Ich glaub jetzt nicht unbedingt, dass Janet irgendwie andeuten wollte, dass Michael selbst schuld an dem ganzen ist. Auch wenn sie sich, wie ich ja schon sagte, extrem unglücklich ausgedrückt hat.
Ich kenne die Familie nicht und weiß nicht, was Schein und was Sein ist. Fakt ist aber, dass diese Familie durchaus immer einen Hang dazu hatte, gut dazustehen. Es wurde ja von Anfang an, auch in den Motownjahren, immer das Bild der heilen Familie gezeichnet, die zusammenhält und wo es sowas wie Eifersucht und Streit kaum gibt. Katherine hält noch heute diesen schönen Schein aufrecht, was ebenfalls leider auf Michaels Kosten geht, denn sie stellt ihn als Lügner da wenn sie sagt, dass Joe die Kinder nie geschlagen hat (obwohl Joe das ja lange selbst zugegeben hat). Joe will seine Fehler heute noch nicht einsehen.
Wie gesagt, dass Michael ein Tablettenproblem hatte, das darf und soll nicht bestritten werden. Aber man sollte es nicht unbedingt so breit treten wie Janet und Rebbie das getan haben. Dass sie damit seinem Andenken schaden können, müsste ihnen eigentlich klar sein. Mit ihren Interviews ist weder Michael, noch sonst irgendwem geholfen. Außer vielleicht Murray's Verteidigern. Auch wenn die ohnehin diese Schiene gefahren wären. Aber man muss ihnen ja nicht noch Rückenwind geben.
Ich sage nicht mal, dass Janet lügt. Möglicherweise hat die Familie das eine oder Andere mal wirklich versucht, Michael dazu zu bringen, endlich von den Tabletten loszukommen. Aber es so auszudrücken, dass jeder Außenstehende es so verstehen muss, dass Michael ein Junkie und ein hoffnungsloser Fall war, halte ich für überaus gewagt. Natürlich entwickelt der Körper irgendwann eine Toleranz und man verträgt mehr als andere Menschen. Uns hätte vermutlich schon der Medikamentencocktail getötet, den Murray Michael vorher verabreicht hat. Aber Michael ist tot und das wiederrum zeigt nur, was ohnehin klar ist. Auch der Körper hat irgendwann eine Toleranzgrenze erreicht, egal wie viel man gewöhnt ist. Auch ein Alkoholiker kann sich tot saufen, obwohl er mehr verträgt als wir alle. Auch ein Drogenabhängiger kann den "goldenen Schuss" erwischen, obwohl der bei ihm sicherlich höher dosiert sein muss, als bei uns.
Hätte Michael über Jahre und Jahrzehnte hinweg regelmäßig Medikamente in hohen Dosen zu sich genommen, dann hätte sich das schon wesentlich früher gerächt. Dann hätte man das bei seiner Autopsie gefunden. Wenn man einen Alkoholiker nach seinem Tod untersucht und die Leber heraus holt, dann sieht man die Zeichen seiner Exzesse auch. Michael aber scheint für einen 50-jährigen Mann in einer recht "normalen" Verfassung gewesen zu sein. Nicht in der eines hoffnungslos verlorenen Junkies, der bei der nächst besten Gelegenheit tot umgefallen wäre. Er hatte sicher Phasen, in denen sein Medikamentenkonsum ungesunde Ausmaße angenommen hat. Ausmaße, von denen wir sicherlich nichts wissen wollen. Es gab sicher Situationen in seinem Leben, bei denen es besser ist, dass wir sie nicht kennen. Es gab möglicherweise Abgründe, von denen wir nichts wissen wollen. Aber Abgründe hat jeder Mensch. Abgründe, von denen Andere besser nichts wissen sollten. Jeder Mensch hat Kämpfe in seinem Leben durchzustehen, die er nur mit irgendeiner Form von gelegentlicher "Flucht" überstehen kann. Die einen trinken, die Anderen greifen zu Drogen, wieder Andere zu Medikamenten. Der Eine beginnt vielleicht, sich in lebensgefahr zu bringen, um den Kick des Adrenalins zu spüren, der Andere zieht sich vollkommen in eine andere Welt zurück.
Jeder Mensch handelt anders. Die Einen überleben diesen Kampf, die Anderen gehen zu Grunde. Die, die überleben, tragen tiefe Wunden davon, die zu schmerzenden Narben werden und diese Narben bleiben ein Leben lang. Und wenn der Schmerz zu groß wird, dann nimmt ein Mensch nun mal auch mal was, um ihn zu stillen. Wer von uns kann dann aufstehen und diesen Menschen dafür verurteilen, dass er versucht seinen Schmerz zu stillen, den er erdulden muss, weil er einen üblen Kampf hat durchstehen müssen? Michaels Seele war voll von solchen Narben, da bin ich sicher. Sie wurden geschlagen von frühester Kindheit an. Es werfe den ersten Stein der Michael dafür verurteilen kann, dass er ab und zu, wenn es ihm zu viel wurde, fliehen musste. Es werfe den ersten Stein, wer ihn dafür verurteilen kann, dass er sich nicht die einzige Zuflucht nehmen ließ, die er zu haben glaubte. Es war die falsche Zuflucht, es war eine todbringende Zuflucht, aber über Jahre hinweg hat sie ihm geholfen zu (über)leben.
Es hat ihn nicht zu einem schlechteren Menschen gemacht. Es schmälert nicht die Summe der vielen Millionen Dollar, die er gespendet hat. Es ändert nichts daran, dass er durch seinen Einsatz so manches junge Leben gerettet hat (der kleine Junge aus Rumänien und auch Gavin Arvizo zum Beispiel). Es ändert nichts daran, dass er sterbenden Kindern noch einmal ein Lächeln aufs Gesicht zauberte, bevor sie gehen mussten. Es ändert nichts daran, dass er Kindern, die in Waisenhäusern aufwachsen mussten und die kein Geld hatten, einmal einen sorgenfreien Tag bescherte. Es ändert nichts daran, dass er einst in ein Waisenhaus marschiert ist und gesagt hat "Wenn sich hier an den Zuständen nichts ändert, werde ich morgen nicht auftreten". Es ändert nichts daran, dass dieser Mann sein Herzblut gegeben hat, um Andere glücklich zu machen. Es ändert nichts daran, dass er Menschen aus verschiedenen Ländern und Religionen, von verschiedener Kultur und Rasse zusammengeführt hat. Dass sie zu den selben Songs mitsangen. Es ändert nichts daran, dass am 25. Juni 2009 Millionen von Menschen, egal welcher Herkunft, gemeinsam um ihn weinten. Dass Millionen Herzen im selben Takt schlagen und die selbe Trauer, den selben Verlust spüren. Es ändert nichts an der Lücke, die er hinterlassen hat, als er ging. Es ändert nichts an den Tränen von drei Kindern, die ihren geliebten Daddy verloren haben. Es ändert nichts daran, dass die größte Musikikone unserer Zeit, der begnadetste Tänzer und Sänger den es gab, gestorben ist. Es ändert nichts daran, dass ein Mensch, dessen Leben genau so wertvoll war, wie jedes andere Menschen leben, viel zu früh und vollkommen unnötig die Augen für immer geschlossen hat. Es ändert nichts am Menschen und Künstler Michael Jackson! Und es ändert nichts an meiner tiefen Liebe und an meinem tiefen Respekt für und vor diesem Mann!