Dancing With The Elephant

  • Willa: Oh, ich liebe diese Strophen! Ich denke, diese ersten zwei Verse, ganz besonders, sind unter seinen besten, und ich bin damit einverstanden, dass diese Verse als Gespräch über brüderliche Liebe interpretiert werden können und füreinander da zu sein, wie du sagst. Aber es gibt genauso auch andere Interpretationen und es führt zurück zu einer Frage, bei der ich mich jedes Mal selbst wiederfinde, wenn ich Will You Be There höre: Zu wem spricht er in diesem Song?


    Er könnte zum Beispiel zu einer höheren Macht beten und eine spirituelle Frage stellen, indem er singt „Will you be there?“ Besonders diese ersten zwei Verse und das Wort „Dir“ (Thee) deuten dies für mich irgendwie an. Aber dann macht er weiter und singt: „Du bist mein Freund“ und das hört sich nicht nach einem Gebet an. Das fühlt sich anders an, als würde er zu der Menschheit sprechen und uns dazu ermuntern, uns um einander zu sorgen, wie du erwähnt hast. Und dann kommt die folgende Strophe:


    Wenn ich erschöpft bin
    Sag mir, wirst du mich halten?
    Wenn ich unrecht habe, wirst du mit mir schimpfen?
    Wenn ich verloren gehe, wirst du mich finden?


    Und das hört sich wiederum wie ein Gebet an. Sogar der Gleichschritt dieser Zeilen klingt biblisch für mich.


    Joie: Das stimmt, Willa; sie klingen biblisch. Und um noch mal zurückzugehen zu dem, was du gerade darüber sagtest, das es wie ein Gebet klingen würde außer der Zeile „Du bist mein Freund“ … weißt du, manche christliche Religionen beziehen sich auf die Philosophie, dass Gott – oder Jesus, um deutlicher zu werden – dein Freund ist und dass wir uns IHM im Gebet auf diese Weise nähern sollten. Als wenn wir zu einem engen Freund sprechen würden. Also ist diese Interpretation dieses Songs vollkommen berechtigt und wird durch die Lyrics unterstützt.


    Willa: Oh, das ist interessant, Joie. Also ist es vielleicht gar kein Widerspruch. Und dann setzen sich die Lyrics fort und werden sehr persönlich, finde ich:


    Jeder übernimmt die Kontrolle über mich
    Es scheint, als habe die Welt
    Eine Rolle für mich
    Ich bin so verwirrt
    Wirst du mir zeigen
    Dass du für mich da sein wirst
    Und dich genug um mich kümmern, damit ich es aushalte?


    Und diese Strophe klingt, als würde er ganz besonders über sich selbst sprechen – nicht über die Menschheit als Ganzes. Aber nochmal, zu wem spricht er? Spricht er zu seinen Fans und fragt uns, ob wir in schweren Zeiten für ihn da sein werden? (Wirst du mir zeigen / Dass du für mich da sein wirst / Und dich genug um mich kümmern, damit ich es aushalte?) Oder ist dies ein Gebet für spirituelle Führung? (Es scheint, als habe die Welt / Eine Rolle für mich / Ich bin so verwirrt).


    Joie: Nochmal, ich denke, hiermit liegst du richtig, Willa. Es klingt extrem persönlich. Und seltsam Unheil verkündend, wenn man die rechtlichen Probleme bedenkt, in denen er sich 1993 bald nach Veröffentlichung des Songs als Single wiederfand. Er könnte sehr gut zu den Fans gesprochen haben, uns gefragt haben, ob wir ihm beistehen oder ihn sogar führen, wenn die Dinge zu hart für ihn würden, als dass er sie ertragen könnte. Es fühlt sich ganz sicher so an, wenn du dem Song zuhörst.


    Aber mit demselben Hintergrund könnte er auch ganz einfach zu Gott gesprochen und um göttliche Führung und Vermittlung gebeten haben. Und, du weißt ja, das Video für diesen Song und die Aufnahmen davon, wie er es während des Konzerts darstellt, scheinen diese Annahme zu unterstützen, denn beides endet mit einem Engel, der über der Bühne hängt und durch die Luft zu fliegen scheint, als er sich auf den Weg zu ihm macht. Und am Ende des Songs, landet er, tritt anmutig hinter ihn und hüllt ihn liebevoll in seine Flügel ein.


    Willa: Das ist eine hervorragende Feststellung, Joie, und es auf diese Weise zu betrachten, dafür scheint auch bedeutsam zu sein, dass er den Engel bei dem MTV Auftritt einbezieht, welches sein erster Live-Auftritt mit diesem Song war, ich glaube 1991. Also sieht es so aus, als wäre es Teil seiner ursprünglichen Vision für diesen Song. Und ich muss sagen, ich liebe alles an dieser MTV Performance, von seinem stillen Peace-Zeichen in die Menge ganz zu Beginn über den Slogan „Women’s Rights Now“, der in einem Farbwirbel auf das Autodach gesprüht ist, bis hin zu dem Kinderchor und dem Frauenchor und dem Männerchor, zu seiner tieferen Stimme bei den Eröffnungszeilen und zu seiner höheren Stimme, zu der sie sich aufschwingt, bis zu der durchgehend fließenden Eleganz seines Tanzes und der Choreographie aller Tänzer und dem beschützenden Engel am Schluss, der ihn hält und symbolisch in Sicherheit verwahrt. Ich liebe es alles.


    Und weißt du, wenn ich mich selbst frage: Zu wem spricht er? Sehe ich verschiedene Antworten, die an verschiedenen Stellen in dem Song hervortreten und ich finde mich selbst bei der Antwort wieder: Zu allen oben genannten. Ich denke, dieser Song ist eine spirituelle Suche und ein Plädoyer an die Menschheit für brüderliche Liebe und eine ehrliche Frage an seine Fans darüber, ob wir für ihn da sein werden in schweren Zeiten.


    Joie: Ich denke, ich kann dir zustimmen, Willa. Die Antwort ist ‚Zu allen oben genannten‘: Zumindest fühlt es sich ganz sicher so an. Und ich kann nicht anders, als mich zu fragen, ob dies ohnehin die ganze Zeit seine Absicht für diesen erstaunlich schönen Song gewesen ist.



    The truth must dazzle gradually
    Or every man be blind
    Emily Dickinson

  • die Trennung [...] zwischen „hoher“ Kunst und populärer Kunst

    aber ich glaube auch, dass es einfach die Art war, wie sein Geist funktionierte. Er sah die Grenzen wirklich nicht, die die Welt und uns in kleine separate Kategorien trennen – oder er sah sie, aber weigerte sich, sie anzuerkennen.

    Und die Unterschiede zwischen uns zählen einfach nicht.

    Dabei musste ich an Bourdieu denken, einen Klassiker der Soziologie (http://de.wikipedia.org/wiki/Die_feinen_Unterschiede):


    "Das Werk beschreibt die kulturellen Abgrenzungsmechanismen zwischen den gesellschaftlichen Schichten.[...] Durch die Etablierung von Geschmacksrichtungen erfolge eine Stabilisierung sowie Manifestierung sozialer Unterschiede in einer Gesellschaft."



    Und :herz: Michael :herz: ?

    Also bin ich der Meinung, dass du genau Recht hast, Joie, wenn du sagst, seine Fähigkeit „Unterschiede zusammenzubringen sei das Herzstück seiner Genialität“.

    Außerdem muss ich zur zergliedernden Logik, "die die Welt und uns in kleine separate Kategorien" einteilt, einfach nochmal erwähnen, dass diese Art zu denken nicht grundlegend menschlich ist, sondern durch den Schriftgebrauch, insbesondere durch die standardisierte Schrift des Buchdrucks entsteht. Genau das ändert sich aber derzeit mit den neuen Medien (,die Michael für seine Kunst "nutzte"). Wen es interessiert: Marshall McLuhan :daumen:


    "Das Hauptkonzept von McLuhans Argumentation (die später in The Medium is the Message (1967) vervollständigt wurde) ist, dass neue Technologien (wie Schriftsysteme, Druckmaschinen und Sprachen) eine Anziehungskraft auf die Kognition ausüben, die sich umgekehrt auf die soziale Organisation auswirken. [...] Nach McLuhan ermöglichte und verursachte die Erfindung der Drucktechnik viele der prägenden Entwicklungen der Moderne in der westlichen Welt, etwa den Individualismus, die Demokratie, den Protestantismus, den Kapitalismus und den Nationalismus. Für McLuhan reflektieren diese Strömungen die Eigenschaft der Drucktechnologie, Aktionen, Funktionen und Prinzipien der visuellen Quantifizierung zu segmentieren."

    :herz: Michael Jackson - forever the King of Pop. A genre of music. Mainly, a beautiful human being. :herz:
    es ist, was es ist... sagt die liebe


  • :rose:
    Da ist MEIN Michael Song übehaupt..es ist Will You Be There, was mich so fasziniert hat, vor 3 Jahren, dass ich einfach wissen musste, worüber und was er da singt, was er damit wohl meint...und warum..Ich hatte von Nichts eine Ahnung, und dieses Lied hat mich völlig mitgenommen, ich hab es in Dauerschleife gehört (ich kannte es vorher doch nicht..wie das meiste..)....Ich weine jetzt noch immer, wenn ich es höre :wimmer: und spreche immer den Text mit, am Ende, mit meiner Hand am Herzen... Das einzige Lied, was ich nicht auf CD im Auto habe..weil ich dann nicht fahren kann... :stuhl:

  • Und seltsam Unheil verkündend, wenn man die rechtlichen Probleme bedenkt, in denen er sich 1993 bald nach Veröffentlichung des Songs als Single wiederfand.

