen anging und dieser unausstehliche Ton in ihrer Stimme und die gekünstelte Fassade wegschmolzen. Sie verwandelte sich vor meinen Augen, und plötzlich mochte ich diese Frau, obwohl ich vorher nichts als schonungslose Kritik für sie übrig hatte! Sie konnte nichts anderes in Michael Jackson sehen außer einen süchtigen Popstar (sie gesteht damit offen ein, dass sie den Süchtigen auch in sich selbst sieht). Ihr Ton war verurteilend und implizierte, dass er selbst zu seinem eigenen Tod beigetragen hat! Aber verdammt noch mal, Michael passte nicht in ihre süße kleine Süchtiger-Popstar-Schublade, er verwischte die Grenzen schon wieder! Ihre übermäßig vereinfachten Definitionen und Mutmaßungen trafen nicht die ganze Geschichte, es war komplexer. Und während des zentralen Interviews bekam sie plötzlich einen kurzen Einblick darin, dass es vielleicht die Wahrheit ist, dass Michael Jackson doch weit mehr ist, als sie sich vorgestellt hat! Vielleicht geht es nicht nur um einen 80er Jahre Popstar und seine Medikamente! Und vielleicht, nur vielleicht, ist es angebracht, dass man einen anderen Ton anschlägt, wenn man über ein Opfer durch Totschlag/Mord berichtet, dessen großes künstlerisches Genie einen wirklichen Unterschied in der Welt bewirkt hat. Etwas später am selben Abend sprach sie mit einem Spezialisten für Abhängigkeit und erfasste die Tatsache, dass Menschen, bei denen eine Abhängigkeit diagnostiziert wurde, gelegentlich Medikamente benötigen und dass es in der Verantwortung des Arztes liegt, die Medikation seines Patienten korrekt zu handhaben. Dies war weit von der Junkie-Schublade entfernt, in die sie Michael zuerst stecken wollte.


    Ich glaube, Michael hatte ein tiefes Verständnis von unserem individuellen und unserem kollektivem Bewusstsein und von der Art, wie wir uns selbst auf andere projizieren, wie wir im Anderen uns selbst wiederfinden. Ich denke, erfolgreiche Medienpersonen verstehen das auch. Es ist nicht wirklich ihre Aufgabe, unsere Einstellung zu formen, sondern sie finden heraus, wie unsere Einstellung ist und reflektieren uns als Gruppe. Du kannst dich umschauen und dort eine sadistische Ader in unserem kollektiven Denken entdecken. Wir haben alle schon mal das Klischee „Kinder sind grausam“ benutzt. Wir sehen das sogar in kleinen Kindern. Michael hat das ans Tageslicht geholt und aufgeklärt. „Ich bin genau das, was du sehen willst, du bist es , der mich quält“. Genau wie mit Vitiligo, nahm er die Hand, die das Leben ihm hinhielt und fand heraus, wie er sie benutzen sollte. Er sah den gemeinen Charakterzug und verwandelte sich selbst in einen Spiegel, so dass wir unser hässliches Spiegelbild sehen konnten. Es ist jetzt für mich noch bedeutsamer als je zuvor, um sicherzustellen, dass wir unsere Lektion, die er uns gab, lernen. Jeder, der glaubt, dass dieser Mann einfach nur ein Popstar mit einem Glitzerhandschuh war, hat nie Michael Jackson gesehen.




    herz.gif Tova.gifherz.gif

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    Einmal editiert, zuletzt von Lilly ()

  • Scheinwerfer auf You rock my world
    17/11/2011


    Willa: Joie, im Oktober haben wir den ganzen Monat damit verbracht, einen genauen Blick auf das Invincible Album zu werfen, einschließlich der Kämpfe, die Michael Jackson mit Sony während der Produktion und Promotion hatte. Um ehrlich zu sein, ich wusste niemals etwas über diese Kämpfe oder habe ihnen keine Aufmerksamkeit geschenkt, aber seit ich vor einem Monat durch Invincible gezwungen wurde, darüber nachzudenken, was er da durchmachen musste, brachte es mich dazu, das Video zu You rock my world auf eine ganze neue Weise zu sehen.


