Beiträge von Lilly

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    Joie: Ein weiteres großartiges Beispiel ist der Song Shout. Nun, ich weiß, er ist nicht tatsächlich auf dem Invincible Album, aber er war dafür vorgesehen und verpasste es um Haaresbreite, als es in letzter Minute durch You are my life ersetzt wurde, und es wurde als B-Seite der Cry Single veröffentlicht. Aber ich erwähne es hier, denn es ist ein anderes großartiges Beispiel dafür, wie Michael oftmals die Qualität seiner Stimme benutzt hat, um die Stimmung zu vermitteln und ein Bild zu zeichnen. Bevor er überhaupt damit beginnt, was er sagen will, bekommst du sofort das Gefühl, dass dies ein Song über Empörung und Frustration über die Weltprobleme ist – alles durch die Qualität seiner Stimme. Aber Shout ist auch ein wundervolles Beispiel für seine Fähigkeit, im Staccato zu singen. Etwas, das er besser als die meisten kann und er führt komplexe Rhythmen in perfektem Timing aus. Wir haben ihn dies viele Male tun sehen in der Vergangenheit bei Songs wie Jam und Tabloid Junkie. Es ist fast, als würde er rappen, und er ist wirklich gut darin. Du weißt, ich habe ihn einmal in einem Interview sagen hören, dass er nicht sehr überzeugt sei von seinen Qualitäten als Rapper, aber ich denke, dieser Song zeigt, dass er deswegen nicht so große Bedenken haben sollte. Ich sage nicht, dass er auf irgendeine Weise naturgemäß ein Rapper war, aber ich glaube, er konnte dem wacker standhalten, und dieser Song beweist das.


    Trotzdem, für mich ist 2000 Watts die wahre Enthüllung von Invincible. Für mich gibt es keinen Zweifel, wenn dieser Song auf dem posthumen Album Michael anstatt auf Invincible veröffentlicht worden wäre, dann hätte es von den Fans einen wütenden Aufschrei gegeben, die darauf bestanden hätten, er würde den Song nicht singen. Es gab jahrelang wilde Spekulationen darüber, ob seine Stimme digital verändert wurde für diesen Song, aber das ist nicht der Fall. Der reichhaltige und überraschend tiefe Bariton auf diesem Track ist Michael (mit Assistenz von Teddy Riley in den Sprechparts) mit seiner natürlichen Stimme – keine digitale Flickschusterei. Und es ist verblüffend! Dies ist einer meiner Für-alle-Zeiten-Lieblingssongs geworden, denn er demonstriert, wie vielseitig begabt, wandlungsfähig und kunstfertig Michael wirklich war mit seinem Instrument – welches seine erstaunliche Stimme ist.


    Willa: OK, also jetzt kommt eine peinliche Geschichte. Ich fuhr im Auto, als ich gerade das erste Mal Invincible hörte – ich hatte die CD gekauft, packte sie aus, während ich zu meinem Van ging, schob sie in die Anlage im Auto und hörte sie an, während ich nach Hause fuhr. So fahre ich und höre zu, 2000 Watts kommt, und da singt dieser Typ ein ziemlich tiefes Intro. Ich warte darauf, dass Michael Jackson mit seinem Tenorpart anfängt, aber das Intro dauert eine wirklich lange Zeit. Und dann ist der Song vorbei. Also dachte ich, oh, ich muss beim Fahren abgelenkt gewesen sein und den Hauptteil des Songs verpasst haben, so drücke ich den Replay-Knopf. Der Song fängt wieder an, da ist das Intro, mehr Intro, mehr Intro, ich warte darauf, dass der Tenorpart beginnt, er kommt nicht, und dann ist der Song wieder vorbei. Was zum Kuckuck soll das bedeuten? Also bin ich tatsächlich auf den nächsten Parkplatz gefahren, holte das Booklet aus der Hülle und lese „Lead Vocals: Michael Jackson, Background Vocals: Michael Jackson.“ Ich war fassungslos. „Dieser Typ“ singt diesen tiefen „Intro“-Part und ich hatte ihn überhaupt nicht erkannt. Ich konnte es nicht glauben. Michael Jacksons Stimme ist seit 40 Jahren in meinem Kopf, seit ich neun Jahre alt bin. Es gibt Zeiten, da ist mir seine Stimme so vertraut wie meine eigenen Hände. Und ich hatte ihn zweimal 2000 Watts singen hören und ihn nicht erkannt.


    Wie du weißt liebe ich seine tiefere Stimme. Seine hohe Stimme, wenn sie rasch nach oben geht, wie sie es manchmal tut, ist so unglaublich schön für mich, und es gibt auf Invincible diese herrlichen hohen Triller, die ich einfach liebe, direkt nach der Bridge/Überleitung in Don’t Walk Away. Aber seine tiefe Stimme macht einfach etwas mit mir. Das erste Mal, dass ich es hörte, war auf Don’t Stop ‚til You Get Enough. Ich war ein Teenager, und der Song war eine Offenbarung. Die Zeile „I’m melting like hot candle wax“ (Ich schmelze wie heißer Kerzenwachs) lässt mich nun seit über 30 Jahren erröten, und seine tiefe Stimme in diesem Song trägt definitiv dazu bei. Es ist so sinnlich.


    Joie: Willa, du errötest so leicht! Aber ich weiß, was du meinst. Das tiefe Rumpeln im Hintergrund von Don’t Stop gegen Ende, wo er singt „Don’t stop, Baby… Come on, Baby … Don’t stop, Darling“, - wirklich, wirklich HEISS!!


    Willa: Himmel, Joie! Du hast gerade meine Brillengläser beschlagen lassen. Meine Güte! Also, worüber haben wir gesprochen? Ach ja richtig, die erstaunliche aber beunruhigende Stimme in 2000 Watts. Für mich fühlt sich diese Stimme komplett anders an als die tiefe Stimme in Don’t Stop – sie vermittelt eine andere Stimmung und drückt einen anderen Gedanken aus. Wie du gezeigt hast, die Stimme in 2000 Watts klingst zuerst gar nicht nach ihm, und ich frage mich, ob dieser fremdartige Beginn absichtlich so ist.


    Es gibt einige wiederkehrende Themen auf Invincible. Eines der Themen ist Sprachlosigkeit, über die wir letzte Woche gesprochen haben – dieser wiederholte Gedanke, dass er nicht fähig ist zu sprechen und auf eine bedeutungsvolle Weise zu kommunizieren, so dass andere ihn verstehen. Ein anderes Thema ist die Entfremdung – dass er dieselbe Person ist, die er immer war, aber wir ihn nicht mehr erkennen. Er ist derselbe, jedoch ist er ein Fremder für uns geworden. Wir finden dieses Thema überall auf Invincible, in allem, vom Album Cover über die Lyrics bis zu seiner Stimme in 2000 Watts. Ich spielte diesen Song ständig in den ersten Tagen, in denen ich Invincible hatte, und ich musste mich buchstäblich trainieren, um die tiefe knurrende Stimme als seine Stimme zu erkennen. Ich hatte das Gefühl, dass dies wirklich wichtig für mich war, denn es war verstörend, seine Stimme zu hören und sie nicht zu erkennen.


    Joie: Es ist sehr interessant für mich, dass du das sagst, denn für mich war es nicht so, dass ich seine Stimme nicht erkannt hätte. Tatsächlich war es genau das Gegenteil. Es hörte sich für mich sofort nach Michael an – einfach Michael mit einer eindeutig tieferen Stimme, als wir sie von ihm gewohnt waren, zu hören. Und es funktioniert großartig! Und wie du sagst, ich liebe seine tiefere Stimme. Ich wünsche nur, er hätte sie ein wenig mehr eingesetzt, so dass auch die Welt mitbekommen hätte, was die Fans schon wissen … nämlich die Tatsache, dass er wirklich solch eine wundervolle und abwechslungsreiche Stimme hatte.



    Also, wir haben diese Serie mit dem ersten Song auf dem Album begonnen, es passt dazu, dass wir sie beenden mit dem letzten Song auf dem Album, so beschließen wir unsere Invincible Feier mit Threatened. Und weil diese Woche Halloween sein wird, passt die gruselige Art des Songs perfekt!



