Joie: Ein weiteres großartiges Beispiel ist der Song Shout. Nun, ich weiß, er ist nicht tatsächlich auf dem Invincible Album, aber er war dafür vorgesehen und verpasste es um Haaresbreite, als es in letzter Minute durch You are my life ersetzt wurde, und es wurde als B-Seite der Cry Single veröffentlicht. Aber ich erwähne es hier, denn es ist ein anderes großartiges Beispiel dafür, wie Michael oftmals die Qualität seiner Stimme benutzt hat, um die Stimmung zu vermitteln und ein Bild zu zeichnen. Bevor er überhaupt damit beginnt, was er sagen will, bekommst du sofort das Gefühl, dass dies ein Song über Empörung und Frustration über die Weltprobleme ist – alles durch die Qualität seiner Stimme. Aber Shout ist auch ein wundervolles Beispiel für seine Fähigkeit, im Staccato zu singen. Etwas, das er besser als die meisten kann und er führt komplexe Rhythmen in perfektem Timing aus. Wir haben ihn dies viele Male tun sehen in der Vergangenheit bei Songs wie Jam und Tabloid Junkie. Es ist fast, als würde er rappen, und er ist wirklich gut darin. Du weißt, ich habe ihn einmal in einem Interview sagen hören, dass er nicht sehr überzeugt sei von seinen Qualitäten als Rapper, aber ich denke, dieser Song zeigt, dass er deswegen nicht so große Bedenken haben sollte. Ich sage nicht, dass er auf irgendeine Weise naturgemäß ein Rapper war, aber ich glaube, er konnte dem wacker standhalten, und dieser Song beweist das.
Trotzdem, für mich ist 2000 Watts die wahre Enthüllung von Invincible. Für mich gibt es keinen Zweifel, wenn dieser Song auf dem posthumen Album Michael anstatt auf Invincible veröffentlicht worden wäre, dann hätte es von den Fans einen wütenden Aufschrei gegeben, die darauf bestanden hätten, er würde den Song nicht singen. Es gab jahrelang wilde Spekulationen darüber, ob seine Stimme digital verändert wurde für diesen Song, aber das ist nicht der Fall. Der reichhaltige und überraschend tiefe Bariton auf diesem Track ist Michael (mit Assistenz von Teddy Riley in den Sprechparts) mit seiner natürlichen Stimme – keine digitale Flickschusterei. Und es ist verblüffend! Dies ist einer meiner Für-alle-Zeiten-Lieblingssongs geworden, denn er demonstriert, wie vielseitig begabt, wandlungsfähig und kunstfertig Michael wirklich war mit seinem Instrument – welches seine erstaunliche Stimme ist.
Willa: OK, also jetzt kommt eine peinliche Geschichte. Ich fuhr im Auto, als ich gerade das erste Mal Invincible hörte – ich hatte die CD gekauft, packte sie aus, während ich zu meinem Van ging, schob sie in die Anlage im Auto und hörte sie an, während ich nach Hause fuhr. So fahre ich und höre zu, 2000 Watts kommt, und da singt dieser Typ ein ziemlich tiefes Intro. Ich warte darauf, dass Michael Jackson mit seinem Tenorpart anfängt, aber das Intro dauert eine wirklich lange Zeit. Und dann ist der Song vorbei. Also dachte ich, oh, ich muss beim Fahren abgelenkt gewesen sein und den Hauptteil des Songs verpasst haben, so drücke ich den Replay-Knopf. Der Song fängt wieder an, da ist das Intro, mehr Intro, mehr Intro, ich warte darauf, dass der Tenorpart beginnt, er kommt nicht, und dann ist der Song wieder vorbei. Was zum Kuckuck soll das bedeuten? Also bin ich tatsächlich auf den nächsten Parkplatz gefahren, holte das Booklet aus der Hülle und lese „Lead Vocals: Michael Jackson, Background Vocals: Michael Jackson.“ Ich war fassungslos. „Dieser Typ“ singt diesen tiefen „Intro“-Part und ich hatte ihn überhaupt nicht erkannt. Ich konnte es nicht glauben. Michael Jacksons Stimme ist seit 40 Jahren in meinem Kopf, seit ich neun Jahre alt bin. Es gibt Zeiten, da ist mir seine Stimme so vertraut wie meine eigenen Hände. Und ich hatte ihn zweimal 2000 Watts singen hören und ihn nicht erkannt.