    Ich bin ehrlich, dieses Video hat mir immer ein unbehagliches Gefühl bereitet. Es ist sehr bedrohlich, eins der zornigsten. Aber Black or White ist auch zornig, und ich liebe Black or White. Es ist eines meiner Favoriten. Aber Black or White drückt berechtigten Ärger aus. Ich sehe es und fühle mich danach aufgeladen und inspiriert und bereit, es mit der Welt aufzunehmen. You rock my world ist völlig anders. Ich sehe es und fühle mich frustriert und kraftlos und wütend und weiß nicht mal, auf wen.


    Joie: Ich verstehe total, dass dieses Video dir Unbehagen bereitet. Ich hatte immer eine ähnliche Reaktion darauf. Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, dass ich mich damit unwohl fühle, aber ich bin danach immer ziemlich an der Grenze. Das ganze Video fühlt sich immer ein wenig grob an für mich. So wie du tatsächlich die Spannung unter der Oberfläche spüren kannst, wenn du es ansiehst. Und ich glaube, die Gründe dafür sind ziemlich klar. Ich bin sicher, Michael fühlte sich an dem Punkt sehr „frustriert und machtlos und wütend“. Du weißt ja, You rock my world war nicht das Video, das er ursprünglich machen wollte. Wie du letzten Monat erwähnt hast, wollte er eigentlich ein Video zu Unbreakable machen. Das ist ebenfalls der Song, den er als Titelsong für das Album wollte, nicht zu erwähnen als Titel für das Album selbst. Er hatte bereits das Konzept und alles andere ausgearbeitet, als Sony die Entscheidung traf, You rock my world anstatt Unbreakable als Video zu veröffentlichen, und vermutlich war er extrem wütend und frustriert. Man würde denken, dass ein Künstler vom Kaliber Michael Jacksons die komplette Autonomie und Kontrolle über ein Projekt haben sollte. Und wahrscheinlich war genau dieses Thema der Streitpunkt zwischen ihm und Sony zu der Zeit.


    Aber ich erinnere mich daran, wie ich damals 2001, als all dies passierte, einen Telefonanruf von der damaligen Vorsitzenden des MJFC bekam, und sie erzählte mir, dass das Video, das Michael machen wollte, verworfen wurde wegen Reibereien mit Sony und dass Michael nun mit ihnen darum rangelte, ein Video für You rock my world zu machen, und es musste in einer sehr kurzen Zeit fertig gestellt werden. Er war mehr als unglücklich über die Situation. Ich erinnere mich noch daran, wie ich dachte „Wow, ich wette, er ist stinksauer!“


    Willa: Und du kannst wirklich eine Menge dieser intensiven Emotionen in diesem Video spüren. Er spielt die Hauptrolle in dieser Handlung, in der er versucht, eine junge Frau für sich zu gewinnen, und wie wir bereits einige Male in vorherigen Posts besprochen haben, scheinen diese Angebeteten oft sein Publikum zu repräsentieren. Bedeutsam ist, eine andere Person, gespielt von Chris Tucker – ein populärer Entertainer auf seinem Gebiet – fühlt sich ebenso angezogen von ihr. Also hat diese Frau – die vielleicht das Publikum repräsentiert – mehr als einen Künstler, der um ihre Aufmerksamkeit wirbt, genau wie Künstler meistens im Wettbewerb um Publikum und Marktanteile stehen.


    Michael Jackson in seiner Rolle ist sich seiner selbst ziemlich sicher und vertraut darauf, dass er sie für sich gewinnen kann, aber sie gehen zu einem Club, in dem die Manager sie auch wollen und zu denken scheinen, sie hätten ein Recht auf sie, und sie versuchen, ihn von ihr wegzuziehen. Und tatsächlich beginnt er auf Konfrontation mit diesen Managern und letztlich dem Clubbesitzer zu gehen, genau wie Michael Jackson selbst wachsende erhitzte Konfrontationen mit den Managern und schließlich mit der obersten Leitung von Sony darüber hatte, wie er ein Publikum erreichen sollte.


    Joie: Wow Willa. Ich habe nie wirklich über diese Verbindung der Club Manager und des Big Boss, perfekt verkörpert von Marlon Brando, nachgedacht, dass sie vielleicht die Entscheider bei Sony repräsentieren, und nun, wo du darauf hingewiesen hast, ergibt es einfach Sinn! Wirklich scharfsinnige Beobachtung.