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    Celebrating Invincible – Part 3 – Diese erstaunliche Stimme
    20/10/2011


    Joie: Ich bin Michael Jackson Fan buchstäblich solange ich denken kann. Michael war eine Konstante in meinem Leben seit meinen ersten Erinnerungen im Alter von drei Jahren. Er war einfach immer da. Und ich kann mich erinnern, absolut fasziniert vom Klang seiner Stimme gewesen zu sein. Ich hab’ sehr lebendige Erinnerungen daran, auf dem Fußboden in unserem Haus vor sehr großen Lautsprechern zu sitzen, als ich sieben oder acht Jahre alt war, ein Album Cover in der Hand, während ich konzentriert zuhörte, wie er zu mir sang. Jeden Tag habe ich Stunden dort allein verbracht – nur ich und die Stereoanlage und meine Alben – die Lautstärke so hoch wie es ging, bis mein Vater rufen würde, ich solle sie leiser drehen, bevor die Lautsprecher platzten. Da war einfach irgendetwas in dieser Stimme, das mich gefangen nahm, und ich bin mein ganzes Leben fasziniert geblieben.


    Michael wird immer als musikalisches Genie verehrt; seine elektrisierenden Life Auftritte, seine der Schwerkraft trotzenden Tanzbewegungen und seine astronomischen Verkaufsrekorde werden gepriesen. Aber sehr oft schien seine verblüffende Stimme einen der hinteren Plätze dem allen gegenüber einzunehmen, und das habe ich niemals wirklich verstanden, denn er ist wahrlich einer der am meisten talentierten Sänger, die sich immer an die Regeln gehalten haben, und Invincible ist das perfekte Album, darüber zu sprechen, wenn man seine stimmliche Bandbreite beleuchten will.


    Michaels langjähriger Vocal Coach Seth Riggs erklärte einmal, dass Michael einen außergewöhnlich weiten Stimmumfang hat. Riggs beschreibt ihn als hohen Tenor oder Countertenor mit einem Umfang von 3,6+ Oktaven. E2 bis B5 oder 44 Noten Mitte der 1980er Jahre. Und in den 1990ern sagte Riggs, dass der Umfang sich auf 4 Oktaven ausgedehnt habe, der es ihm erlaubte, einige zusätzliche tiefere Noten zu erreichen, während die höchsten bestehen blieben. Und das war, bevor er Falsett anwandte – eine Technik, die von männlichen Sängern benutzt wird, um Noten zu erreichen, die außerhalb ihres (normalen) Stimmumfangs liegen. Addiere dazu noch die Tatsache, dass Michael außerdem die Fähigkeit besitzt im Staccato zu singen, komplexe Rhythmen in perfektem Timing.


    Nun, ich bin kein Studierender seiner Stimme, keineswegs. Aber was all dieser technische Hokuspokus mir sagt, ist, dass Michael Jackson einen unglaublich vielseitigen Stimmumfang hat und dies mit fortschreitendem Alter immer besser wurde. Und sein umfangreiches Schaffenswerk - Invincible im Besonderen - ist Beweis dafür. In der Tat, das ist die Sache, die ich am meisten an diesem wundervollen, unglaublich unterschätzten Album liebe: die Tatsache, dass es dem Zuhörer die Möglichkeit gibt, Michaels gesamten stimmlichen Umfang zu hören, vom geschmeidigen Falsett in Butterflies bis zum überraschend reichen Bariton in 2000 Watts.


    Willa: Ich bin sicherlich auch kein Experte dafür. Tatsächlich weiß ich nur sehr wenig über technische Aspekte des Singens und der Musik, aber es gibt ein interessantes YouTube video , das einem eine Vorstellung seines Stimmumfangs vermittelt. Und offenbar war diese Bandbreite der Stimme kein Zufall. Ich meine, ein Teil davon war reines angeborenes Talent, wie wir bei Songs hören können, die er als Kind gesungen hat. Ain’t no Sunshine haut mich um. Aber es gibt nur wenige Sänger – speziell Popsänger – die so sachkundig und hingebungsvoll ihre Stimme pflegten und verbesserten.


    Joie: Nein, das war kein Zufall, da hast du Recht. Er arbeitete unermüdlich daran, dieses gottgegebene Talent zu erhalten und zu perfektionieren.


    Willa: Das ist wahr. In den 1980er Jahren gab es die Geschichte in den Medien, er würde in einer Sauerstoffkammer schlafen (dem ersten der vielen Medien-Hoaxes) und jemand befragte seine Schwester Janet darüber. Sie sagte, sie hätte nirgends diese Sauerstoffkammer gesehen, aber wenn er eine benutzen würde, hätte das sicherlich etwas mit seiner Stimme zu tun. Er war einfach fanatisch dabei, seine Stimme zu pflegen. Und Will.i.am erzählt eine Geschichte, wie er mit ihm im Studio gearbeitet hat. Sie hatten gerade einen Song abgeschlossen, entschieden dann aber, dass sie noch ein kleines fünf Sekunden langes Stück seiner Stimme einfügen müssten. Will.i.am sagt, er hätte eine Stunde lang seine Stimme aufgewärmt, damit sie vollkommen „geöffnet“ sei für die Aufnahme der fünf Sekunden. Will.i.am sagt, er konnte es nicht glauben, aber natürlich, während die Aufnahme dieses kleinen Segments weniger als eine Minute Zeit benötigte, würde es doch für ewig Teil dieses Songs sein, und er wollte, dass es einfach bestmöglich wird.


    Und er hatte eine erstaunliche Bandbreite seiner Stimme, nicht nur in der Höhe, sondern genauso auch in der Struktur. Da gibt es Momente, wo seine Stimme für mich so wunderschön klingt, einfach so unglaublich schön. Aber dann gibt es auch noch Privacy, wo seine Stimme ganz und gar nicht schön ist. Tatsächlich ist sie rau und kratzig, fast schroff. Mein Sohn macht Geländelauf, und so klingt seine Stimme nach einem richtig schweren Lauf – wirklich rau und zerrissen. Es erinnert mich an diesen Ausdruck einer „vom Laufen zerrissenen“ Stimme, er ist so schwer gelaufen, bis seine Stimme zerrissen ist. Und so klingt Michael Jacksons Stimme in Privacy, als wäre er vom Wegrennen zerrissen vor der Presse und den Paparazzi. Und natürlich unterstützt das die Bedeutung des Songs. Ich bin immer wieder fasziniert von seinen Ideen und den vielen Techniken, die er nutzt, um seine Gedanken zu vermitteln, und in diesem Fall vermittelt er die Bedeutung nicht nur durch die gesungenen Worte, sondern auch durch die Struktur seiner Stimme, wie er jene Worte singt.


    Joie: Das ist sehr wahr, Willa. Er war wirklich großartig darin, seine Stimme der Übermittlung einer bestimmten Stimmung und einem Gefühl anzupassen. Seine Stimme war wirklich sein Instrument, und er war ein Meister damit. Sein Stimmumfang war so vielseitig und gleichzeitig doch so unverwechselbar. Bei Butterflies zum Beispiel ist seine Stimmausführung so kristallklar und schön, sie gleitet ohne Anstrengung vom weichen Tenor der ersten Strophe zum süßen Falsett, das wir alle in der zweiten Strophe so lieben. Seine Stimme in diesem Song trieb Butterflies mit Hochgeschwindigkeit auf Platz 13 der Billboard Hot 100 Charts und auf Platz 2 der Hot R&B Hip Hop Singles Charts. Und das war alles nur durch das Radio, da Sony sich weigerte, es als offizielle Single zu veröffentlichen. Er wiederholt diesen Tenor mit dem Übergang zum Falsett im nächsten Song Speechless, in dem seine magische Stimme bis in einen aufgebauten Höhepunkt steigt. Aber der a cappella Abschnitt, der das Stück eröffnet, gibt wirklich den reinen, unschuldigen Ton für den ganzen Song an – noch einmal, er nutzt die Qualität seiner Stimme, um die Stimmung, in der er ist, zu vermitteln.


    Willa: Absolut, und das ein ganz tolles Beispiel. Du weißt, man braucht viel Mut, um seine innersten Gefühle so zu offenbaren und ehrlich und verletzlich sein zu lassen, und Michael Jackson hatte diese Art von Mut. Es war eins der Dinge, die mich vor so vielen Jahren zu ihm hingezogen haben, seit ich als kleines Mädchen zum ersten Mal Ben gehört habe, und wir erleben diese Ehrlichkeit und Verletzlichkeit in dem a cappella Intro zu Speechless. Dann beginnen die Geigen und die anderen Instrumente und der Chor und es wird unglaublich opulent und schön. Und dann am Ende nehmen die Instrumente und die Background-Stimmen wieder ab, und er ist allein und wieder emotional schutzlos. Es ist, als nähme er die Maske ab und ließe sich selbst emotional nackt da stehen. Es ist fast zu viel für mich.