    (Sorry, ich zitiere Joie, weiß nicht, wie ich die "Lilly" da oben wegradieren kann)


    Joie hat so Recht – es ist wie eine Vorausahnung. Vielleicht hat er es auch vorausgeahnt, dass überhaupt mal etwas auf ihn zukommen würde, denn zu der Zeit gab es ja (eigentlich schon lange) die ganzen Verunglimpfungen. Er lebte wahrscheinlich immer mit diesem schwermütigen Gefühl, das aus einem tiefen inneren Bewusstsein kommt.

    es ist Will You Be There, was mich so fasziniert hat, vor 3 Jahren, dass ich einfach wissen musste, worüber und was er da singt, was er damit wohl meint...und warum..Ich hatte von Nichts eine Ahnung, und dieses Lied hat mich völlig mitgenommen


    Maja, das ist genauso wie bei mir! Ich habe es zum ersten Mal bewusst bei der Trauerfeier gehört. Obwohl ich so ein diffuses Gefühl hatte, dass ich es vorher schon gehört hatte, aber ich habe es nie mit Michael in Verbindung gebracht. Und als ich es am 07.07. hörte, das war irgendwie wie ein Wachrütteln für mich, ganz besonders als ich zum Schluss seine Stimme hörte. Zum ersten Mal so richtig zugehört, hingehört habe. Es musste für mich auch unbedingt in mein Fotobuch, zusammen mit einem meiner absoluten Lieblingsbilder (das vom Joe-Vogel-Cover), und ich lese es fast jeden Abend wie ein Gebet. Und es tut jedes Mal wieder gleich weh.


    dass diese Art zu denken nicht grundlegend menschlich ist, sondern durch den Schriftgebrauch, insbesondere durch die standardisierte Schrift des Buchdrucks entsteht

    Das ist sehr interessant! Ich habe mir auch die Abhandlung von Julia Kristeva "Powers of Horror" auf den Kindle geladen (woraus Willa bzgl. Ekel/Abscheu zitiert hat). Der Grundtenor ist auch hier, dass der Grundstein für diese Gefühle beim Menschen gelegt wird, bevor er sprechen kann. "Wir haben keine Worte dafür."

    The truth must dazzle gradually
    Or every man be blind
    Emily Dickinson

  • Lillys "Urlaubsvertretung" meldet sich gehorsamst zum Dienst. :stramm:



    Es scheint, dass die Welt eine Rolle für mich hat
    13/06/2012



    Willa: Diese Woche sind Joie und ich aufgeregt darüber, dass Sylvia J. Martin sich zu uns gesellt, eine Forschungskollegin an der Universität von Californien in Irvine mit einem Dr. phil. in Anthropologie. Sylvias Arbeit konzentriert sich auf sozialökonomische Beziehungen in kommerziellen Medienindustrien und diese Forschung hat
    sie dazu hingeführt Michael Jacksons Kunst und kulturellen Einfluss zu studieren, sowohl hier in den USA, als auch Übersee, während sie über ein Fulbright-Stipendium in Hong Kong lebte und arbeitete. Sie ist am öffentlichen und medialen Diskurs über Michael Jackson interessiert und hat Interviews mit Leuten geführt, die mit ihm gearbeitet haben. Sie hat kürzlich einen Artikel in Social Science and Modern Society/ Sozialwissenschaft und moderne Gesellschaft veröffentlicht, der untersucht wie, in ihren Worten, „Michael Jackson, wie Superman, eine amerikanische Ikone ist, die global wurde.“ Vielen Dank, dass du dich zu uns gesellst, Sylvia!


    Joie: Sylvia, können wir eine Minute über das Wort „Ikone“ sprechen? Manchmal denke ich, dass wir in diesen Tagen dazu neigen, dieses Wort ein wenig zu oft zu verwenden und es scheint, irgendwie trivialisiert worden zu sein. Aber wenn jemand oder etwas „ikonischen“ Status erreicht, ist es wirklich eine große Sache in unserer Gesellschaft, nicht wahr? Kannst du uns genau sagen, was es bedeutet eine amerikanische Ikone zu sein und was das bedeutet, wenn man über Michael Jackson nachdenkt?


    Sylvia: Großartige Frage, Joie. Ich denke, dass eine Ikone, in dem Zusammenhang, in dem wir es verwenden, jemand ist, der die Stimmung und den Stil eines bestimmten Moments einfängt, der die Essenz einer spezifischen Zeit und/oder Ortes repräsentiert. Objekte und Orte können also ikonisch sein; zum Beispiel mag das Crysler Building als „ikonisch“ für die Art Deco Bewegung bedacht werden. Jedoch zur selben Zeit hat eine Ikone das Potenzial, seine bestimmte Zeit und
    seinen bestimmten Ort zu transzendieren, um bemerkenswert außerhalb seines unmittelbaren Kontextes zu existieren.


    Willa: Wie die Mona Lisa ikonisch wurde oder Munchs Schrei? Oder gar Einsteins strubbeliges Haar oder Stephen Hawkings Rollstuhl? Sie sind alle sofort außerhalb ihres unmittelbaren Kontextes, wie du sagst, wiederzuerkennen und sie alle scheinen spezielle konnotative Bedeutungen hervorzurufen, die ihre buchstäbliche Bedeutung
    transzendieren. Zum Beispiel ist Stephen Hawkings Rollstuhl nicht einfach etwas, das in von Ort zu Ort bewegt – er scheint auch die Scharfsichtigkeit eines brillanten Geistes zu repräsentieren, der in einem fehlerhaften Körper gefangen ist.


    Sylvia: Genau, Willa. So wie McDonald's ikonisch für die globale Ausbreitung amerikanischer Produkte und „Werte“ (Fastfood für Menschen unterwegs, erschwingliche Mahlzeiten für Familien) ist oder sie versinnbildlicht, manchmal auf Kosten von lokal produziertem Essen.


    So, wie ich in meinem Artikel besprochen habe, war Michael nicht nur eine amerikanische Ikone, weil er einfach alle Hitlisten seiner eigenen Industrie getoppt hat – er wurde ebenso im Weißen Haus gefeiert, beim Superbowl, auf der U.S. Militärzeremonie. Viele betrachten ihn als den amerikanischen Performer der 1980er schlechthin; sein nationaler Erfolg spiegelt die Kämpfe und Errungenschaften der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung wieder. Jedoch hat er seither Jahrzehnte lang Fans in der ehemaligen Sowjetunion und China (einige der Feinde der USA im Kalten Krieg), Iran und Indien gefunden – Orte mit enorm unterschiedlichen politischen und ökonomischen Flugbahnen als die von Amerika.


    Nun, der Ausdruck „Ikone“ trägt religiöse Konnotationen, insofern als sie die Repräsentation einer Gottheit oder verehrten religiösen Figur darstellt, normalerweise in Form einer Schnitzerei oder eines Mosaiks. Eine im Vergleich dazu weltliche, zeitgenössische Ikone wie Michael kann ebenso eine Anhängerschaft hervorbringen, eine
    Mythisierung. Mit Sicherheit scheint er es getan zu haben! Um Fanverehrung in einen Zusammenhang zu setzen, in Indien wird Bollywood-Filmstar Amitabh Bachchan fast als göttlich von vielen seinen Fans betrachtet. Und in Südindien haben tamilische Fans Tempel für ihre liebsten Stars errichtet. Also diese religiöse Bezugnahme auf Celebrity-Ikonen ist durch Kulturen hinweg zu beobachten. Aber es ist es auch wert hervorzuheben, dass Michaels Reichweite nicht einfach nur ein Ergebnis seiner enormen Talente ist; sie wird auch durch unsere globalisierte kulturelle Ökonomie erleichtert – durch den globalen Kapitalismus.


    Willa: Ich war wirklich fasziniert von diesem Aspekt deines Artikels, Sylvia, und wie du erwägst, dass Michael Jacksons ikonischer Status im Ausland auch einer politischen Funktion gedient hat. Wie du schriebst,


    Jacksons Musik und Lebensgeschichte wurden zuhause und auswärts als unbestreitbarer Beweis der Vorherrschaft des amerikanischen Individualismus, Entrepreneurialismus, Multikulturalismus und Konsumkapitalismus hochgehalten.“


    Jedoch bot sein Werk mit der Zeit eine scharfe Kritik an amerikanischem Leben und Politik, speziell im Hinblick auf Rassenvorurteile, wie du so gut hervorgehoben hast. Also wie siehst du diese zwei in gewisser Weise widersprüchlichen Impulse sich manifestieren, sowohl global, als auch national?


    Sylvia: Es ist herausfordernd beides zu sein, ein männliches Aushängeschild und eine Art Provokateur. Außerhalb der USA schienen die Menschen es größtenteils zu schätzen, dass er für den Mainstream und die Marginalisierten sprach. Innerhalb der USA war es schwieriger durchzuziehen, aber in den 1980ern, auf der Höhe seiner
    amerikanischen Solokarriere, hatte seine musikalische Kritik einen sehr leichten Touch. Seine Kritik wurde ausdrücklicher, als er Erfahrungen mit Erpressung, medialer Verleumdung und dem Streben nach „Gerechtigkeit“ durch amerikanische Individuen und Agenturen mit beachtlicher Staatsgewalt machte.