    Willa: Gut, ich habe auch niemals vorher darüber nachgedacht, bis wir an den Invincible Posts gearbeitet haben und du mich in das eingeweiht hast, was damals genau geschah und wie schlimm es war. Und als ich darüber nachdachte, realisierte ich, dass die Gefühle dieser Situation genau analog zu meinen eigenen verwirrten Gefühlen, die immer beim Sehen dieses unbequemen Videos auftauchten, passten.


    Also hat Michael Jackson sich in dieser Rolle in der Konfrontation mit den Managern auseinanderzusetzen und er reagiert darauf mit einem Auftritt – durch Singen und Tanzen – was er immer tut in seinen Videos, wenn er gezwungen ist mit konfliktbeladenen Situationen zurecht zu kommen. Und wir es schon in seinen Videos zu Beat it und Bad gesehen haben, konnten die Differenzen immer durch die Kraft der Kunst überbrückt und auf diese Art irgendwie eine harmonische Lösung erreicht werden.


    Aber das passiert dieses Mal nicht. Der Ausgang ist hier komplett anders als in jedem anderen Michael Jackson Video, denn die Leute, mit denen er kämpft, respektieren seine Kunst nicht. Die Manager beobachten, wie er tanzt und dann verhöhnen sie ihn und sagen „Das ist alles? Das ist alles, was du hast? Das ist nichts. Du bist nichts. Komm, großer Mann, zeig mir alles, was du kannst.“


    Dann später in dieser bedeutenden Szene mit dem Clubbesitzer trivialisiert dieser seine Kunst genauso, indem er sagt „Das war ganz nett gerade.“ Das ist exakt die gönnerhafte Art, wie ein Geschäftsmann, ein Geldtyp, über einen Künstler denken würde, und das ist so herablassend und respektlos. Kannst du dir Michael Jackson vorstellen, einen brillanten Künstler, der sich selbst jedes Mal, wenn er auf die Bühne geht, in die Schusslinie begibt, wie er von der Bühne kommt, sich sein Herz aus dem Leib getanzt hat und dann hört „Das war ganz nett gerade.“ Das ist eine so verharmlosende Sache, wenn man sie zu einem Tänzer sagt, und es brennt in mir jedes Mal, wenn ich das höre.


    Allerdings reagiert Michael Jackson in seiner Rolle auf eine interessante Art. Er schenkt dem Besitzer einen herausfordernden Blick und sagt „Ich weiß, wer du bist.“ – was mich sofort dazu bringt zu fragen: Wer? Wer ist dieser Typ? Die einfache Antwort ist, dass er Tommy Mottola repräsentiert, den Kopf von Sony zu jener Zeit, aber das ist ein wenig zu einfach, denke ich. Stattdessen glaube ich, es ist angebrachter, ihn symbolisch für all jene Geschäftsleute und Buchhalter und mittlere Manager zu setzen, die Geld mit Künstlern machen, sie aber nicht wirklich respektieren oder verstehen, was sie machen oder realisieren, wie wichtig es ist.

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  • Joie: Das ist interessant, was du sagst, Willa, denn ich erinnere mich daran einen Bericht über eine Zusammenkunft einer Gruppe von Sony zu einer Hörprobe für Invincible gelesen zu haben und das schien so intensiv. Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wo ich es gelesen habe, im Grunde genommen war es Michael und sein Manager oder sein Publizist oder so jemand, in einem Raum mit einem Haufen Geschäftsleute von Sony und sie saßen da und hörten das ganze Album an von Anfang bis Ende. Und als das Album beendet war, sagte niemand ein Wort. Die Verantwortlichen von Sony standen einfach auf und gingen aus dem Raum, ohne ein Wort zu Michael zu sagen – keine Gratulationen, kein Wort des Lobes, nichts. (Eigene Anmerkung: Es handelt sich wohl um den Bericht von Bruce Swedien aus In the Studio with Michael Jackson. The HIStory Playback Session.) Und es erinnert mich an den Teil, den du im Video meintest. „Das ist alles, was du hast? Das ist nichts. Du bist nichts“ Ich bin sicher, das muss das gewesen sein, was Michael gefühlt hat am Ende von dieser Hörprobe, als alle aufstanden und gingen, ohne ein Wort zu sagen.