    Willa: Es ist wirklich herzzerreißend, und Joie, ich finde, was du gesagt hast, ist so wichtig. Wirklich, ich denke, du legst deinen Finger auf ein entscheidendes Thema auf diesem Album. Ich habe heute Nachmittag all diese Songs über verlorene Liebe auf Invincible gehört und plötzlich fiel mir das immer wiederkehrende Thema auf, dass er unfähig ist, sich auszudrücken – oder auch unfähig überhaupt zu sprechen, oder in einer Art zu sprechen, die etwas bewirken würde. In jedem dieser Songs ist die Rede von einem Missverständnis oder einer anderen Barriere, die das Paar auseinanderbringt oder sie davon abhält, zusammenzukommen. Er will verzweifelt „diese Mauern niederreißen“ (tear down these walls), so dass sie die Wahrheit sehen wird und sie wieder vereint sein werden, aber entweder kann er nicht sprechen oder er findet nicht die richtigen Worte, damit sie ihm zuhört. Der Titelsong Invincible beginnt mit diesen Zeilen:


    Wenn ich diese Mauern niederreißen könnte, die dich und mich trennen
    Ich weiß, ich könnte dein Herz wiedererlangen und unsere vollkommene Liebe würde beginnen


    Aber entweder er kann sich nicht in einer Art ausdrücken, die sie versteht oder sie hört ganz einfach nicht zu:


    Nun habe ich dir schon viele Male von all den Dingen erzählt, die ich tun würde,
    Aber wie es aussieht, kann ich dich nicht erreichen, so sehr ich es auch versuche


    Er erzählt uns dies wiederholt im Refrain „Sogar wenn ich bitte und bettele, sie ist unbesiegbar (unerbittlich?)“, was genau das bestätigt, was du gesagt hast: „Wie immer bei der allgemeinen Öffentlichkeit, traf seine Bitte auf taube Ohren“.


    Wir sehen eine ähnliche Situation in Butterflies. Er versucht, eine Frau für sich zu gewinnen, aber er kann nicht sprechen, und sie hört auch gar nicht zu. Es beginnt mit diesen Zeilen:


    Alles was du tust ist wegzugehen und mich zurückzulassen
    Mein Lächeln nicht anzuerkennen, wenn ich versuche, Hallo zu dir zu sagen
    Und alles was du tust, ist meine Anrufe nicht zu beantworten
    Wenn ich versuche dich zu erreichen
    Das lässt mich weiter fragen warum, und alles was ich tun kann ist seufzen


    Also noch mal, er kann seine Gedanken und Gefühle ihr gegenüber nicht ausdrücken – „alles was ich tun kann ist seufzen“. Wie du vorher schon bemerkt hast, beginnt Don’t Walk Away mit diesen Zeilen:


    Geh nicht weg
    Sieh, ich weiß einfach nicht, wie ich es richtig ausdrücken soll
    Ich hab es versucht, aber mein Schmerz steht mir immer im Weg
    Sag mir, was muss ich tun, damit du bleibst,
    Soll ich auf die Knie gehen und beten


    Dieses Mal kann er sprechen, aber nicht auf eine Art, die sie versteht – „Ich weiß einfach nicht, wie ich es richtig ausdrücken soll“ – also betet er stattdessen leise.


    Er wiederholt diesen Gedanken in Whatever happens, ein wahrhaft schöner Song, den ich einfach liebe. (Ich spielte diesen Song immer wieder und wieder, während ich M Poetica schrieb. Dieses Buch zu schreiben brachte mich wirklich an einige dunkle und unbequeme Orte, und dieser Song half mir dadurch. Ich spielte einfach immer wieder diesen wunderbaren Refrain – „Was immer auch passiert, lass meine Hand nicht los“ – und er singt es so schön.) Whatever happens erzählt die Geschichte eines Paares, das durch schwierige Umstände in seinem Leben auseinandergerissen wurde, und wieder einmal sind seine gesprochenen Worte wirkungslos. Alles was er tun kann, ist beten – mit anderen Worten zu einer höheren Macht zu sprechen, da er nicht mit ihr reden kann – und hoffen, dass seine Botschaft sie auf diesem Weg erreicht.


    Alles wird in Ordnung sein, versichert er ihr
    Aber sie hört nicht ein Wort, das er sagt
    Geistesabwesend, sie fürchtet sich …
    Er weiß nicht was er sagen soll, also betet er
    Was immer auch passiert, lass meine Hand nicht los


    Immer und immer wieder in diesen Songs sehen wir dieselbe Situation des Protagonisten, der unfähig ist, Verbindung zu der Frau, die er liebt, zu erlangen, weil er nicht sprechen kann und sie ihn nicht hören kann – was genau seine Beziehung zur Öffentlichkeit zu jener Zeit beschreibt. Er „weiß nicht die richtigen Worte zu sagen“ und „sie hört kein Wort von dem, was er sagt“. Das ist ziemlich ironisch, denn er ist ein erstaunlicher Songschreiber, und es ist überhaupt nicht so, dass er sich nicht ausdrücken kann. In der Tat ist es so, dass er sehr wortgewandt dabei ist, seine Sprachlosigkeit zu beschreiben. Allerdings spielt es auch gar keine Rolle, wie eloquent er ist, wenn sein Publikum ihm nicht zuhört oder alles, was er sagt, falsch interpretiert.


    Und dann, mitten zwischen all diesen Songs des stummen Leidens, ist da Speechless, ein wunderschöner Ausdruck von Liebe und Freude. Der gesamte Song handelt von seiner Unfähigkeit zu sprechen – wie der Titel schon sagt, er ist „sprachlos“ – aber dieses Mal ist es etwas komplett Anderes. Er ist sprachlos vor Freude. Und obwohl er sprachlos ist, versteht sie ihn und liebt ihn sowieso.


    Joie: Willa, ich bin sprachlos! Bis zu dieser Unterhaltung hab’ ich dem gar keine Beachtung geschenkt, dass das so viele Songs auf diesem erstaunlichen Album sind, die in das Schema der parallelen Geschichten passen – ein Mann und seine Geliebte / Michael und sein Publikum. Oder die dieses wiederkehrende Thema haben, nicht fähig zu sein, mit der Person, die man liebt, kommunizieren zu können (oder sich mit seinem Publikum zu verbinden). Nun muss ich noch mal von vorne anfangen und all diese Songs mit ganz neuen Ohren hören!


    Aber, ich liebe, was du über Speechless sagst und ich glaube, hier gibt es einen anderen Grund für seine Sprachlosigkeit, denn, wieder einmal ist hier sein Zielpublikum ein anderes. Zuerst einmal, ich glaube ganz sicher, dass dieser Song nicht von einer romantischen Beziehung handelt, sondern über das Wertvollste in Michaels Leben – seine Kinder. Also, das ist die erste Geschichte hier. Aber parallel dazu, die metaphorische Geschichte ist, dass er zu einem ganz speziellen Publikum spricht. Jene spezielle Gruppe von Menschen, die mit ihm durch Dick und Dünn gegangen sind; die Millionen von Menschen, deren Unterstützung und Liebe ihn auch umgeben haben, wenn die Dinge hässlich wurden. Er spricht hier zu seinen Fans, und er ist dermaßen bewegt von ihrer tiefen Liebe, dass er nicht sprechen kann. Das ist der Grund dafür, dass sie ihn sowieso versteht – weil sie (die Fans) ihn wirklich bedingungslos liebt / lieben, und dies immer getan haben. Sie versteht, was er fühlt, obwohl er das nicht in Worte fassen kann.


    Willa: Weißt du, wenn du das Gefühl hast, Speechless sei ein Song über seine Kinder, das erinnert mich an etwas, was Randy Taraborrelli in seiner Biographie geschrieben hat. Er führte ein Telefoninterview mit Michael, glaube ich, und Michael Jackson erzählte ihm, dass Speechless zu ihm kam, während er mit einer Gruppe von Kindern spielte. Und natürlich, Kinder sind annehmender als Erwachsene. Sie müssen nicht immer alles mit Worten erklärt bekommen – eine Umarmung funktioniert auch. Also thematisch passt das auch.


    Joie: Gut, ich liebe diesen ganzen Monat des Invincible Feierns und ich hoffe, die anderen auch. Nächste Woche werden wir über Michael Jacksons stimmliche Bandbreite reden und darüber, dass ihm oft nicht die Würdigung zuteil wurde dafür, was für ein wahrhaft talentierter Sänger er war – etwas, was das Invincible Album perfekt beleuchtet!