    Joie: Das ist eine sehr wahre Aussage. Als er einmal die negative Seite des Ruhmes erfahren hatte – die Erpressung, die mediale Verleumdung und die „Gerichtsverhandlung durch Klatsch“, die folgte – wurde er sehr viel direkter in seiner Kritik an den sozialen Missständen, die uns quälen.


    Sylvia: Genau, Joie. Und lasst uns einen der „amerikanischen Werte“ ansehen, den Michael verkörpern sollte – Individualismus. Seine Auswahl an Lesestoff spiegelt diesen Wert wieder (Die Möwe Jonathan, der Autor Ralph Emerson). Aber Michael hat auch wiederholt das Bedürfnis nach Gemeinschaft zum Ausdruck gebracht; er sprach von Sorge um und Handeln für die Gemeinschaft, unser Vertrauen zueinander und er hat diesen Gemeinschaftswert in die Tat umgesetzt. Und einiges davon tat er zu einer Zeit, als Präsident Reagan staatliche Unterstützung für soziale Dienste für niedrig verdienende Menschen abzog und die „Hilf dir selbst aus der Patsche“-Ideologie bewarb.


    Songtexte wie „Wir sind die Welt“ und „Mach einen besseren Ort/ Für dich und für mich/ Heile die Welt, in der wir leben/ Rette sie für unsere Kinder“ - heben die Bezüge auf „wir“ und „uns“, auf das Kollektiv hervor. Da sind so viele lyrische und visuelle Bezüge auf die Wichtigkeit von Gemeinschaft in Michaels Werk. Sicher, er
    sammelte glücklich die Auszeichnungen, die ihm persönlich verliehen wurden, aber er würdigte auch seine Vorgänger, die Gemeinschaft von Musikern, aus der er kam, und er war ein riesiger Menschenfreund. Und nur dieses eine Beispiel – davon, wie er Individualismus und, am anderen Ende des Spektrums, Gemeinschaft repräsentierte – zeigt, dass er eine sehr breitgefächerte Anziehung hatte. Vielleicht haben die Menschen, die Stadien rund um die Welt füllten, um ihn performen
    zu hören, nicht immer bewusst daran gedacht, welch breites Spektrum Michael repräsentierte, aber sie haben sie nichtsdestoweniger ausgefüllt und Michaels Ikonizität (und Marktwert) bestärkt.

    :herz: Michael Jackson - forever the King of Pop. A genre of music. Mainly, a beautiful human being. :herz:
    es ist, was es ist... sagt die liebe


  • Nun, als Sylvia Chase ihn im Jahr 1980 in einem 20/20 Interview fragte, wie er sich dabei fühlt, vor hunderten von Menschen zu performen, antwortete Michael, dass sie Hände gehalten und geschunkelt haben und „alle Farben von Menschen waren da, alle Rassen, es ist die wundervollste Sache und nicht einmal Politiker können das tun.“ Während das eine kleine Übertreibung sein mag, ist es generell schwer für Politiker eine unterschiedliche Gruppe von Menschen zu versammeln von Veranstaltung zu Veranstaltung, wie Michael es tat.


    Willa: Das ist wahr und ich wüsste nicht, dass Politiker in der Lage sind, sie dazu zu bringen Händchen zu halten und zu schunkeln, so wie es Michael Jackson tat.


    Joie: Ja, ich muss sagen, dass ich nicht denke, dass das überhaupt eine Übertreibung von ihm war. Es ist fast unmöglich für Politiker Menschen auf diese Weise zusammenzubringen!


    Sylvia: Naja, ich denke manche Präsidentschaftskandidaten (ganz zu schweigen von politischen Aktivisten und Monarchen) haben multikulturelle Gruppen von Menschen dazu inspiriert zu singen, zu jubeln, zu klatschen, zu salutieren und in sehr großen Zahlen mit ihren Füßen zu stampfen. Fleetwood Mac's Performance von „Don't Stop“ an Präsident Clintons Amtseinführungsball kommt in den Sinn – und sogar Michael war dort. Er hat sich sogar zu Fleetwood Mac und den Clintons gesellt, um auf der Bühne zu singen! Aber nein, amerikanische Politiker könnten vermutlich Menschen nicht auf die Weise zusammenbringen, über die Michael Jackson sprach, mit tatsächlichem Händchenhalten.


    Wie auch immer, um einfach zurückzutreten und auf den breiteren kulturellen Kontext zu blicken, in dem Michael so prominent in den 1980ern wurde, sollten wir uns vielleicht daran erinnern, dass einige charismatische schwarze Sprecher in den USA, so wie Fred Hampton (der Aktivist, der die Regenbogenkoalition bildete) und Dr. Martin Luther King, Jr., frühzeitige Tode ereilten nur ein paar Jahrzehnte vor Michaels amerikanischem Höhepunkt. Ich sage nicht, dass Michael ein politischer Aktivist war oder dass er ihr Schützling war, aber mit Rassismus immer gerade so unterhalb der Oberfläche, oder auf der Oberfläche, gab es eindeutige Risiken für schwarze Männer, die versuchten zu einer Mehrheit von Menschen zu sprechen, die über Grenzen hinaus reichten, an deren Einhaltung andere hart gearbeitet hatten.


    Also im Licht dieser Geschichte ist es vielleicht nicht überraschend, dass Michael einiger Gegenwirkung gegenüberstand, dafür, dass er so ein breites Spektrum besetzte und dafür, dass er in der Lage war, so viele Menschen dazu zu bringen, an einem Ort zusammenzukommen, immer wieder. Und aus diesem Grund habe ich James Baldwin in einer anderen Arbeit zitiert, „Remembering Michael Jackson: Moonwalking Between Contradictions“/ „Erinnerung an Michael Jackson: Moonwalken
    zwischen Widersprüchen“ - Baldwin hat erkannt, dass solch ein nie dagewesener Erfolg und solche Aufmerksamkeit für Michael nicht trennbar von Amerikas Rolle als „unehrlicher Vormund schwarzen Lebens“ sein könne.


    Wie Michael Rabbi Schmuley Boteach erzählte, mochte es ein Großteil der weißen Presse nicht, dass er zu Stadien voll kreischender weißer Mädchen rund um die Welt spielte und ich denke, Michael hatte damit zu einem hohen Grad recht. Übrigens, ich habe mit einem männlichen Photojournalist gesprochen, der Michael über die letzten paar Jahre seines Lebens abgelichtet hat, und der Journalist war nicht nur verblüfft darüber, warum so viele Frauen Michael und seine maskulinen, androgynen und femininen Aspekte so sexuell anziehend fanden, er war eindeutig beunruhigt darüber.


    Joie: Wirklich? Das ist so interessant für mich. Ich bin immer fasziniert von der Tatsache, dass so viele ihn ansahen und ihn so komplett verschieden sahen. Jeder in den Medien hat immer versucht, ihn als diesen seltsam aussehenden Spinner mit dem freakigen Gesicht darzustellen, aber dennoch haben ihn Millionen andere als sehr gutaussehend und unglaublich sexy gesehen.


    Willa: Ich bin davon auch fasziniert – dass verschiedene Leute ihn auf solch radikal verschiedene Arten sehen konnten. Er schien wirklich die Erwartungen und Neigungen zurück zu spiegeln, die jeder von uns ihm entgegengebracht hat. Und ich denke, du bringst hier einen extrem wichtigen Punkt auf, Sylvia, und einen, der nicht annähernd genug behandelt worden ist. Die Art, wie er Begriffe von Geschlecht und Sexualität herausgefordert hat, ist mindestens genauso bedrohlich wie sein Überschreiten von Rassengrenzen – vielleicht sogar noch mehr – und ist direkt verbunden mit den Polizeiaktionen gegen ihn, ebenso wie mit der medialen und
    öffentlichen Gegenreaktion.


    Sylvia: Genau, Willa. Michael hat die weiße, amerikanische, männliche heteronormative Sexualität ungemein herausgefordert, so gefangen wie sie ist, in Fragen von Rasse und „Authentizität“. Die „Verwirrung“, die Michael gestiftet hat, ist unverzeihlich, wie auch Susan Fast in ihrem Artikel, „Difference that Exceeded
    Understanding: Remembering Michael Jackson 1958-2009“/ „Verschiedenheit, die über Verständnis hinausging: Erinnerung an Michael Jackson 1958-2009“ erwähnt.


    Willa: Ja, wie Susan Fast es in ihrem Artikel so gut formuliert hat,


    „Bitte sei schwarz, Michael, oder weiß oder schwul oder hetero, Vater oder Mutter, Vater für Kinder, nicht selbst ein Kind, sodass wir zumindest wissen, wie unsere liberale (In)toleranz zu regeln ist.“


    Mit so vielen von unseren nervenaufreibenden Trennungen – von Rasse, Geschlecht, Alter, Sexualität, Familie – hat er nicht nur einfach die Grenze überschritten, sondern einen dazwischen liegenden Ort genau am Schnittpunkt bewohnt. Und das war es, was so „unverzeihlich“ war, wie du sagst.