Wie du weißt liebe ich seine tiefere Stimme. Seine hohe Stimme, wenn sie rasch nach oben geht, wie sie es manchmal tut, ist so unglaublich schön für mich, und es gibt auf Invincible diese herrlichen hohen Triller, die ich einfach liebe, direkt nach der Bridge/Überleitung in Don’t Walk Away. Aber seine tiefe Stimme macht einfach etwas mit mir. Das erste Mal, dass ich es hörte, war auf Don’t Stop ‚til You Get Enough. Ich war ein Teenager, und der Song war eine Offenbarung. Die Zeile „I’m melting like hot candle wax“ (Ich schmelze wie heißer Kerzenwachs) lässt mich nun seit über 30 Jahren erröten, und seine tiefe Stimme in diesem Song trägt definitiv dazu bei. Es ist so sinnlich.
Joie: Willa, du errötest so leicht! Aber ich weiß, was du meinst. Das tiefe Rumpeln im Hintergrund von Don’t Stop gegen Ende, wo er singt „Don’t stop, Baby… Come on, Baby … Don’t stop, Darling“, - wirklich, wirklich HEISS!!
Willa: Himmel, Joie! Du hast gerade meine Brillengläser beschlagen lassen. Meine Güte! Also, worüber haben wir gesprochen? Ach ja richtig, die erstaunliche aber beunruhigende Stimme in 2000 Watts. Für mich fühlt sich diese Stimme komplett anders an als die tiefe Stimme in Don’t Stop – sie vermittelt eine andere Stimmung und drückt einen anderen Gedanken aus. Wie du gezeigt hast, die Stimme in 2000 Watts klingst zuerst gar nicht nach ihm, und ich frage mich, ob dieser fremdartige Beginn absichtlich so ist.
Es gibt einige wiederkehrende Themen auf Invincible. Eines der Themen ist Sprachlosigkeit, über die wir letzte Woche gesprochen haben – dieser wiederholte Gedanke, dass er nicht fähig ist zu sprechen und auf eine bedeutungsvolle Weise zu kommunizieren, so dass andere ihn verstehen. Ein anderes Thema ist die Entfremdung – dass er dieselbe Person ist, die er immer war, aber wir ihn nicht mehr erkennen. Er ist derselbe, jedoch ist er ein Fremder für uns geworden. Wir finden dieses Thema überall auf Invincible, in allem, vom Album Cover über die Lyrics bis zu seiner Stimme in 2000 Watts. Ich spielte diesen Song ständig in den ersten Tagen, in denen ich Invincible hatte, und ich musste mich buchstäblich trainieren, um die tiefe knurrende Stimme als seine Stimme zu erkennen. Ich hatte das Gefühl, dass dies wirklich wichtig für mich war, denn es war verstörend, seine Stimme zu hören und sie nicht zu erkennen.
Joie: Es ist sehr interessant für mich, dass du das sagst, denn für mich war es nicht so, dass ich seine Stimme nicht erkannt hätte. Tatsächlich war es genau das Gegenteil. Es hörte sich für mich sofort nach Michael an – einfach Michael mit einer eindeutig tieferen Stimme, als wir sie von ihm gewohnt waren, zu hören. Und es funktioniert großartig! Und wie du sagst, ich liebe seine tiefere Stimme. Ich wünsche nur, er hätte sie ein wenig mehr eingesetzt, so dass auch die Welt mitbekommen hätte, was die Fans schon wissen … nämlich die Tatsache, dass er wirklich solch eine wundervolle und abwechslungsreiche Stimme hatte.
Also, wir haben diese Serie mit dem ersten Song auf dem Album begonnen, es passt dazu, dass wir sie beenden mit dem letzten Song auf dem Album, so beschließen wir unsere Invincible Feier mit Threatened. Und weil diese Woche Halloween sein wird, passt die gruselige Art des Songs perfekt!