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    Celebrating Invincible – Part 2
    13/10/2011


    Willa: Vor einigen Wochen besuchte Pamela unseren Blog und postete diesen Kommentar:


    Ich glaube, immer wenn Michael einen Song über eine Frau schrieb, dann meinte er mit der Frau uns, die Fans. Ich denke, er verstand die Liebesbeziehung, die wir füreinander hatten (die Fans und Michael) … Ich fühlte, er sah uns, die Fans, als einzelne Beziehung, und das war seine Inspiration. Wenn du seine Songs verfolgst kannst du begleitend zu den wichtigen Vorkommnissen in seinem Leben die Gefühle, über die er schreibt, dahingehend verfolgen, wie er in jener Zeit über die Gefühle der Fans ihm gegenüber dachte.


    Ich finde, dies drückt sehr schön das aus, was Joie und ich genauso gefühlt haben: dass Michael Jacksons Liebeslieder als Romanze mit einer Frau interpretiert werden können, aber auch metaphorisch die fortlaufende „Liebesaffäre“ zwischen ihm und seinem Publikum beschreiben.Wenn man es auf diese Art sieht, dann fällt es auf, dass Invincible so viele Songs über unerwiderte und nachlassende Liebe enthält. Von Heartbreaker und Invincible in der donnernden Eröffnungstrilogie mit ihren Geschichten über kaltherzige Frauen, die sich nicht um ihn kümmern oder die ihm keine Chance geben bis hin zu dem lyrischen Don’t Walk Away und Whatever happens und ihrer schmerzlichen Darstellung einer schwierigen, nachlassenden Liebesbeziehung, Invincible ist voll von Songs unerfüllter Liebe.


    Joie: Willa, du weißt, bevor ich M Poetica gelesen habe, habe ich niemals wirklich viel Zeit damit verbracht, über Michaels Liebeslieder in Bezug auf seine Beziehung zu seinen Fans nachzudenken. Ich meine, es war immer irgendwie einfach da, unter der Oberfläche. Aber ich habe niemals vorher in dieser Tiefe darüber nachgedacht, bevor du und ich seine Arbeiten in dieser ernsthaften Art diskutiert haben. Und nun, da ich mich immer mehr darauf konzentriere, ist es erstaunlich, wie es dich geradezu anspringt.


    Zum Beispiel, wenn du Don’t Walk Away zuhörst, dieser Text trifft mich teilweise als dermaßen bedeutungsvoll, wenn man ihn durch diese Linse von Michael und seinem Publikum betrachtet:


    Geh nicht weg
    Sieh, ich weiß einfach nicht, wie ich es richtig ausdrücken soll
    Ich hab es versucht, aber mein Schmerz steht mir immer im Weg
    Sag mir, was muss ich tun, damit du bleibst,
    Soll ich auf die Knie gehen und beten
    Wie kann ich es stoppen, dich zu verlieren
    Und wie kann ich anfangen, zu bleiben
    Wenn nichts mehr bleibt, als zu gehen
    Ich schließe meine Augen
    Es einfach zu versuchen und dich noch ein weiteres Mal lächeln zu sehen
    Aber es ist so lange her, nun kann ich nur noch weinen
    Können wir nicht ein wenig Liebe finden, um dies wegzunehmen
    Denn der Schmerz wird jeden Tag stärker


    Es ist, als würde er uns – das Publikum – bitten, ihm zu erzählen, wie er es in Ordnung bringen soll. Er fragt uns nicht, was schiefgelaufen ist; er ist sich der Probleme bewusst, die diese Beziehung über die Jahre austragen musste. Aber er möchte es nicht zu Ende gehen lassen. Diese Beziehung ist sehr wichtig für ihn, und er will daran arbeiten: „Kannst du nicht sehen, ich will nicht weggehen“, singt er. Er muss nur wissen, wie er es machen soll. Er findet es so nicht heraus, er fragt uns. „Wie kann ich es stoppen, dich zu verlieren?“


    Willa: Oh Himmel, Joie, diese Zeilen sind so herzzerreißend für mich, besonders jene letzte „Denn der Schmerz wird jeden Tag stärker“. Und für mich ist es keine Entweder-Oder-Entscheidung von ‚Er spricht über eine Romanze‘ oder ‚Er spricht über sein Publikum‘ – es ist beides, gleichzeitig. Es funktioniert als Geschichte über eine nachlassende Liebesbeziehung mit einer Frau und als die schwierige „Liebesbeziehung“, die er mit uns, seinem Publikum hat, wie Pamela es beschreibt.


    Und als er singt „Wie soll ich das verstehen … warum sind alle meine Träume zerbrochen?“ Ich kann mir nicht helfen, aber ich denke an die Nachwirkungen der Anschuldigungen 1993 und wie zerstörerisch das war, für beide, für ihn persönlich und für seine Beziehung zu seinem Publikum. Ich kann mir vorstellen, dass es viele Zeiten gab, in denen er das Gefühl hatte, dass die Dinge so schlimm geworden sind, dass ihm wirklich „nichts mehr übrig blieb, als zu gehen“. Aber er tat es nicht. Er hat weiter versucht, dass es funktioniert.


    Joie: Es zerbricht mir einfach das Herz! Und was es in meinen Gedanken so schmerzlich macht sind diese Zeilen: „Ich schließe meine Augen / Es einfach zu versuchen und dich noch ein weiteres Mal lächeln zu sehen / Aber es ist so lange her, nun kann ich nur noch weinen“. Das zerreißt mich einfach. Wie viele Male haben wir ihn sagen hören, dass er die Menschen einfach zu glücklich machen will? Dass er es liebt, mit seiner Musik ein Lächeln in das Gesicht der Menschen zu zaubern? Das war es, was für ihn zählte – uns glücklich zu machen. Aber irgendwo auf dem Weg hat er uns verloren; und er hat das erkannt, und er wollte das in Ordnung bringen. Aber er wusste nicht, wie. Es ist so, als ob er nicht verstand, was es ist, das wir von ihm wollen. Was sollte er tun, damit das Publikum ihn wieder liebt?


    Herzzerreißend. Teilweise, weil das Publikum, zu dem er singt – oder wenigstens die, die ihm noch zuhören – schon fest an seiner Seite sind. Wir haben ihn nie verlassen; wir haben nie aufgehört, ihn zu lieben. Aber dieser Song ist wirklich an uns gerichtet – die Fans. Mit dem Publikum sind andere gemeint – jene, die weggefallen sind, als die Dinge unbequem wurden (sie wissen, wer gemeint ist), jene die begierig teilgenommen haben am MJ-Bashing (die Medien), und jene, die auf den Zug aufgesprungen sind, weil sie dafür einen Lacher oder zwei bekommen haben (Late Night Comedians, Talk Show Gastgeber, u.a.). Das sind die Leute, zu denen er diesen Song wirklich singt. Und, wie immer bei der allgemeinen Öffentlichkeit, traf seine Bitte auf taube Ohren. Niemand hörte seine Schreie außer uns – den Fans.


    Und die Menschen werden dann für immer um all das Unrecht wissen, was geschah,
    An Mitmenschen, an hungernden Kindern und auch an dir selbst,
    Die Mittellosen werden aufstehen, die Kranken wieder lächeln,
    Und jeder wird deine Schönheit erkennen, wenn wir vor dem Gericht der Zeiten (Zeitalter) stehe


    Wie schön! Das passt so sehr zu meinen persönlichen Gedanken, die mich in diesen Tagen des Prozesses beherrschen:


    So sehr ich mir wünsche, dass Murray seine Strafe bekommt, gerecht wird sie (für mich) nicht sein können. Selbst das schlimmste Strafmaß wäre keine Genugtuung für mich. Ich will auch keine Rachegefühle in mir schüren. Wenn ich Murray wie einen Jammerlappen im Gerichtssaal hocken sehe, dann weiß ich , dass es Michael nicht wieder lebendig macht, aber ein solcher Mensch hätte doch niemals Arzt werden dürfen. Nicht nur wegen nicht vorhandener Intelligenz, sondern vor allem wegen nicht vorhandener moralischer/ethischer Grundlagen. Deswegen ist es wichtig, dass er nicht noch mehr Menschen schadet, dass ihm jegliche Lizenzen entzogen werden, damit er nicht noch mehr Unheil anrichten kann.