    Sylvia: Ja, er hat musikalische Kodierungen „durcheinandergebracht“ (wie Lisha in ihrer Abhandlung zu „Black or White“ hervorgehoben hat) und er hat auch maßgebende soziale und sexuelle Kodierungen durcheinandergebracht. Und es ist diese bevorstehende Vermischung, auf die sich Baldwin in seinem Kommentar
    über Michaels Erfolg bezieht, der sich Amerikas Unbehagen bezüglich sexueller Rollen und sexueller Panik zu Nutze macht. Ohnehin sah Michael im Prozess des Umgangs mit einer Gegenreaktion in verschiedenen Angelegenheiten, dass manche der Probleme, die er festgestellt hatte, besonders in den USA, nicht verschwanden und in der Tat mehr Kritik verdienten (solche wie rassistische Vorverurteilung und Medienethik), auf die er sich in seinem späteren Werk bezog. Er sah, dass er trotz, und in der Tat vielleicht aufgrund seines unvergleichlichen Erfolges, etwas werden würde, wovon er möglicherweise nicht gedacht hatte, er wäre in Gefahr, es zu werden: ein kriminalisierter schwarzer Mann.


    Joie: Ich weiß nicht, ob ich dieser Aussage umfassend zustimmen würde, Sylvia. Ich denke, für jeden schwarzen amerikanischen Mann ist der Gedanke, dass du eines Tages sehr leicht und durch keine wirkliche eigene Schuld ein „kriminalisierter schwarzer Mann“ werden könntest, ein sehr realistischer. Also könnte ich nicht sagen, dass dieser Gedanke Michael nie zuvor in den Sinn gekommen wäre. Tatsächlich wäre ich bereit Geld zu verwetten, dass er das an einem gewissen Punkt tat. Ich denke, dass ist einfach eine Tatsache, mit der alle schwarzen amerikanischen Männer leben, ganz gleich, wie erfolgreich man wird.


    Sylvia: Ich stimme dir absolut zu, dass Michael aller Wahrscheinlichkeit nach wusste, dass er kriminalisiert werden könnte. Allerdings habe ich nicht gesagt, der Gedanke wäre ihm „nie“ in den Sinn gekommen, sondern dass er „möglicherweise“ nicht gedacht hätte, er wäre in Gefahr kriminalisiert zu werden. Da liegt ein ziemlicher Unterschied.


    Der Grund weshalb ich sagte, er hatte „möglicherweise nicht daran gedacht, er wäre in Gefahr“, rührt daher, was ich gelesen und gehört habe, dass es möglich wäre, dass er sich bisweilen verständlicherweise in falscher Sicherheit wog, dadurch dass er eine persönliche Security (Bill Bray usw.), Zugang zu Spitzenanwälten und institutioneller Anerkennung hatte. Mit anderen Worten, seine gesellschaftliche Position und sein Berufsstand verkomplizieren das Rassenthema, weil er Zugang zu Mitteln hat, die viele nicht-berühmte und mittelständische bis hin zu Menschen der Arbeiterklasse nicht haben. Ich sage weder, dass er weniger Zielscheibe gewesen wäre, als jeder andere schwarze Mann, noch sage ich, dass seine Sichtbarkeit ihn immun gemacht hätte – in der Tat behaupte ich in meinem Kommentar bezüglich der Bedrohung gegen charismatische schwarze Sprecher, dass auch Michael sehr stark in Gefahr war. Aber so sehr Michael wusste, dass er eine Zielscheibe war, weil er so berühmt war, denke ich dennoch, dass es Zeiten gab, in welchen er dachte, er hätte Zugang zu mehr Schutz davor kriminalisiert zu werden, als ein nicht-berühmter schwarzer Mann.

    :herz: Michael Jackson - forever the King of Pop. A genre of music. Mainly, a beautiful human being. :herz:
    es ist, was es ist... sagt die liebe


  • Willa: Das ist ein wirklich kompliziertes Thema, denke ich. In Randy Taraborellis Biographie beschreibt er den Moment im Jahre 1993, als Jordan Chandlers Mutter und Stiefvater ihn erstmals vor Evan Chandlers Drohungen warnten:


    Michael hat sie nicht ernst genommen. „Oh, so etwas passiert mir ständig,“ erzählte er ihnen. „Immer versuchen Leute Geld aus mir rauszuholen. Ich lass meine Leute das erledigen. Sorgt euch nicht darum.“ Als sie Michael jedoch das Tape vorspielten, das Dave von seiner Unterhaltung mit Evan gemacht hatte, wurde Michael unruhig. „Er klang so wütend,“ erzählte mir Michael von Evan Chandler in einem Interview Monate später. „Ich wusste auf der Stelle, dass es um Erpressung ging. Er sagte es direkt auf Band. Was ich dann also tat,“ erzählte mir Michael, „war es an [den Anwalt] Bert [Fields] und [den Privatermittler] Anthony [Pellicano] weiterzugeben und ich entschied zu versuchen, es zu vergessen.“


    Als Taraborelli ihn danach fragt, antwortet er:


    „So denke ich nicht,“ sagte Michael offenherzig. „Ich lebe mein Leben nicht in Angst.“


    Aber dann denke ich an etwas, das er Gerri Hirshey in einem Rolling Stone Artikel zehn Jahre zuvor erzählte, kurz bevor dass Thriller Video herauskam. Sie schrieb,


    Er ist bekannt dafür, sein Privatleben mit fast zwanghafter Vorsicht zu führen, „genau wie ein Bluter, der es sich nicht leisten kann, auch nur irgendwie gekratzt zu werden.“ Der Vergleich ist seiner.


    Diese Zeile ist mir immer hängen geblieben – sich einfach vorzustellen, wie es sich anfühlen muss, dein Leben so führen zu müssen, mit der „zwanghaften Vorsicht“ eines Bluters. Also ich denke, er hat versucht, „mein Leben nicht in Angst zu leben“, wie er Taraborelli gesagt hat, aber er war ein Student der Geschichte, besonders der schwarzen Geschichte und die USA haben eine lange beunruhigende Geschichte im „Kriminalisieren“ erfolgreicher schwarzer Männer. Und er war der erfolgreichste schwarze amerikanische Mann überhaupt. Also war er eine riesige Zielscheibe – für die Polizei, die Klatschblätter, die Kritiken, für jeden – und ich denke, er war sich dessen sehr bewusst.


    Sylvia: Er war sich dessen tatsächlich bewusst. Und wie wir in dem Beispiel sehen, dass du angeführt hast, übergab er dieses Thema einem ziemlich profilierten Anwalt und Privatermittler und hoffte vermutlich, es würde ohne viel Schaden geklärt werden.


    Joie: Willa, ich liebe dieses Hirshey Interview und dieser Kommentar hat mich auch immer getroffen. Besonders der letzte Satz -„Der Vergleich ist seiner.“ Das bedeutet, das waren seine Worte; er selbst beschreibt sich als einen „Bluter, der es sich nicht leisten kann, auch nur irgendwie gekratzt zu werden“. Zu wissen, dass dies seine Beschreibung von sich selbst und der Art ist, wie er sein Privatleben führt, ist sehr aufschlussreich, finde ich.


    Willa: Ich stimme zu und weißt du, es ist rückblickend auf tragische Weise ironisch, aber etliche Leute, die ihn kannten, haben behauptet, dass ein Grund, warum er soviel Zeit mit Kindern verbracht hat, der war, dass er dachte, sie seien sicher. Erwachsene konnten ihn betrügen – und hatten es getan – und er war bedacht darauf,
    aber er vertraute Kindern. Und ich denke er lag richtig zu fühlen, er könnte Kindern vertrauen. Wenn man sich ansieht, was 1993 und 2003 passiert ist, was bis zum Prozess 2005 führte, die Anschuldigungen haben nicht mit Kindern angefangen – sie haben mit Erwachsenen angefangen.


    Sylvia: Ich muss den marxistischen Kunstkritiker David Walsh hier zitieren, der manches der scharfsinnigsten Berichterstattung zum 2005-Gerichtsurteil schrieb, direkt nachdem es ausgesprochen wurde. Walsh richtet die ganze Aufmerksamkeit auf das, wovon ich glaube, worum es ging: Michaels wahrgenommene Bedrohung „amerikanischer Werte“. Walsh schreibt,


    In der Brutalität eines Sneddon sieht man im Mikrokosmos den Charakter der amerikanischen herrschenden Elite: Ignorant, rücksichtslos, verbittert, endlos jeden und alles verfolgend, das Opposition oder die „Gegenkultur“ andeutet. Warum war Michael Jackson eigentlich vor Gericht? Weil sein Lifestyle anders war, sogar seltsam; weil er als schwul wahrgenommen wurde; weil er schwarz war. In der paranoiden, pornographischen Sichtweise der extremen Rechten, deren perverses Geistesleben es verdient von einem Freud analysiert zu werden, steht Jackson für eine Provokation und Bedrohung „amerikanischer Werte“.


    Also, der Mann, der nach der Voice of America einst der höchstrangige westliche Popstar im früheren Sowjetblock war und der von beiden, republikanischen und demokratischen Verwaltungen gefeiert wurde, endete damit eine Bedrohung für „amerikanische Werte“ zu werden. Der King der Popmusik und -kultur wird die „Gegenkultur“. Seht, wie er sich nun durch das Spektrum bewegt hat (oder bewegt wurde).