    Willa: Ist das dein Ernst? Wie furchtbar! Und es ist so interessant, dass du diese Passage wieder zitieren kannst, denn „Du bist nichts“ (You ain’t nothin’) ist ebenso eine Zeile aus dem Bad Video, das auf vielerlei Weise eine vergleichbare Situation beschreibt. Dort ist er ein junger Mann aus der Stadt, der ein Stipendium für eine Höhere Schule bekommen hat und dann nach Hause kommt und den Respekt seiner Kumpel wieder erlangen muss, von denen er dachte, es wären seine Freunde. Sie sind es aber nicht. Nun ist er in eine ähnliche Konfrontation mit Sony verwickelt und muss den Respekt von Leuten wieder erlangen, die ihn unterstützen sollten, und es aber nicht wirklich tun.


    Das Video zu You rock my world gibt Hinweise auf seine früheren Werke: P.Y.T., The girl is mine, Beat it, Bad, Dangerous. Und all diese Songs waren Hits, die Geld besonders für Sony gebracht haben. Er erwähnt keinen seiner Motown Hits. Sie sind auf eine lustige Art einbezogen, so bringen sie etwas Humor in das Video, aber ich glaube, es ist genauso eine verborgene Botschaft damit verbunden. Er erinnert Sony daran, dass er seinen Teil erledigt hat – er hat ein Publikum aufgebaut und bewiesen, dass er Große geldbringende Hits erschaffen kann. Nun ist es an der Zeit, dass sie ihren Teil beitragen und ihn unterstützen, während er einige experimentelle und künstlerisch herausfordernde Dinge kreiert, wie das Invincible Album.


    Joie: Nochmal, das ist so eine scharfsinnige Beobachtung und ich muss sagen, dass ich dir komplett zustimme. Und tatsächlich, diese Eröffnungssequenz in dem Video, wo seine früheren Werke zitiert werden – zuerst in dem chinesischen Restaurant und dann in dem Club – das ist der lustigste, entspannteste, unterhaltsamste Teil des ganzen Videos. Er ist mit seinem Freund zusammen, Chris Tucker, und die zwei haben richtig Spaß, als sie mit Worten spielen und aufeinander reagieren, und es ist, als ob er jedermann an die Hits erinnern will, uns daran erinnern will – Sony und genauso das Publikum – warum wir uns damals sofort in ihn verliebt haben.


    Und wirklich, wenn du darüber nachdenkst, es bleibt so, bis er Chris’ Seite verlässt, um das Mädchen zu umwerben, dass die Dinge anfangen ungemütlich zu werden. Das ist, wenn wir beginnen zu spüren, dass die Spannung hochkommt. Das ist, wenn wir das Gefühl bekommen, dass da mehr unter der Oberfläche ist, als uns bewusst ist. Wir können seine Wut und seine Frustration spüren, aber wir wissen nicht wirklich warum.


    Willa: Das ist ein wirklich guter Punkt, Joie. Während es so etwas wie einen Wettbewerb zwischen diesen zwei Personen gibt, werden sie doch als gute Freunde dargestellt, und es fühlt sich an wie Spaß, wie ein neckischer Schlagabtausch – ganz anders als die spannungsgeladenen Konflikte mit den Managern im Club. Weißt du, wenn man zurückgeht und sich dieses Video durch die Linse mit all diesen Konfrontationen, die damals mit Sony passiert sind, ansieht, das hat mir geholfen herauszufinden, warum es mich immer so unbehaglich fühlen lassen hat – es hilft mir zumindest einen möglichen Grund dafür zu haben, warum es immer so zornig ist und wo dieser Zorn herkommt – und zu verstehen, dass es mir einen Weg gezeigt hat, in dieses Video einzusteigen und es viel mehr schätzen zu können. Es ist mir jetzt nicht mehr so unangenehm, weil ich mir besser vorstellen kann, was diese intensiven Emotionen auslöst. Und sie sind intensiv. Um ehrlich zu sein, ich bekomme das Gefühl, dass zu der Zeit, als das Video herauskam, Michael Jackson mit Sony fertig war. Und das zeigt er ziemlich dramatisch am Ende zu You rock my world, dass er fertig mit Verhandlungen ist. Er ist bereit, das Haus niederzubrennen.