    Aber ich habe das Gefühl, dass durch diesen Prozess und immer mehr Aufklärung um Michael sehr viel Neues in Bewegung gebracht wird: "Und die Menschen werden dann für immer um all das Unrecht wissen, was geschah" "Und jeder wird deine Schönheit erkennen, wenn wir vor dem Gericht der Zeiten (Zeitalter) stehen" - genau DAS sehe ich jetzt.rose.gif

    Joie: Joe, in deinem Buch sprichst du über die Absurdität der Tatsache, dass Earth Song niemals als Single in den USA veröffentlicht wurde, sogar obwohl Michaels vorangegangene Single You are not alone als Nummer Eins debütierte. Und trotzdem wurde Earth Song in anderen Teilen der Welt nicht nur als Single veröffentlicht, sondern direkt Nummer Eins in 15 Ländern. Ich stimme dir zu, wenn du sagst, es sei aufschlussreich, dass die Entscheider nicht das Gefühl hatten, das „Land des Überflusses“ würde einen Song tolerieren können mit solch einem „Blick in dein Gesicht“ gegenüber dem menschlichen Befinden. Aber, ich glaube, diese Entscheidung war ein Riesenfehler. Ich denke, wäre es hier veröffentlicht worden, es wäre sehr gut gelaufen. Trotz der verächtlichen Beurteilungen, die es bekam, ist es ein Song, der schwerlich ignoriert werden kann, und ich denke, es hätte bedeutende Radiospielzeiten bekommen, wenn es den Stationen angeboten worden wäre.


    Joe: Du könntest recht haben. Es ist schwer zu sagen. Auf der einen Seite hatte Michaels Popularität in den USA wegen der Anschuldigungen 1993 abgenommen. Aber seine ersten zwei Singles erreichten die Top 5. Es ist seltsam, wie schnell Sony sich für das Album verbürgte nach dem Start der Singles. Es wäre schön gewesen, wenn dem Song wenigstens eine Chance mit den amerikanischen Hörern gegeben worden wäre.


    Joie: Ich liebe die Art, wie du Earth Song mit John Lennons Imagine vergleichst, indem du sagst, beide bitten den Zuhörer, sich mehr um die Welt zu sorgen, die wir haben, als von einem Leben nach dem Tod zu träumen. Aber kannst du ein bisschen was über deine Feststellung sagen, dass Imagine für den Durchschnittshörer eher „genießbar“ ist als Earth Song?


    Joe: Gut, Imagine ist ein absolut schöner Song, der ebenso umtriebig ist. Weil er so angenehm ist und eine solche Nostalgie heraufbeschwört, realisieren viele Leute dagegen einfach nicht, was er tatsächlich sagen will. Er ruft zur Revolution auf, aber er wird einvernehmlich in Zahnarztpraxen und Kaufhäusern gespielt. Also wird der Eindruck von ihm auf gewisse Weise abgestumpft. Wenn er am Neujahrsabend auf dem Times Square in New York gespielt wird, wirkt er wie eine Art Wohlfühlhymne. Daran ist nichts Falsches. Tatsächlich denke ich, dass Man in the mirror sehr ähnlich ist in der Art des Tons und des psychologischen Effektes. Aber Earth Song ist anders. Er hat eine andere Dringlichkeit und Intensität. Stell dir vor, Earth Song würde am Neujahrsabend mit voller Lautstärke aus den Lautsprechern schmettern. Noch besser, stell dir Michael vor, wie er damit auftritt. Die Zuhörer würden wahrscheinlich in Erstaunen versetzt werden. Der Song wurde nicht gemacht, damit die Leute sich wohlfühlen; er wurde gemacht, das Bewusstsein der Menschen anzupieksen, die Leute aufzuwecken.


    Joie: Was mich einmal mehr fragen lässt, wie es aufgenommen worden wäre, wenn es eine ordentliche Promotion und das Abspielen über Radiostationen in den USA erfahren hätte.


    Willa: Und dass das hier nicht funktioniert hat, sagt auch etwas Wichtiges aus, denn es hat in vielen anderen Ländern funktioniert.


    Joe: Große, prophetische Kunst wird oft abgelehnt oder in seiner Zeit missverstanden. Dafür gibt es so viele Beispiele, von Blake über Van Gogh zu Tchaikovsky und Picasso. Michael war ein Studierender der Geschichte und Kunst, und er hat das verstanden. Er war selbstsicher darin, dass die Werke, die er erschuf, die Zeit überdauern würden. Earth Song ist ein Song, der in der ganzen Welt extrem populär war und weiter sein wird. Aber letztlich war es ein Song, der gegen den Strom ging – also macht der Widerstand der Firmenmachthaber, Kritiker und anderer Gatekeeper Sinn.


    Joie: Also gut, ich danke dir, dass du uns begleitet hast und mit uns über Earth Song gesprochen hast.


    Joe: Ich danke euch, mich eingeladen zu haben. Es war mir eine Freude, und mir gefällt die ganze Idee des Dancing with the Elephant als einem Ort für gedankenvolle Diskussionen über Michael Jackson wirklich sehr.


    Joie: Danke. Willa und ich haben eine großartige Zeit damit! Ich bin neugierig darauf, was wir als nächstes von Joe Vogel erwarten dürfen, nun, da dass Erscheinungsdatum für Man in the Music gerade um die Ecke kommt und Earth Song ebenfalls auf dem Weg ist, in Buchform zu erscheinen. Hast du irgendwelche Pläne für Büchersignierungen oder auf andere Art, in Erscheinung zu treten?


    Joe: Ich arbeite mit meinem Agenten und Publizisten an all den Plänen bezüglich der Promotion für Man in the Music und ich werde in den kommenden Wochen klarere Gedanken dazu haben. Es wird geschäftig werden, aber ich bin aufgeregt, dass die Leute endlich das lesen werden, an dem ich all diese Jahre gearbeitet habe.


    Joie: Gut, ich habe die Vorab-Kopie, die du dem MJFC überlassen hast, regelrecht verschlungen, ich weiß, die Fans werden es lieben. Es ist ein wirklich wundervolles Buch! Gibt es irgendwelche Schreibprojekte, an denen du zur Zeit arbeitest?


    Joe: Ummmm… Ich habe immer einen Haufen Projekte in Arbeit. Ich kann aber noch nicht sagen, welche ich verwirklichen werde. Man in the Music und Earth Song könnte es für mich in Sachen Michael Jackson Bücher gewesen sein. Aber wir werden sehen. Es gibt viele praktische Berücksichtigungen, die es schwierig machen, aber es ist schwer zu widerstehen „wenn der Wind bläst“.


    Willa: Also, wir haben es wirklich genossen, mit dir zu reden. Und wenn irgend jemand sich uns bei dieser Unterhaltung anschließen will, Joe wird diese Woche auf unserer Kommentarseite vorbeischauen, so dass ihr Fragen oder Kommentare für ihn posten könnt.



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    Chat mit Joe Vogel über Earth Song
    29/09/2011


    Joie: Willa und ich sind sehr glücklich, dass sich Joe Vogel uns in dieser Woche anschließt. Wie ihr alle wisst, wird am 1. November sein lang erwartetes Buch Man in the Music erscheinen, und nun geht es um die gedruckte Version seines eBook Earth Song. Danke Joe, dass du dich uns anschließt!


    Also, hier ist das, was ich gern wissen möchte. Warum hast du Earth Song ausgewählt, um separat darüber zu schreiben? Hast du für dich selbst eine spezielle Vorliebe für den Song oder bist du einfach fasziniert von Michaels Vorgehensweise oder wurde es zur Besessenheit, als du für Man in the Music recherchiert hast?


    Joe: Ich habe Earth Song immer geliebt. Die Kraft und Erhabenheit und Leidenschaft des Songs hat mich tief ergriffen. Obwohl, als ich an Man in the Music arbeitete, war ich Michaels Werken so nah, dass viele Songs ganz neue Eindrücke bei mir hinterließen. Earth Song war einer von ihnen. Je mehr ich darüber erfuhr und je mehr ich zuhörte, umso überzeugter wurde ich davon, dass dies Michaels bedeutendster Song war. Er umfasst so viel. Das Rufen und Antworten mit dem Chor ist für mich einer der kraftvollsten Momente in der Musikgeschichte. Jedoch gab es so wenig Anerkennung für diesen Song in den Kritiken. Sehr wenig wurde nur geschrieben, das nicht herablassend und abschätzig war. So wollte ich irgendwie in einer Art darüber schreiben, die seine Power herüberbringt – und ich war aufgeregt über die Aussicht, wirklich ganz nah an einen Song „heranzuzoomen“ und all die Interviews zu machen und mit dieser Konzentration und Tiefe zu recherchieren.


    Willa: Ich hab‘ das geliebt! Der Grad an Detailliertheit, den du bietest, ist wundervoll, und ich liebe die Art, wie dein Buch Einblick in beides gibt, in Earth Song und genauso in Michael Jacksons kreativen Prozess. Du beginnst dein Buch damit, wie sehr unsere Welt in Gefahr ist und mit der Beschreibung von ihm, wie er diese Gefahr als einen fast körperlichen, wortlosen Schmerz empfindet – und dann zeigst du, wie er beginnt, diese grundlegenden Gefühle in seine Musik zu lenken und zu formen. Kannst du uns mehr über diesen Prozess und einige der Schlüsselmomente erzählen, darüber wie Earth Song zu dem wurde, wie wir ihn heute erleben?