    Willa: Es ist wirklich ziemlich schockierend, nicht wahr? Und es ist wie eine Wiederholung dessen, was Charlie Chaplin während des kalten Krieges passiert ist – tatsächlich ist es fast die exakte Sprache, die gegen Chaplin verwendet wurde. Das ist nicht einfach ein Rassenthema, obwohl Rasse eine sehr wesentliche Rolle gespielt hat.


    Sylvia: Ja, Ideologie und umfangreichere politische Umstände spielen hier auch eine Rolle, wie sie es mit Chaplin taten. Das Moralisieren unter Amerikas „herrschender Elite“ nach Präsident Clintons Affaire, das in manchen Medien Widerhall fand, führte möglicherweise zu einer stärkeren Überprüfung (und Verzerrung)
    von Michaels prominentem, unkonventionellem Lifestyle. Ich werde auch an den 2003er Live-Webchat mit Bjork erinnert, als Leute ihr Frage schrieben und Michael war einer davon. Sie hat auf seine Frage über den Einfluss der Natur auf ihre Musik geantwortet und etwas Unterstützung für ihn beigefügt, indem sie bemerkte: „Es ist wie in den USA jetzt, es ist illegal ein Exzentriker zu sein.“


    Willa: Welch ein tolles Zitat!


    Joie: Es ist ein tolles Zitat!


    Willa: Und sie hat recht.


    Sylvia: Und betreffend „amerikanischer Werte“ sehen wir hier wieder, die Widersprüche manifestieren sich; ja, die USA werten Erfolg auf...aber wenn wir mit all den Schwierigkeiten konfrontiert werden, die er beinhaltet, und den menschlichen Schwächen dahinter, dann richten wir uns dagegen. Als Michael den ungewöhnlichen Schritt ging, Ersatzfamilien zu bilden, so wie er es mit den Chandlers getan hat, und Freundschaften mit Kindern als einen Weg, um seinen Verlust der Kindheit zu kompensieren, die geopfert wurde, um diesen „all-American“-Erfolg zu erreichen, war die Reaktion in vielen Kreisen das sofort zu sexualisieren und dafür zu kriminalisieren.


    Besonders der Medien-Entertainment-Industriekomplex hat eine lange Geschichte Kinder zu sexualisieren. (Ich habe meinen Studenten Shirley Temples 1932er „Baby Burlesks“-Filme gezeigt und sie waren ziemlich schockiert sie in Windeln und im Alter von 3 Jahren auf eine „spielerisch“ verführende Art tanzen zu sehen.) Also es
    ist nicht so überraschend, dass viele in der Medien-Entertainment-Industrie den einfachen Weg einschlugen und sich reihum anschickten, Michaels Beziehungen mit Kindern zu sexualisieren. Ich denke schon, dass Michael einige unkluge Entscheidungen in dieser Zeit getroffen hat, aber dieses „Leuchtfeuer“ des Post-Bürgerrechts-Amerikanischen Traums war dafür geschaffen, für den vollen Ausdruck seiner Kunst und die Menschlichkeit, die es schürte, zu brennen. Und er brannte für seine facettenreiche Ikonizität.


    Willa: Das hat er wirklich – er hat dafür am schmerzhaftesten bezahlt. Nun, vielen Dank, dass du dich zu uns gesellt hast, Sylvia! Wir haben es wirklich genossen mit dir zu reden.


    Wir haben auch Arbeit an der Songtexte-Bibliothek begonnen und haben soeben die Songtexte aus dem Off The Wall Booklet gepostet, wollen also alle einladen sich das bei Gelegenheit mal anzusehen. Wir hoffen, es wird ein lustiger und nützlicher Ort sein, um Ideen auszutauschen und Wissen über Michael Jacksons Songtexte zu
    sammeln.

    :herz: Michael Jackson - forever the King of Pop. A genre of music. Mainly, a beautiful human being. :herz:
    es ist, was es ist... sagt die liebe


  • Shirley Temples 1932er „Baby Burlesks“-Filme


    Hier mal ein Beispiel, damit man weiß, wovon Sylvia spricht:


    ECzC7YIt7F4

    :herz: Michael Jackson - forever the King of Pop. A genre of music. Mainly, a beautiful human being. :herz:
    es ist, was es ist... sagt die liebe


  • :schock1: ...da bleibt einem ja das Lachen im Hals stecken. Das finde ich schon hammermässig, und ich frage mich, welche Leute das lustig fanden...oder auch noch immer finden. (in den kommentaren gibt es ja auch geteilte Meinung dazu..) schon alleine Kinder als Soldaten .-..lustig?...und all das andere Getue...Da haben irgendwelche Erwachsene ihre Fantasien auf diese Kinder projiziert, und ihnen dabei völlig das genommen, was Kindsein ausmacht. Mir fiel auch noch der kleine dunkelhäutige Junge auf, der musste sogar am Tisch vortanzen..und quasi einen Strip machen..das ist echt too much...

  • Wer ist böse?
    21/06/2012



    Joie:
    So, Willa, du weißt, dass jetzt gerade eine ganze riesige Kampagne für Sonys bevorstehende Wiederveröffentlichung des Bad-Albums am Laufen ist. Sie veröffentlichen es neu zu Ehren seines 25jährigen Jubiläums und es klingt, als werde es eine ziemlich große Sache, mit der Wiederveröffentlichung des Albums selbst, plus einer separaten Disk zuvor unveröffentlichten Materials, das während der Bad-Sessions aufgenommen worden war, plus einer dritten Disk, live während der Bad-Tour aufgenommen – die erste Michael Jackson Live CD überhaupt – und eine DVD vom Konzert des 16. Juli 1988 im Wembley Stadium, aufgeführt vor dem Prinzen und der Prinzessin von Wales! Ich bin wirklich gespannt darauf.


    Willa: Bin ich auch. Ich bin heute sogar zu Walmart gegangen, um die neue Bad-Ära Single „I Just Can't Stop Loving You“ / „Don't Be Messin' 'Round“ zu bekommen. Um ehrlich zu sein, ich habe seit den alten 45ern mit dem großen Loch in der Mitte keine Single mehr gekauft. Ich habe nicht mal gewusst, dass es so etwas wie Singles
    noch gibt, außer auf iTunes. Also ich ging zu Walmart und war komplett desorientiert – bin für etwa 10 Minuten herumgelaufen, ehe ich überhaupt die Musikabteilung gefunden habe – und dann war sie dort nicht. Sie hatten Immortal und Number Ones, aber das wars und ich habe überhaupt keine Singles auch nur für irgendwen irgendwo gesehen. Also entweder waren sie bereits ausverkauft oder der Laden hatte sie nicht.


    Joie: Weißt du, ich konnte sie bei meinem Walmart auch nicht finden. Ich weiß nicht, ob sie sie nicht auf Lager hatten oder ob sie sie überhaupt nicht hatten, aber ich war sehr enttäuscht. Wie auch immer, all das ließ mich, nicht überraschend, an das Bad-Album denken und genauer, an das Bad-Video. Ich liebe einfach die lange Version dieses Videos mit dem Schwarzweißfilm von Martin Scorsese. Und ich liebe es, wie diese Story das tatsächliche Musikvideo selbst in gewisser Weise einrahmt.


    Willa: Tu ich auch. Ich habe das Video oft gesehen, als es regelmäßig auf MTV gezeigt wurde, habe aber erst Jahre später den vollen Scorsese-Film gesehen und war überwältigt davon. Ich habe das Bad-Video immer wirklich gern gemocht. Er behandelt einige sehr wichtige und heikle Themen – und auf die Gefahr hin, wie ein Teenie zu klingen, lass mich einfach geradeheraus sagen, dass er unglaublich umwerfend ist, die gesamte Tanzsequenz hindurch. Aber der Film ist faszinierend und fügt so viel Nuance und Dimension zu dem hinzu, was im Videoschnitt passiert. Wie bei so vielen von Michael Jacksons Filmen, geht darin so vieles vor sich – und je mehr man guckt, umso mehr sieht man.


    Joie: Oh, ich stimme zu. Ich sehe immer etwas Neues oder etwas, das ich zuvor nicht bemerkt hatte, jedes mal, wenn ich ein Michael Jackson-Video oder einen Liveauftritt sehe. Es ist wirklich erstaunlich, wie das passiert. Aber ich bin schockiert von deinem Geständnis. Es hat dich wirklich Jahre gekostet, bis du die volle Kurzfilmversion dieses Videos gesehen hast? Wie ist das passiert?


    Willa: Nun, Joie, ich schätze die kurze Antwort lautet, dass ich alt bin! Ich habe meine Collegearbeiten mit der Schreibmaschine geschrieben, wenn du das glauben kannst. Sie hatte ein eingebautes Korrekturband und ich dachte, dass wäre wirklich High-Tech! Und ich habe die Recherche für meine Abschlussarbeit ohne Internet gemacht. Stell dir das nur vor. Ich ging zur Bibliothek, um zu recherchieren. Wie urig ist das? Mein Sohn hat mich tatsächlich neulich gefragt, ob Autos erfunden waren, als ich ein Kind war. Um Himmels Willen.


    Joie: Oh, Willa. Manchmal lässt du dich selbst wie einen Dinosaurier klingen. SO alt bist du nicht! Ich habe meine Collegearbeiten auch auf der Schreibmaschine geschrieben, Herrgott!


    Willa: Wirklich? Also das ist beruhigend. Danke, Joie. Und ich beabsichtige nicht wie ein Dinosaurier zu klingen – ich denke, ich bin immer noch ein bisschen durch den Wind vom Umherwandern in diesem riesigen seltsamen Laden ohne Plan, wo was war oder wonach ich überhaupt suchte. Ich fühlte mich wie Mr. Magoo.