    Joie: Er war so am Ende; er war fertig. Du musst ziemlich wütend sein, wenn du etwas niederbrennen willst, sogar symbolisch. Ich denke nicht, dass man viel Ahnung von Kunstinterpretation haben muss, um diese Szene zu verstehen. Der Ort geht in Flammen auf und vermutlich geht der Big Boss mit unter, denn wir sehen ihn, wie er sich umdreht und die Stufen hochgeht anstatt aus dem Gebäude heraus wie alle anderen. Und er ist nicht nur wütend genug, den Ort abzufackeln, sondern er ist auch wütend genug, um zu kämpfen. Erinnere dich daran, dies ist das eine und einzige Video, in dem wir Michael sehen, wie er einen Faustschlag austeilt! Als der Club in Flammen aufgeht und er nach Chris ruft, der in das Auto steigen soll, ist er in eine Prügelei im Barraum verwickelt.


    Willa: Wow Joie, ich glaube, du hast gerade etwas sehr Bedeutendes herausgefunden. Wir haben ihn nie zuvor so um sich schlagen sehen. Michael Jackson boxt jemandem ins Gesicht? Das ist schockierend! Aber trotzdem, er macht deutlich, dass er den Kampf nicht gesucht hat. Bevor die Prügelei begann, zeigten er und seine Tänzer diese subtile Bewegung, bei der sie die untere Ecke ihrer Jacke hochziehen, genau wie die Gangmitglieder es in Bad tun, um zu zeigen, dass sie eine Waffe haben. Aber hier zeigen sie, dass sie keine Waffen haben. Also ist er unbewaffnet und sucht keinen Streit – aber er ist bereit zu kämpfen, wenn er bedroht wird und es zu weit geht.


    Und es ist bezeichnend, dass er in seinem eigenen Leben eine Situation bewältigen musste, in der das Gefühl hatte, kämpfen zu müssen, und er tat das auf eine sehr öffentliche Weise – etwas was viele Leute von ihm nicht gewohnt waren. Dies ist ein Mann, der immer eher dazu tendiert hatte, auch noch „die andere Wange hinzuhalten“ als in einen Kampf zu ziehen, aber er hat seine Meinung klar gemacht und Stellung bezogen.


    Und natürlich sehen wir am Ende unseren Helden verbunden mit seiner Angebeteten – dem Publikum – wie sie sich alle ins Auto zwängen und sicher davonfahren.

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  • Willa: Genau, und ich glaube, du hast es schon vorher gesagt, dass man ein sehr freundliches Gefühl zwischen diesen Charakteren spürt. Die intensiven Konflikte in diesem Video kommen fast ausschließlich von der Konfrontation mit den Managern, nicht vom Wettbewerb zwischen den Freunden. Das wird auch durch diesen Schlussteil deutlich gemacht. Sie sind immer noch Freunde und in gewisser Weise haben sie beide das Mädchen – sie ist mit beiden im Auto – genau wie Künstler ein Publikum teilen und sich sogar dabei helfen können, das Publikum zu gewinnen. Wenn man das symbolisch betrachtet scheint das Video auszudrücken, dass Künstler zusammenhalten sollten, denn andere Künstler sind nicht das Problem. Das Problem kommt von all den Leuten, die die Künstler zu kontrollieren versuchen und die, wie sie selbst ganz einfach sagen, den Profit maximieren wollen, ohne wirkliches Verständnis dafür, was sie versuchen auszudrücken oder ihre Arbeit wertzuschätzen.


    Und ich muss auch mal sagen, dass Marlon Brando hier die Rolle des Clubbesitzers so gut spielt, besonders im Zusammenspiel mit der Hauptbesetzung (Michael). Er setzt Michael Jackson in seiner Rolle komplett herab, aber schenkt ihm ein wundervolles Lächeln, er ist charmant, du möchtest ihn gernhaben – und trotzdem weißt du, er hat seine Handlanger, die dir ohne zu zögern ein Messer in dein Herz stechen. Sein Lächeln ist offen, gewinnend, herzlich, und trotzdem ist er seelenlos. Brando war so ein erstaunlicher Schauspieler, und was er in dieser kleinen Szene macht, ist so unwiderstehlich. Für mich fängt er komplett das Wesen dieses Charakters ein.