    Joe: Sicher. Ich denke, zuerst einmal, bietet der Prozess des Earth Song ein großes Spektrum dazu an, wie Michael als Künstler funktioniert hat. Das ist es, was mir so viel Spaß beim Schreiben bereitet hat. Du beginnst, Verbindungen herzustellen, fügst Teile zusammen. Zum Beispiel sprach ich mit Matt Forger über dieses ursprüngliche Konzept von Earth Song als Trilogie (mit einem Orchesterteil, dem Song selbst und einem gesprochenen Poem); nachdem ich das wusste, kam ich zurück zu Bill Bottrell, um herauszufinden, wer der Komponist war, mit dem Michael zusammengearbeitet hat und wie es klang; Bill führte mich zu Jorge del Barrio, der wie ich daraufhin erfuhr, mit Michael genauso an Songs wie Who Is It und Morphine gearbeitet hat. Durch del Barrio bekam ich einige wunderbare Einblicke in das Konzept und Gefühl, das Michael erreichen wollte und wie es entstand, Du sprichst also verschiedenartige Menschen an, und alle möglichen neuen Verbindungen entstehen: Neue Details, neue Blickwinkel. Und du erfährst, wie gewissenhaft und gedankenvoll Michael mit seinen Werken umgeht. In Interviews neigte Michael dazu, nur sehr vage über seinen kreativen Prozess zu reden, aber was Earth Song enthüllt, ist, wie besessen er mit jedem Detail seiner Arbeit umging, vom Beginn den ganzen Weg bis zum finalen Mix. Er umgab sich mit großen Talenten, aber es war seine schöpferische Vision und sein Perfektionismus, der seine Projekte antrieb.


    Willa: Du hast etwas beleuchtet, das mich wirklich umgehauen hat, als ich dein Buch las. Du zeigst, dass er technisch sehr versiert war und involviert in den tatsächlichen technischen Prozess, den Earth Song zu erschaffen – dass er in jede Stufe des Prozesses eingebunden war. Aber in Interviews blieb er vage in seinen Aussagen darüber, wie du sagst, und distanzierte sich auf eine Art selbst von diesem Aspekt, lenkte den Blick mehr auf Inspiration und wie empfänglich er dem Song gegenüber war. Er sagte in zahlreichen Interviews, dass die Musik einfach zu ihm komme und „in seinen Schoß falle“. Du schreibst in deinem Buch, dass er oft erzählte, er würde „die Musik sich selbst erschaffen lassen“, und du hast dies zurückgeführt auf eine Aussage von John Lennon, die er für sich selbst als Erinnerung mitführte, während er an Earth Song arbeitete:


    „Wenn die wirkliche Musik zu mir kommt, die Musik der Sphären, die Musik, die den Verstand übertrifft – das hat mit mir nichts zu tun, denn ich bin nur der Kanal. Die einzige Freude für mich ist, dass es mir gegeben wurde und es wie ein Medium umzusetzen … Das sind die Momente, für die ich lebe.“


    Wenn ich diesen Abschnitt deines Buches lese, denke ich sofort an die Romantiker. Wenn wir uns Auszüge ihrer Gedichte ansehen, bearbeiteten sie sie und waren tatsächlich sehr wissend und in das Handwerk des Erschaffens der Poesie eingebunden, Sie waren sachkundige Wortschöpfer. Aber wie Michael Jackson waren sie sehr zurückhaltend, darüber zu reden. Sie zogen es vor, über das Erschaffen von Poesie als einem Akt von Inspiration zu sprechen eher als von Handwerk und tendierten dazu zu sagen, sie wären bloß Schreiber – nur die Worte niederschreibend, die einige schöpferische Impulse, größer als sie selbst, durch sie ausdrücken würden – eher als Schöpfer, welches ein Gedanke ist, den Michael Jackson wiederholt ausdrückte. In der Tat kämpfte er irgendwie darum, dies auszudrücken während der Aussage für den Plagiatsfall für Dangerous 1994, als er sagte, er schreibe alle seine Songs selbst, aber in einer Art täte er es auch nicht – sie kämen einfach zu ihm.


    Ich weiß, Du hast die Romantiker studiert, also weißt du viel mehr darüber als ich. Ich fragte mich, ob du ein bisschen was über dieses Ideal des Künstlers der Romantik sagen kannst, der bloß empfangende Kanal zu sein, durch den die Kreativität durchfließt, eher als ein Schöpfer, und wie dies zwei Jahrhunderte später von John Lennon und Michael Jackson reflektiert wird.


    Joe: Eine hauptsächliche Metapher in der Romantischen Dichtung ist die Windharfe: Wenn der Wind bläst, kommt die Musik. Du kannst es nicht erzwingen. Du musst darauf warten.


    Willa: Das ist wunderschön.


    Joe: Michael glaubte ganz stark an dieses Prinzip. Es muss gesagt werden, Michael war ohne Frage ein technischer Meister. Er veröffentlichte kaum Werke in Rohfassung. Eine andere Metapher, die er gern heranzog, um seinen Schaffensprozess zu verdeutlichen ist Michelangelos Philosophie, dass in jedem Stück Marmor oder Stein „eine schlafende Form“ verborgen ist. Sein Job als Künstler ist es dann, ihn zu behauen, zu formen und zu polieren, bis er das Verborgene befreit hat. Also erfordert es viel ausführende Arbeit. Du kannst vielleicht eine Vorstellung darüber haben, wie es aussehen sollte, aber um während des ganzen Prozesses im Einklang damit zu sein, musst du hart arbeiten, um es zu realisieren.


    Willa: Was für ein wundervolles Bild! Ich mag den Gedanken der „schlafenden Form“, und es macht wirklich deutlich, wie sehr der Erschaffensprozess beides benötigt, Inspiration und technisches Know How. Die Idee des Songs offenbart sich ihm und erschafft sich selbst, wie Michael zu sagen pflegte, jedoch erfordert es die Fähigkeit und Hingabe eines Handwerkers, um ihn zu „befreien“.

    Genau heute vor einer Woche stand ich am Neverland-Tor herz.gif.


    Neverland heißt offiziell Sycamore Valley Ranch, und vor dem Tor ist so ein elektronischer Toröffner oder etwas in der Art, wo man einen Code eingeben kann, und da erscheint auf so einem elektronischen Ticker "Sycamore Valley Ranch". Hinter dem Tor ist so ein Wärterhäuschen, da saß auch jemand drin. Nachdem ich meine Fotos gemacht hatte, kam der Mann heraus. Mein Mann fragte ihn, ob er Michaels größten Fan (mich) nicht mal reinlassen könnte. Leider schüttelte er mit dem Kopf und lächelte ein ganz kleines bißchen. Auf den Steinen neben dem Tor standen viele Grüße von Fans. Hinter dem Tor standen drei Autos. Aber weitere Menschen waren nicht zu sehen.


    Es war alles sehr ruhig. Es ist einfach ein wunderschöner Ort, friedlich, sehr ergreifend, dort zu stehen. Was einem da alles durch den Kopf geht ...


    Ein Brief zwischen die Steine klemmen könnte man oder ihn sonst in der Natur irgendwo verstecken. Abgeben bringt meiner Meinung nach nichts, die Wachleute da sind nicht daran interessiert. Ich war auch noch in der Schule gegenüber (Midland School) und habe nach Neverland gefragt. Die Dame dort sagte "Das heißt nicht mehr Neverland, sondern Sycamore".BILLIE%20NEUER%20SMILEY%202.gif

    Zitat Stichwort Zusammenbruch am Strand.




    ich muss gestehen das ich grade völlig auf dem Schlauch stehe??


    Zitat aus Moonwalk, deutsche Ausgabe, S. 112: b025.gif


    Obwohl mir die Arbeit an The Wiz viel Spaß machte, war es eine Zeit voller Stress und Nervosität. Den 4. Juli jenes Jahres werde ich nie vergessen; ich war am Strand, nur einen halben Block vom Haus meines Bruders Jermaine entfernt. Ich schlenderte am Meer entlang, und plötzlich konnte ich nicht mehr atmen. Ich bekam keine Luft. Nichts. Was war los? Ich versuchte,nicht in Panik zu geraten, sondern rannte zum Haus zurück und suchte Jermaine, der mich ins Krankenhaus brachte. Es war verrückt. In meiner Lunge war ein Blutgefäß geplatzt. Hin und wieder hatte ich leichte Stiche und Schmerzen gespürt und sie für Einbildung gehalten, aber so etwas war mir noch nie passiert. Später erfuhr ich, dass eine Brustfellentzündung dafür verantwortlich gewesen war. Manchmal muß bei einer Brustfellentzündung Schleim aus der Lunge entfernt werden, aber bei mir war das nicht erforderlich.