    Also, wie auch immer, MTV spielte das Bad-Video, aber sie haben nicht den ganzen Film gezeigt. Und er war nicht in Kinos. Und es gab kein YouTube – es gab nicht mal Internet. Also wo hätte ich es sehen sollen? Wo hast du es gesehen?


    Joie: Also, weißt du, manchmal hatten MTV und VH1 und andere ein spezielles „Michael Jackson Wochenende“ und haben die langen Versionen aller Videos gezeigt. Man hätte es auf diese Weise sehen können. Also, wie auch immer, jetzt interessiert es mich wirklich zu wissen, nachdem du so lange nur die kurze Version gesehen hattest, was war deine erste Reaktion, als du endlich die lange Version gesehen hast? Entsprach es Dingen, die du vielleicht darüber gehört hattest? Oder hattest du überhaupt davon gehört?


    Willa: Ich denke nicht, dass ich gewusst habe, dass es da einen längeren Film gab oder dass ich versucht hätte ihn zu sehen. Ich habe den Videoschnitt immer gemocht und ich denke, es ist faszinierend, wie er neu definiert, was es bedeutet „böse“ zu sein. Er ist nicht „böse“, weil er gemein oder machohaft ist, sondern weil er Selbsterkenntnis besitzt – er ist im Einklang mit sich selbst. Er ist kreativ und talentiert und anbetungswürdiger, als gewöhnliche Sterbliche von sich behaupten könnten, und er scheut sich nicht davor es zu zeigen. Ich liebe das.


    Du weißt, eine Menge Kritiker haben sich über ihn lustig gemacht, weil sie sagten, er sah unmännlich aus, aber behauptete „böse“ zu sein und ich stimmte dem insgesamt absolut nicht zu. Zunächst ist er nicht unmännlich. Er stößt seine weibliche Seite nicht zurück (was erfrischend ist), aber er stößt auch definitiv seine männliche Seite nicht zurück – er scheint für mich einfach wie eine wunderbar vollständige Person zu sein. Zweitens bin ich strikt gegen die Bemerkung, dass du machohaft sein musst, um „böse“ zu sein oder Respekt zu verdienen. Für mich, schlägt dieses Video gegen diese Denkweise zurück – in der Tat ist es meinem Verständnis nach genau der Punkt – und das habe ich sehr begrüßt.


    Aber dann habe ich den kompletten Film gesehen und plötzlich erhielt der Videoabschnitt soviel mehr Bedeutung, als er je zuvor hatte. Es war erstaunlich für mich. Also hast du diese Erfahrung nicht gemacht? Du hast den langen Film zur selben Zeit wie das Video gesehen, wusstest also, wie alles zusammenpasste?


    Joie: Ja. Tatsächlich war es die ersten paar Male, als ich das Video sah, die lange Version. Ich denke, MTV hat es als Ganzes für ungefähr einen ganzen Tag oder so gespielt. Weißt du...damals pflegten sie eine wirklich große Sache aus Videopremieren zu machen und an dem Tag, an dem ein Video Premiere hatte, würden sie es zu jeder vollen Stunde den ganzen Tag lang zeigen.


    Du weißt, dass ist leicht off topic hier, aber ich muss das jetzt sagen. MTV war wirklich etwas besonders. Jetzt natürlich würdest du das niemals ahnen, weil alles, was sie noch zeigen „Reality“ Shows sind, aber damals – als Musikfernsehen sich tatsächlich auf Musik konzentrierte – war es der coolste Sender auf Kabel. Nie zuvor
    hatte es einen Sender gegeben, der vollständig populärer Musik gewidmet war; es war hammermäßig und anders als alles, was wir je gesehen hatten! Und dann ist es einfach...gestorben. Ich weiß ehrlich nicht, wie sie damit durchkommen, sich selbst immer noch MTV zu nennen. Sie sollten ihren Namen in RTV ändern!


    Willa: Das wirft in der Tat eine wirklich wichtige Frage auf, Joie. Wohin gehen Menschen heute, um Musikvideos zu sehen? YouTube? Ich nutze YouTube häufig, um nach Dingen zu sehen, von welchen ich bereits weiß, aber ich wüsste nicht, dass es dir neue Bands und neue Videos zeigen würde, so wie MTV das tat.


    Joie: Nein, das ist wirklich wahr, Willa. Und es ist ein bisschen traurig. Ich habe einen Neffen im Teenageralter, der „Reality“ TV Shows liebt, und MTV ist sein Lieblingskanal, weil das alles ist, was sie zeigen. Als ich ihm erzählte, wofür das M in MTV tatsächlich stand, hatte er keinen blassen Schimmer! Er hatte keine Ahnung, dass es ein Kanal war, der Musik gewidmet war. Und er ist selbst ein sehr talentierter junger Musiker! Aber ich finde es so traurig, dass es eine ganze Generation da draußen gibt, die keine Ahnung hat, wie großartig MTV mal war.


    Willa: Hampton Stevens spricht darüber ein bisschen in seinem wundervollen Artikel in The Atlantic, „Michael Jackson's Unparalleled Influence“/ „Michael Jacksons beispielloser Einfluss“, und er hat eine interessante Meinung zum Aufstieg und Fall von MTV:


    Die oft wiederholte übliche Weisheit – dass Jacksons Videos MTV ausmachten und so „ die Musikindustrie verändert“ hätten, ist nur zur Hälfte wahr. Es ist eher so, dass die Musikindustrie sich aufgeblasen hatte, um Jacksons Talent zu umfassen, und ohne ihn wieder schrumpfte.


    Ich muss sagen, da ist er auf etwas gestoßen.


    Joie: Es ist ein interessanter Gedanke, nicht wahr? Und in gewissen Hinsichten ist es ein sehr fundierter Standpunkt, den er vertritt. Natürlich soll das jetzt nicht all die Tausend anderen wundervollen Bands und Künstler diskreditieren, die über die Jahre auf MTV gezeigt wurden, aber es ist fast so, als könnten sie einfach nicht in dem Musikformat existieren ohne die kontinuierlichen Beiträge des King of Pop. Weißt du, das ist ein Thema, das mich fasziniert und es mag irgendwann mal eine weiterführende Untersuchung benötigen.

    :herz: Michael Jackson - forever the King of Pop. A genre of music. Mainly, a beautiful human being. :herz:
    es ist, was es ist... sagt die liebe


  • Aber um zum Bad-Video zurückzukommen, obwohl ich den ganzen Kurzfilm gesehen hatte, als er Premiere hatte, war es danach so, als ob es für einige Jahre im Untergrund verschwunden wäre, und du musstest Glück genug haben, eines dieser „Michael Jackson Wochenenden“ zu erwischen, um einen flüchtigen Blick auf die
    Filmversion zu erhaschen. Aber es ist wirklich ein unglaublicher Film und was ich am meisten daran liebe, ist die Tatsache, dass er wirklich Michaels Schauspieltalent vorführt. Du weißt, er war kein schlechter Schauspieler und er hatte dafür nie wirklich Anerkennung bekommen.


    Willa: Oh, ich finde, er ist ein erstaunlicher Schauspieler und ein intelligenter Schauspieler, wenn das Sinn ergibt. Eines der Dinge, die ich an seinen Songtexten am meisten liebe, ist ihre emotionale Komplexität und wir sehen diese emotionale Komplexität auch in seiner Schauspielerei. Der Charakter, den er in Bad spielt, wird von vielen verschiedenen Kräften bedrängt und als Schauspieler übermittelt er das so subtil und gut.


    Seine Rolle ist ein kluges Kind aus der Innenstadt, das sich gut gemacht hat und ein Stipendium für eine angesehene Privatschule erworben hat und der Film beginnt mit ihm in der Privatschule, wie er versucht, diese andere Welt zu bewältigen, die ihn als so etwas wie einen Außenseiter sieht. Dann sehen wir, wie er in seine alte
    Nachbarschaft zurückkehrt und versucht, wieder in die Welt, in der er aufgewachsen war, einzutreten und sie zu bewältigen, aber diese Welt scheint ihm auch nicht mehr zu passen. Also sehen wir ihn positioniert zwischen diesen zwei Welten – ganz so, wie Michael Jackson selbst immer zwischen zwei Welten positioniert zu sein schien – und wir können seine inneren Anstrengungen wirklich sehen und fühlen, als er sich durch all das kämpft.


    Joie: Ich stimme der Aussage zu, Willa, dass Michael selbst immer zwischen zwei Welten positioniert zu sein schien. Obwohl ich diesen Vergleich zwischen seinem eigenen Leben und diesem Kurzfilm nie so ganz gezogen habe. Sehr scharfe Beobachtung.


    Willa: Es ist lustig, nicht wahr? Oberflächlich scheint dieses Kind aus der Innenstadt sehr wenig mit einem Superstar wie Michael Jackson gemeinsam zu haben, aber da gibt es einige ziemlich tiefgründige Verbindungen zwischen ihnen, denke ich. Oder vielleicht ist es einfach Teil seiner Fähigkeiten als Schauspieler, dass wir eine Verbindung zwischen ihm und der Figur, die er darstellt, fühlen.