    Joie: Das stimmt, Brando ist großartig, wie immer! Aber ich möchte noch einmal für einen Moment zurückgehen zur Mitte des Videos und über zwei kleine Parts sprechen, die sich für mich abheben, und ich weiß schon von einem, dass es auch ein großer herausragender Moment für dich ist, Willa. Der erste ist der Teil, der uns beide fasziniert: Dieses viel zu kurze Zwischenspiel, bevor das Kämpfen beginnt, wo wir plötzlich die Klänge im Club bemerken. Die „Straßenmusik“ wie du es genannt hast. Wir hören den Rhythmus des Besens, der über den Boden fegt und die Gläser klirren, wie der Schuhputzer poliert, das Klicken der High Heels und die Gäste, die auf die Tische klopfen. Für mich ist dieser Rhythmusabschnitt wie eine Pause innerhalb der Spannung. Es fühlt sich fast deplatziert an innerhalb der vorherrschenden negativen Stimmung, die den Rest des Videos bestimmt.


    Der zweite Part kommt genau vor dem Rhythmusabschnitt, als wir eine Bühne und einen Scheinwerfer sehen. Vermutlich sind wir in demselben Club, aber das Umfeld ist anders. Niemand anderes ist da. Da sind nur Michael und die Frau, die er umwirbt. Nur dass sie ganz anders gekleidet ist, in einem sexy Anzug und mit einem Fedora, wie er. Und anstatt den Scheinwerfer zu beherrschen, wie es ihm zustehen würde, macht Michael etwas Unerwartetes. Er zieht es vor, in diesem kleinen Solo-Spotlight-Moment nicht zu tanzen und überlässt stattdessen seiner Angebeteten die Mitte der Bühne, um ihre beste MJ-Nachahmung darzubieten, während er einfach nur hinter ihr über den Boden gleitet. Diese Szene hat mich immer irgendwie verwirrt, nochmal, sie scheint einfach ein bisschen deplatziert inmitten all der Spannung im restlichen Video. Jedoch weiß ich, dass sie eine Bedeutung hat, denn sie ist so anders und so „fehl am Platz“.


    Willa: Weißt du, Kunstinterpretation ist eine verzwickte Sache. Es macht ungeheuren Spaß, und ich liebe es, besonders bei einem Künstler wie Michael Jackson, dessen Werk so reichhaltig ist, mit so vielem zu entdecken und zu untersuchen. Aber es kann manchmal auch eine Herausforderung sein, all die möglichen Bedeutungen eines Werkes zu untersuchen und dabei trotzdem der Vision des Künstlers gerecht zu werden. In diesem Fall glaube ich nicht, dass Michael Jackson sich hingesetzt und gesagt hat: Ich werde ein Video machen, das eine symbolische Kritik an Sony und seinen Gefolgsleuten ist, und A soll B repräsentieren und Y wird Z repräsentieren. Ich bezweifele das ernsthaft. Sehr wenige Künstler arbeiten auf die Art und von allem, was ich über seinen kreativen Prozess gelesen habe, tendierten seine Werke dazu, sich eher organischer zu entwickeln.


    Aber ich denke, dass, zu der Zeit, als er an dem Video arbeitete, er in einige sehr intensive Konflikte mit Sony verwickelt und darüber sehr frustriert und wütend war, und einige dieser Emotionen und Konflikte drückten sich selbst in diesem Werk aus. Und ich denke, wenn man sich das Video durch diese Linse anschaut mit dem Wissen darüber, was er zu der Zeit gerade erlebt hat, erlaubt uns das einige Dinge zu entdecken, die vorher nicht offensichtlich waren.


    Zum Beispiel diese ganze „Straßenmusik“-Sequenz ist einfach wundervoll, und ich liebe es einfach, dies zu erfahren und zu genießen als das, was es ist – ein herrlicher Teppich von zufälligen Klängen geschickt ineinander verwoben, um zusammen Musik zu ergeben. Aber wenn ich mir diese Sequenz ansehe auf die Art von allem, was mit Sony vor sich ging, scheint es bedeutsam für mich, dass die Michael Jackson in dieser Rolle total auf der gleichen Wellenlänge mit dieser Straßenmusik ist, dieser Musik der Leute und er verbindet sich so schön mit ihr und zieht ihren Rhythmus hinein in seine Musik – und die Club Manager bleiben außen vor. Sie sind nicht empfänglich für diesen Rhythmus der Leute. Durch Musik teilt Michael Jackson hier in seiner Rolle eine tiefgehende symbiotische Verbindung mit den Menschen, genau wie er es als Michael Jackson selbst auch tat, aber es ist eine Verbindung, an der die Club Manager und die Sonyleute nicht teilhaben und die sie nicht verstehen. Darum ist es auch so ärgerlich, dass sie diejenigen sind, die die Marketingentscheidungen fällen – Entscheidungen, die nicht nur seine Kunst berühren (wie das Canceln des Unbreakable Videos), sondern ihm tatsächlich Barrieren zwischen sich und seinem Publikum aufzwingen.