    Willa: Das klingt so wunderbar. Also wo sind sie im Produktionsprozess? Habt ihr eine fast fertige Show gesehen mit Kostümen und Musik und allem, oder war es noch nicht fertig – so etwa wie wir es bei This is it gesehen haben? Es hört sich an, als ob sie noch einige Entscheidungen treffen.


    Joie: Ja, die Arbeit ist noch in vollem Gange. Sie haben das schon uns gegenüber betont, aber was wir gesehen haben, war etwa 75-80 % der kompletten Show mit Kostümen und Musik von Beginn an quer durch, so wie eine Kostümprobe. Und es gab ein paar technische Patzer und Pannen, die man erwartet, wenn alles noch in Arbeit ist. Sie sind noch dabei, den Schlussteil zu perfektionieren, so dass wir etwa die letzten 30 Minuten der Show nicht gesehen haben, und uns wurde gesagt, sie würden Songs enthalten wie Billie Jean, Man in the mirror, Dirty Diana und Can You Feel It. Aber im Ganzen gesehen war es schon eine sehr ausgefeilte Show.


    Willa: Weißt du, ich weiß nicht, wie ich das fragen soll, aber was Michael Jackson für mich so besonders macht und ihn von jedem anderen unterscheidet, sind seine Ideen und wie er diese Ideen ausdrückt und seine Hingabe für seine Botschaft. Er hatte eine wunderschöne Stimme, und es hört sich so an, als hätte der Cirque du Soleil dies durch die Masteraufnahmen eingefangen, und er war ein unglaublicher Tänzer, und es hört sich so an, als würde die Show auch dies wachrufen durch die Akrobaten, Luftakrobaten und Tanznummern. Aber was ist mit seinen Ideen? Fühlt es sich an wie Michael Jackson?


    Joie: Oh, das ist eine gute Frage; ich bin so froh, dass du das fragst! Willa, sie haben sehr, sehr hart daran gearbeitet, das Wesen und das Herz von Michael Jackson einzufangen, und das sieht man. Ich habe ein News Item auf der MJFC Website über meine Erfahrungen gepostet, wo ich die Show das „ultimative Tribute für Michael“ genannt habe, und das fühle ich ganz ehrlich und ich sage dir auch, warum. Du musst bedenken, dass diese Show geleitet wird von Menschen, die Michael kannten. Menschen, die mit ihm gearbeitet haben und ihn geliebt haben. Während dieser zwei Tage in Montreal sah ich wie Greg Phillinganes, Jonathan Moffett, Zaldy und drei Führungskräfte vom Estate sehr emotional wurden, wenn sie mit mir über ihre Zeit mit Michael sprachen und wie wichtig diese Show für sie ist. Sie haben alle so viel Leidenschaft dafür, etwas zu tun, was er lieben würde und es richtig zu machen. Für ihn. Und vom Eröffnungsteil den ganzen Weg hin zum Schlussteil kannst du Michaels Präsenz fühlen; du kannst seinen Geist spüren. Und seine Botschaft von L.O.V.E. steht ganz vorne und im Zentrum. Wirklich, in einem anderen Segment der Show, ich glaube es war bei Will You Be There, tauchten plötzlich diese großen, roten, glühenden Herzen von überall aus der Arena auf und bewegten sich auf die Bühne zu. Es war wirklich bewegend, und es erinnerte dich einfach daran, dass Michaels Botschaft Liebe war. Es ist das, worüber er immer gesprochen hat, und es war das, was er predigte. Und sie haben das nicht vergessen, und es ist klar, dass sie auch nicht wollen, dass andere es vergessen.


    Willa: Ich bin so froh, das zu hören, dass die Leute, die an der Show arbeiten, sich so stark darum kümmern und leidenschaftlich mit beidem umgehen, seiner Musik und seinen Ideen. Du hast auch in dem MJFC Artikel geschrieben, dass sie um Feedback gebeten haben und tatsächlich Vorschläge übernommen haben. Hier ist das, was du geschrieben hast: „Sie hörten dem zu, was wir zu sagen hatten und sie berücksichtigten unsere Gefühle und unsere Vorschläge. Und es war nicht nur ein Lippenbekenntnis. Die Show wurde sofort entsprechend unserem Feedback geändert.“ Kannst du uns mehr darüber erzählen?


    Joie: Gut, es war wirklich eine Überraschung. Am Ende der Show, als alle herumschwirrten und wissen wollten, was wir denken, sprach ich mit Navi, dem Vertreter des MJFC U.K. über bestimmte Nummern und wie man sie noch verbessern könnte. Als sie uns fragten, erzählte er ihnen, was wir dachten und schlug Wege vor, wie man die Nummer stärker machen könnte. Und sie hörten ihm zu und fingen an, die Änderungen sofort vorzunehmen. Dann am nächsten Tag machten wir eine Führung über das Gelände des Cirque du Soleil und trafen uns mit dem Creative Director der Show, neben anderen. Und wieder wollten sie in diesem Meeting wissen, was wir denken – was unsere Lieblingsteile waren und auch, was wir nicht so mochten. Mit was wir, wenn überhaupt, Probleme hätten. Und so sagten wir es ihnen. Wir (die Vertreter der Fan Community) waren ehrlich zu ihnen mit unseren Gefühlen und wir waren uns alle einig über einen bestimmten Punkt in der Show, bei dem wir das Gefühl hatten, er wäre ein bisschen fraglich und könnte ein wenig geändert werden. Und wieder hörten sie uns genau zu und machten sich Notizen zu dem, was wir zu sagen hatten und begannen über Wege für Änderungen nachzudenken.


    Aber, ich denke einfach, es ist so vielsagend, dass diese Menschen, die die Show zusammengestellt haben so bemüht sind, mit den Fans zu reden, und ich glaube wirklich, dass sie sehr stark versuchen, es richtig zu machen. Nicht nur für Michael, sondern genauso für die Fans. Ich glaube, sie wollen damit wirklich Michaels Fans erfreuen. Ich denke, es ist wichtig für sie. Mir wurde bei dem Meeting von einem der Leute vom Estate erzählt, dass dies Punkt Eins war. Der Cirque tat so etwas nicht für die Elvis Show, auch nicht für die Beatles Show. Sie haben die Fans nicht zu einer Probe eingeladen, damit diese ihren Input geben können, bevor die Show anfängt. Und ich denke, das sagt etwas darüber, wie wichtig Michaels Vermächtnis wirklich ist. Darüber, wie bedeutend er war und immer noch ist, als beides, Künstler und kulturelle Persönlichkeit.


    Willa: Gut, nach allem, was du erzählt hast, klingt es so, als ob da eine sehr engagierte Gruppe von Menschen hinter den Kulissen arbeitet, und die Show selbst hört sich unglaublich an. Ich liebe deine Beschreibungen, Joie. Danke, dass du sie mit uns geteilt hast.




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    Ehrfurcht und Staunen: Michael und Zirkus beten.gif ungeduldig.gif bounce1.gif
    22/09/2011


    Willa: Joie, ich bin so neugierig etwas über deinen Trip nach Montreal zu den Cirque du Soleil Proben zu hören! Also, erste Eindrücke – was dachtest du?


    Joie: Okay, mein Freund und MJFC Kollege Jonathan schrieb mir, gerade als ich nach der Show wieder in mein Hotelzimmer zurückkehrte, genau die gleiche Frage und ich glaube, meine einzige Antwort war OMG!!! Ganz ehrlich, das einzige, was diese Show noch besser machen könnte, wäre nur Michael selbst auf der Bühne.


    Willa: Du weißt, das ist genau das, was ich mich am meisten frage. Nach dem zu urteilen, was ich gelesen habe klingt The Immortal World Tour wie eine Art Michael Jackson Konzert ohne Michael Jackson. Hat es sich für dich so angefühlt?