    Joie: Aber weißt du, die wirklich interessante Sache an diesem Video ist, dass die Handlung des Kurzfilms tatsächlich auf einer wahren Geschichte beruht. In der Tat war Michael sehr bedacht darauf, sich die Handlung des Videos nicht als Verdienst anrechnen zu lassen, wie wir während eines aufgenommenen Interviews für das
    Ebony/Jet Magazine damals im Jahre 1987 gesehen haben. Michael erzählte dem Interviewer, dass sie die Geschichte von einem tatsächlichen Vorfall übernommen haben, über den in Time oder dem Newsweek Magazin berichtet wurde, bei dem ein junger schwarzer Junge aus dem Ghetto namens Daryl ins Hinterland auf eine
    Privatschule weggeht, mit der Absicht, sein Leben zu verbessern und als er zu den Thanksgiving-Ferien nach Hause zurückkam, wurden seine alten Freunde, die im Ghetto zurückgeblieben waren, so neidisch auf ihn und sahen ihn plötzlich als einen Außenseiter, sodass sie ihn tatsächlich getötet haben. Also, noch einmal sehen wir ihn seine Kunst nutzen, um Aufmerksamkeit auf die sozialen Missstände zu lenken, die uns plagen.


    Willa: Oh, ich bin froh, dass du das mitgeteilt hast, Joie, denn ich hatte die Geschichte komplett falsch verstanden. Ich dachte, die wirkliche Geschichte hinter dem Drehbuch wäre, dass seine alten Freunde ihn überredet hätten, sie bei einem Raubzug zu begleiten und er dann während dieses Raubzugs getötet wurde.


    Aber was wirklich interessant für mich daran, wie das Drehbuch die tatsächliche Geschichte abändert, ist, dass es da keine bösen Jungs gibt. Wie du sagst, er benutzt seine Videos und längeren Filme oft, um Aufmerksamkeit auf soziale Missstände zu lenken, aber er zwingt uns auch, dann über diese sozialen Missstände in komplexeren Hinsichten nachzudenken. Es ist sehr leicht zu sagen, das Problem von Ganggewalt ist einfach, dass da all diese bösen Ganoven in Gangs rumlaufen. Aber wie uns Bad zeigt, mögen diese Jungs hart sprechen und die Rolle von Ganoven spielen - „Möchtegern-Schlägertypen“ wie du sie vor einigen Wochen genannt hast, Joie – aber sie sind nicht gemein oder böse. Sie sind einfach junge Männer, die versuchen sich selbst zu beweisen und sich selbst in einer harschen Umgebung zu schützen.


    Gleichzeitig ist es sehr einfach ebenso zum entgegengesetzten Extrem zu gelangen – von einer Position der strengen Verurteilung dieser jungen Männer zu einer Position moralischen Relativismus – und zu sagen, wir sind alle das Produkt von sozialen Kräften, also gibt es da so etwas wie freien Willen nicht wirklich oder so etwas wie richtig und falsch. Und Michael Jackson weist auch das zurück. Wie er zu diesen Möchtegern-Gangmitgliedern singt, „Ihr handelt falsch / Ich werde euch wegsperren, ehe ihr es zu lang macht“. Und in dem langen Call-and-Response am Schluss sagt er ihnen, dass wenn sie den Unterschied zwischen richtig und falsch nicht wissen, sie es herausfinden müssen:


    Frag deinen Bruder
    Frag deine Mutter
    Frag deine Schwester
    Frag mich
    Denn du handelst falsch


    Also, während er es ablehnt, sie zu verurteilen, besteht er dennoch darauf, dass sie eine Wahl zwischen richtig und falsch treffen müssen und er besteht darauf, dass ihre Entscheidung von Bedeutung ist.


    Joie: Und ich denke, das ist eine Botschaft, die er uns wiederholt zu übermitteln versuchte, Willa. Dass unsere Entscheidungen eine Rolle spielen. Ob wir über Rassismus, wie in Black or White, sprechen oder über Prostitution, wie im Kurzfilm Who Is It,oder über Ganggewalt und Innenstadt-Krawall, wie in diesem Video. Wir haben immer eine Wahl im Leben – egal, wie die Umstände seien mögen – und unsere Entscheidungen sind wichtig; sie formen das Ergebnis unserer Leben.


    Willa: Das ist ein wirklich wichtiger Punkt, Joie. Du hast recht – wir können die Umstände, in die wir geboren wurden, oder viele der Dinge, die uns widerfahren, nicht kontrollieren, aber wir können kontrollieren, wie wir auf diese Umstände antworten und diese Entscheidungen sind von Bedeutung. Wie er so schön in Much
    Too Soon
    des Michael Albums singt,


    Ich hoffe nun eine Veränderung zum Besseren zu machen
    Niemals Schicksal meine Seele kontrollieren zu lassen


    Wir können das Schicksal nicht kontrollieren, aber das bedeutet nicht, dass wir das Schicksal uns kontrollieren lassen müssen.


    Joie: Und ich denke, das ist die zentrale Botschaft des Bad Kurzfilms, Willa.


    Also, nächste Woche werden Willa und ich eine zehnwöchige Sommerpause beginnen. Es ist die Zeit des Jahres, in der alle fleißig einen Vorteil aus dem schönen Wetter ziehen und etwas dringend nötige Ruhe und Erholung mit ihren Familien genießen und Willa und ich haben beide einige bevorstehende Reisepläne, also, es ist Zeit für Sommerurlaub. Aber das bedeutet nicht, dass wir vorhaben euch auf dem Trockenen sitzen zu lassen! Wir haben beschlossen, über die nächsten zehn Wochen nochmals auf einige unserer liebsten Blogposts zurückzukommen und wir sind deswegen tatsächlich richtig aufgeregt. Wir haben sehr viel Zeit damit verbracht über unsere Unterhaltungen zu gehen und zu entscheiden, welche wir „wiederholen“ und ich denke, wir waren ein bisschen überrascht, als unsere Auswahl perfekt
    übereinstimmte.


    Willa: Obwohl, wenn ich zurückblicke, ist es vielleicht nicht so überraschend, Joie. Wir haben herausgefunden, dass, während es wichtig ist, manchmal auf größere kulturelle Themen zu blicken, solche wie Vorurteile über Rasse, Geschlecht und Sexualität, das, was uns wirklich nährt, Michael Jacksons Kunst ist – seine Songs,
    seine Videos, seine Stimme. Das ist nicht zu überraschend! Also für die nächsten zehn Wochen werden wir uns in einige Blogposts aus dem gesamten Jahr kuscheln und einen genauen Blick auf seine Kunst werfen. Und der Kommentarbereich wird noch offen sein, also wir hoffen, dass ihr euch zu uns gesellt, wenn wir auf einige seiner Songs und Videos zurückkommen, und beim zweiten Mal vielleicht neue Perspektiven in die Unterhaltung einbringt.

    :herz: Michael Jackson - forever the King of Pop. A genre of music. Mainly, a beautiful human being. :herz:
    es ist, was es ist... sagt die liebe


  • Liebe Biba, liebe Lilly :hkuss:


    wollt Euch mal fragen, ob ihr "Dancing with the Elephant" weiter übersetzt :bitte:
    :keinenglisch:
    Ich will nicht drängeln :lg: doch der Block ist echt interessant.
    Das wäre schade, wenn Ihr das nicht fortsetzten würdet :gruppenk:


    :bitte::bitte::bitte::bitte:

    badgirl5st1wvickg.jpg
    Vielen Dank liebes Blümchen!
    "Der Preis des Ruhms kann hoch sein. Ist er den Preis wert?
    Man bedenke, daß man wirklich kein Privatleben mehr hat."

    Michael Jackson (Moonwalk)

  • wollt Euch mal fragen, ob ihr "Dancing with the Elephant" weiter übersetzt

    Aber selbstverständlich!
    Im Moment ist noch Sommerpause, aber sobald Willa und Joie weitermachen (müßte so etwa Anfang bis Mitte September sein), geht's hier auch weiter

    The truth must dazzle gradually
    Or every man be blind
    Emily Dickinson

  • Liebe Lilly :gruß:


    Im Moment ist noch Sommerpause, aber sobald Willa und Joie weitermachen (müßte so etwa Anfang bis Mitte September sein), geht's hier auch weiter


    ich hatte mal im MJFC bei Willa und Joie im Block nachgeschaut, ob vielleicht schon Schluß :traurig2: ist aber die haben doch nach "Who´s Bad" weiter geschrieben, oder bin ich da jetzt auf dem falschen Dampfer :was: Das ist bei uns der letzte Beitrag.


    Liebe Grüße
    Bad Girl :hkuss:

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    Vielen Dank liebes Blümchen!
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  • aber die haben doch nach "Who´s Bad" weiter geschrieben, oder bin ich da jetzt auf dem falschen Dampfer Das ist bei uns der letzte Beitrag.

    Sie wiederholen sozusagen als Pausenfüller oder Sommerlochstopfer nochmal alle Beiträge von Anfang an (Summer Rewind Series), aber etwas Neues ist das nicht. Wir müssen leider noch warten

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    Emily Dickinson

  • :danke: liebe Lilly, für Deine Mitteilung.
    Na denn warten :bored::aha::ungeduldig::flöt::wäh: wir eben mal ab. Sommer ist ja eh bald rum.

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  • der Journalist war nicht nur verblüfft darüber, warum so viele Frauen Michael und seine maskulinen, androgynen und femininen Aspekte so sexuell anziehend fanden, er war eindeutig beunruhigt darüber.