    Joie: Das ist ein großartiger Gedanke, Willa, und ich glaube, du hast damit gerade den Ball aus dem Park geschossen! Das ist es, warum diese Sequenz aus mich immer so fehl am Platz wirkte. Weil es für diesen kurzen Moment so ist, als hätte Michael den Pausenknopf für die ganze Anspannung und die Wut, die er gegenüber den Clubmanagern (und die Sony-Verantwortlichen) hat, gedrückt und sich einfach mit dem Publikum verbunden für eine Minute – um sicher zu sein, dass wir noch bei ihm sind. Das ist der Grund, warum der Straßenmusikteil so kraftvoll ist und einen so wichtigen Teil des Videos ausmacht!


    Und ich stimme dir zu in Bezug auf den kreativen Prozess. Ich denke nicht, dass er jemals ein Video erarbeitet hat, in dem A dies repräsentiert und B jenes. Wie wir schon vorher besprochen haben ‚Manchmal ist eine Zigarre einfach eine Zigarre‘ wie Freud sagen würde. Und vielleicht ist diese Scheinwerfer-Szene, die mich so fasziniert, eine von diesen Fällen. Vielleicht war es einfach eine coole Szene, die er mit aufnehmen wollte. Oder vielleicht hatte er Augen für Kishaya Dudley – die Tänzerin in der Rolle – und ihre eindrucksvollen Fähigkeiten und wollte ihr den Scheinwerfer überlassen, um zu glänzen. Oder vielleicht war es mehr als das.


    Seit wir in der Vergangenheit diskutiert haben, dass die Angebetete in vielen seiner Songs und Videos letztlich sein Publikum repräsentiert, vielleicht können wir diese kleine Szene auf dieselbe Art sehen. Du weißt ja, die Fans waren – und sind es noch – heftig loyal gegenüber Michael und während des Konfliktes mit Sony waren die Fans sehr lautstark, und sie nahmen seine Anklage mit Begeisterung auf, führten Kundgebungen durch und sangen ‚Sony sucks‘zur Freude der Presse. Michael nannte seine Fans oft seine ‚Army of Love‘. Also wenn die Angebetete sein Publikum repräsentiert, dann ist die Botschaft hier vielleicht, dass es Zeit für uns ist – das Publikum – auf die Bühne zu gehen, zu sprechen, während er uns aus dem Hintergrund ermutigt. Oder vielleicht – und ich denke, das ist vielleicht mehr der Punkt – erkennt er an, wie die Fans immer für ihn aufgestanden sind, um zu kämpfen genau wie Ms. Dudley in das Scheinwerferlicht an seine Stelle getreten ist.


    Willa: Das macht eine ganze Menge Sinn für mich, Joie, und es erinnert mich auch wieder an die Straßenmusik-Sequenz. Es ist, als würde er die tiefe Verbindung, die er und sein Publikum durch Musik und Tanz miteinander teilen und die Stärke und Lebendigkeit, die jeder vom anderen erhält, noch einmal betonen. Wir lieben und unterstützen ihn; er liebt und inspiriert uns. Er tanzt; wir tanzen. Es ist eine tiefe gegenseitige Beziehung, die uns alle nährt.



    herz.gifherz.gifherz.gif Great Job, Willa und Joie - thanx again! herz.gifherz.gifherz.gif

    The truth must dazzle gradually
    Or every man be blind
    Emily Dickinson

  • Das Problem kommt von all den Leuten, die die Künstler zu kontrollieren versuchen und die, wie sie selbst ganz einfach sagen, den Profit maximieren wollen, ohne wirkliches Verständnis dafür, was sie versuchen auszudrücken oder ihre Arbeit wertzuschätzen.


    Jene, die nur an Profitmaximierung denken, sind wohl ganz allgemein ein Problem... :aha:

    :herz: Michael Jackson - forever the King of Pop. A genre of music. Mainly, a beautiful human being. :herz:
    es ist, was es ist... sagt die liebe