    Würde mal sagen, das war Sinn und Zweck der Übung: Beunruhigung !!!!! :stern::umfall:

    „Bitte sei schwarz, Michael, oder weiß oder schwul oder hetero, Vater oder Mutter, Vater für Kinder, nicht selbst ein Kind, sodass wir zumindest wissen, wie unsere liberale (In)toleranz zu regeln ist.“


    Ja, er hat unsere gesamte Wahrnehmung auf den Kopf gestellt !!

    und die USA haben eine lange beunruhigende Geschichte im „Kriminalisieren“ erfolgreicher schwarzer Männer. Und er war der erfolgreichste schwarze amerikanische Mann überhaupt. Also war er eine riesige Zielscheibe – für die Polizei, die Klatschblätter, die Kritiken, für jeden – und ich denke, er war sich dessen sehr bewusst.


    Aber und wie........

    In der paranoiden, pornographischen Sichtweise der extremen Rechten, deren perverses Geistesleben es verdient von einem Freud analysiert zu werden, steht Jackson für eine Provokation und Bedrohung „amerikanischer Werte“.


    Vor Allem für Männer war er eine ungeheure Bedrohung. :huch1:



    Ich hoffe nun eine Veränderung zum Besseren zu machen
    Niemals Schicksal meine Seele kontrollieren zu lassen


    Auch eine meiner absoluten Lieblingsstellen :ak::loveyou:

    You were the rhythm,
    You were the sound of a crescendo,
    You showed us Heaven and Light,
    you faced the fear.


  • Es geht weiter! Welcome back Joie und Willa!
    In der Hauptrolle Michael mit Joe Vogel
    22/08/2012


    Joie: Wie viele von euch wissen, hat unser Freund Joe Vogel gerade ein neues Buch mit dem Titel Featuring Michael Jackson (In der Hauptrolle Michael Jackson) veröffentlicht. Ich habe kürzlich eine Besprechung darüber auf der MJFC Website gepostet. Es ist eine Sammlung von Joes verschiedenen Artikeln und Essays über den King of Pop, und Willa und ich sind erfreut, dass er einer Diskussion mit uns darüber zugestimmt hat.


    Also Joe, dieses neue Buch ist eine Sammlung von Artikeln, die du geschrieben hast, seit Michael 2009 von uns gegangen ist. Warum hast du dich entschieden, nur nach seinem Tod geschriebene Artikel zusammenzustellen?


    Joe: Ich nehme an, die eine Ausnahme davon ist das Bonuskapitel über Michaels Kindheit, das ein Teil des Originalmanuskriptes für Man in the Music war. Wir haben es letztendlich gekürzt, da das Buch sich auf MJ’s Karriere als Solokünstler konzentrierte. Als ich Man in the Music beendet hatte (oder zumindest den größten Teil der Recherche und der Schreibphase), konnte ich zurückgehen und einige Gebiete untersuchen, wie ich es nicht konnte, als ich für das Buch gearbeitet habe. Einige davon waren durch einen Auftrag zustande gekommen (z.B. das Stück für PopMatters über das Dangerous Album oder das Stück für Atlantic über Rasse), einige waren inspiriert durch neue Veröffentlichungen (z.B. die Stücke über Hollywood Tonight und Don’t Be Messin’ Round), und einige waren einfach das Ergebnis von Unterhaltungen mit Leuten, die mit Michael zusammengearbeitet haben. Also in Wirklichkeit war es einfach so, dass ich alle auf Michael bezogenen Arbeiten in einem Buch zusammengefasst habe, die nach Man in the Music entstanden sind.


    Willa: Ich bin froh, dass du das Bonuskapitel erwähnt hast, Joe, denn ich habe gehofft, mit dir darüber zu reden. Es ist einfach ein Herzensbrecher. Es fängt wirklich die Schmerzlichkeit von Michael Jacksons Kindheit ein. Einerseits liebte er, was er tat – die Musik und das Tanzen und Auftreten. Wie du jedoch in diesem Kapitel zitierst „Das waren traurige, traurige Jahre für mich.“ Wir sehen dasselbe Paradoxon in den Songs selbst, die er zu jener Zeit aufnahm. Sie sind so geschliffen und perfekt, weißt du, es muss eine akribische Arbeit für ihn gewesen sein, sie fertig zu stellen. Wenn du sie dir jedoch anhörst, klingen sie so frisch und spontan – sie schäumen über vor reiner Freude. Du hast ein Zitat von Nelson George einbezogen, das dies so gut beschreibt:


    Vierzig Jahre später … springt Michaels Ausgelassenheit immer noch aus deinen Lautsprechern heraus. Trotz all der Arbeit, die offensichtlich in die Entstehung dieses Gesangs geflossen ist, klingt Michael immer noch, als wäre er direkt vom Spielplatz ins Studio gegangen.


    Das ist solch eine bittersüße Art seine Musik zu beschreiben, denn natürlich war es ihm kaum möglich, auf einem Spielplatz zu spielen, und er spürte dieses Fehlen so tief. Es ist, als ob er die Dinge, die er sich am meisten wünschte im Leben – die Dinge, die in seinem wirklichen Leben fehlten – auf magische Weise mit seiner Stimme heraufbeschwor, und sie wurden gegenwärtig in seinem imaginären Leben – einem imaginären Leben, in das wir alle eintreten und an dem wir teilhaben, wenn wir seinen Songs zuhören. Und ich frage mich irgendwie, ob die Tatsache, dass er sich Dinge so sehr wünschte – Liebe, Mitgefühl, die einfache Freiheit zu spielen und ein Kind zu sein – das ist, was sie in seiner Stimme so lebhaft gegenwärtig macht.


    Joe: Das sehe ich auch so, Willa. Ich habe immer gedacht, dass eine von Michaels größten Gaben seine Fähigkeit ist, die vollständige Skala der menschlichen Gefühle auszudrücken. Es gibt da einige Künstler, die brillant darin sind, ein Ende des Spektrums zu zeigen (Kurt Cobain zum Beispiel), aber Michael kann dich vom Rand der Verzweiflung zur erhebenden, seelenbelebenden Freude bringen. Ich denke, seine Solowerke haben mehr Gewicht und Nuancen und Schattierungen, aber sogar in den Motown Songs, denke ich, du hast Recht, dass er sich selbst in diese Worte und Emotionen hineindenkt (indem er die Erfahrungen nutzt, aus denen er sie ziehen kann), und seine stimmliche Darbietung reflektiert das. Er ahmt seine Helden nicht einfach nach, wie einige Kritiker gesagt haben. Er interpretiert sie und drückt sich selbst aus. In so vielen seiner frühen Songs ist da ein Gefühl von Melancholie und Sehnsucht (Music and Me, With a Child’s Heart, Maybe Tomorrow, Ben). Jedoch ist da auch eine Ausgelassenheit und Vitalität und Anmut.


    Willa: Ganz genau.


    Joe: Er ist in dieser Hinsicht Chaplin sehr ähnlich, obwohl Michael in meinen Augen sogar auf einem noch tieferen Level kommuniziert.


    Joie: Ich mag die Art, wie du das ausdrückst, Joe. Da ist ein Mix aus „Melancholie und Sehnsucht“ in vielen jener frühen Aufnahmen und es lässt mich jedes Mal fragen, aus welchen Erfahrungen er das zog? Er war so jung zu der Zeit, was hatte er denn schon wirklich erlebt? Wie konnte er so viel Gefühl in diese Songs legen? Ich muss dabei an Smokey Robinsons Kommentar über seinen Song Who’s Lovin‘ You denken, den Michael gecovert hat. Er fragte dieselben Fragen, als er Michael das erste Mal den Song singen hörte.


    „Dieser Song handelt von jemandem, der jemanden hat, der ihn geliebt hat, aber … sie behandelten sich so schlecht, dass sie sich verloren hatten … Wie sollte es für ihn möglich sein, diese Dinge zu kennen? … Ich habe nicht geglaubt, dass jemand, der so jung ist, so viel Gefühl und Seele und Wissen haben kann. Wissen. Er hat sehr viel Wissen. Er musste etwas wissen, um diesen Song so zu singen.“


    Weißt du, man hört immer diese alten Motown Größen über den jungen Michael reden und sie beschreiben ihn durchgehend als eine „alte Seele“, weil er diese erstaunliche Fähigkeit besaß, in seine stimmliche Darbietung so viel Emotion und Empfindungen einfließen zu lassen. Empfindungen, mit denen er ganz offensichtlich seiner Zeit voraus war.


    Willa: Jermaine Jackson sagt das auch in You are not alone und geht noch weiter, indem er sagt, dass er wie eine Art Benjamin Button war – dass er „alt“ war als Kind und später „jünger“ wurde, als er versuchte, die Kindheit zu erfahren, die er nie hatte.


    Joie: Aber, ich möchte auf etwas zurückkommen, das du gerade angesprochen hast, Joe. Du erwähntest Kurt Cobain als jemanden, der brillant darin ist, ein Ende des emotionalen Spektrums zu untersuchen, und das weckt in mir den Wunsch, über einen der Artikel in Featuring Michael Jackson zu sprechen. Dein Stück aus PopMatters, in dem du das Dangerous Album mit Nirvanas Nevermind vergleichst, ist vollkommen genial.


    Willa: Da stimme ich zu.

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    Einmal editiert, zuletzt von Lilly ()