    Joie: Das ist eine Art knifflíge Frage, und ich sage dir, warum. Das ist das erste Mal, dass der Cirque du Soleil eine Show mit einer Live Band gemacht hat. Ihre Elvis Show hatte keine Live Band; ihre Beatles Show hatte keine Live Band. Sie haben so etwas nie zuvor gemacht. Und die Art, wie sie es ausgearbeitet haben, ist wirklich ziemlich cool. Kevin Antunes, der musikalische Direktor der Show, hatte exklusiven Zugang zu Michaels sämtlichen Original Masteraufnahmen, und er hat diese Tracks genommen, die Musik erstmal grundsätzlich entfernt und Michaels Stimme hervorgehoben, so dass sie „knuspriger“ ist, als du es jemals zuvor gehört hast. So hörst du Michaels Stimme(n) während der Show „über eine Live Band gelegt“ und das Ergebnis ist atemberaubend. Und natürlich sind in der Band Greg Phillinganes und Jonathan „Sugarfoot“ Moffett, die beide so viele, viele Jahre mit Michael auf Tour waren, die Band selbst ist phänomenal. Ich denke, so betrachtet ist es wie eine Konzerterfahrung, aber da geht visuell so viel vor sich, dass es definitiv mehr ist als ein Konzert. Es ist eher wie eine Reise durch Michaels Leben und seine Karriere.


    Willa: Also fühlt es sich nicht an, als wäre da ein großes Loch auf der Bühne, wo er sein sollte? Ist es für sich genommen eine überzeugende Erfahrung?


    Joie: Ja, definitiv. Und es ist ein Spektakel, verstehst du? Ich war dort mit 14 anderen Vertretern der MJ Community und nachdem es vorbei war, kamen ein halbes Dutzend oder mehr Leute – Leute vom Cirque, Leute vom Estate, sogar John Branca und Greg Phillinganes, zu uns, als wir noch auf der Tribüne saßen und sie alle tobten, waren sehr erwartungsvoll zu erfahren, was wir darüber denken. Und wir reagierten alle gleich. Wir mussten erstmal einige Sekunden einfach da sitzen und es auf uns wirken lassen, bevor wir überhaupt antworten konnten, und ich kann mir vorstellen, dass das die Reaktion aller sein wird, die die Show sehen, Fans und Nicht-Fans gleichermaßen. Sie werden die Arena mit einem Gefühl von Ehrfurcht und Staunen verlassen. Du weißt ja, der Cirque du Soleil ist bekannt als Spezialist für Ehrfurcht und Staunen, und dieselbe Magie haben sie in dieser Show erzeugt.


    Willa: Erzähl uns einige Details! Was hast du alles gesehen?


    Joie: Oh Boy, wo soll ich anfangen? Okay, ich will kein Spielverderber sein. Und ich möchte klarstellen, dass einige von den Nummern, die ich gesehen habe, es nicht in die finale Fassung der Show, die im Oktober eröffnet wird, da noch an ihr gearbeitet wird, schaffen werden. Aber nach der Probe, die ich sah, wirst du direkt von der Eröffnungsnummer, die Childhood war, verblüfft sein. Es ist, als ob sie dich mit hinter die Tore von Neverland nehmen und, wie du weißt, Michael hatte die schönsten Bronzestatuen von spielenden Kindern, sie verteilten diese über die Landschaft von Neverland. Nun, diese Statuen spielen eine wirklich magische Rolle in dieser Nummer, und das ist unglaublich. Und dann gibt es da diesen wirklich süßen Moment ein wenig später während Ben, wo Michaels Elefanten herauskommen und tanzen, es war einfach so eine Freude, das anzusehen. Wirklich süß. Und ich hab’ an dich gedacht, Willa, weil ich weiß, wie sehr du diesen Song liebst!


    Dann war dieses ganze Gangster-Segment mit Heartbreak Hotel, Smooth Criminal und Dangerous. Dieser Teil begann mit dieser äußerst spärlich bekleideten Cellistin, die ihr Herz herausspielte auf ihrem elektrischen Cello, und sie war fantastisch! Dann ging ganz plötzlich ihr rasendes Solo über in den spannungsgeladenen Anfang von Heartbreak Hotel, und die Band setzte ein, und die Musik fing an zu rocken. Das ganze Segment endete mit diesen fünf oder sechs Typen, die um einen Pole Dancer zu Dangerous tanzten – wobei, nebenbei gesagt, wir uns vorstellen müssen, dass sich die weibliche Tänzerin bei früheren Proben verletzt hatte. Aber sogar ohne sie war die Nummer unglaublich, also ich werde es lieben, es noch mal zu sehen, wenn alles auf seinem Platz ist.


    Dann gab es ein Segment, die Michaels „gruselige“ Songs beleuchteten mit Is it scary, Monster und Thriller und das Ganze war einfach nur riesiger visueller Spaß mit einem tanzenden Monster, das sich seinen Weg aus den Seiten eines Märchenbuches heraus bahnt und gigantischen Fledermäusen mit leuchtenden Augen, die über die Bühne tanzen. Und das Ganze gipfelte in einer Bühne voll mit Mumien, die den Thriller Dance auf einem Friedhof tanzten. Einfach wirklich phantasievolle Ideen, von denen du weißt, dass Michael sie wirklich geliebt hätte!


    In einem anderen Segment – meinem Lieblingsteil der ganzen Show – spielte die Band Another Part of Me und der Tänzer tanzte und wir alle saßen da und gingen mit, und plötzlich wechselte der Song zu Speechless. Und gerade als du dich darauf eingestellt hattest, passierte etwas Verblüffendes! Der Song wechselte wieder, diesmal zu Human Nature und die Arena verwandelte sich in einen Nachthimmel. Ich möchte dir wirklich mehr Einzelheiten darüber erzählen, aber ich kann nicht, denn ich möchte niemandem den Spaß verderben, bitte glaub’ mir, wenn ich dir erzähle, dass es einfach atemberaubend war und ich nicht die einzige war, die zu Tränen gerührt war. Und später, als wir mit den Leuten vom Cirque und Estate sprachen, die wissen wollten, welches unserer Lieblingspart der Show war, sagten wir alle einstimmig Human Nature.


    Du weißt ja, eines der Dinge, die ich am Cirque du Soleil so liebe, sind die Luftakrobaten; sie sind wirklich schön anzusehen. In der Probe, die ich sah, wurden sie bei I Just Can’t Stop Loving You präsentiert, welches Kevin Antunes wunderschön gemixt hat und beide Versionen des Songs, die englische und die spanische kombiniert. Und die Luftakrobaten boten ein sehr romantisches, sehr gefühlvolles Ballett hoch über unseren Köpfen dar. Es war einfach so schön.

    Danke Maja, für die Übersetzung flowers.gifund Danke Lena, für den Beitrag mit den tollen BildernTova.gif !


    Allein die Beschreibung zu lesen macht mich schon so aufgeregt, wie soll das erst werden, wenn man die Show selbst sehen kann (obwohl ... es dauert noch so lange, wie soll man das denn aushalten?Muuray.gif). Und die Bilder sind der Hammer! Ich glaube, wenn man sich das ansieht, denkt man die ganze Zeit herz.gif "Wenn er das doch nur sehen könnte ...!" herz.gif(Wenn man überhaupt denken kann - wahrscheinlich eher nicht!)b020.gif


    Das Ganze ist von A-Z einfach so grandios - überwältigend - anbetungswürdig! beten.gifbeten.gifbeten.gif

    Willa: Das ist so interessant, Joie. Meine erste Reaktion auf das Video war viel positiver als deine, obwohl ich genau weiß, was du meinst mit „Wo ist Michael?“ Und meine Reaktion auf Thomsons Artikel war weniger positiv. Ich schätze all die Hintergrundinformationen, die Thomson liefert, und der Artikel ist definitiv wert, gelesen zu werden, aber ich stimme nicht mit seiner Interpretation und Beurteilung des Videos überein.


    Genau wie du dachte ich One more Chance ist ein wunderschönes Liebeslied und war begierig darauf, das Video zu sehen, und genau wie du, sah ich es mir direkt an, nachdem die Vision DVD’s herausgekommen waren. Und ich war überrascht – es war nicht das, was ich erwartet hatte – aber ich liebte es. Wie es so oft mit Michaels Videos passiert, ließ es mich meine Gedanken zu dem Song komplett neu überdenken und eröffnete mir einen ganz neuen Weg der Interpretation. Nun sehe ich in One more Chance viel mehr als nur ein Liebeslied. Ich reagiere noch immer darauf, als wäre es eine wunderschöne Liebesballade und das gilt für mich noch, aber andere Interpretationen kommen mir auch in den Sinn. Und offen gesagt, ich denke Thomsons Interpretation verpasst komplett den Anschluss.


    In seinem Artikel schreibt Thomson ziemlich kritisch über das Konzept des Videos:


    Der Song ist eine sehnsuchtsvolle Ballade über verlorene Liebe, in der Jackson eine Ex-Freundin anfleht, ihm „noch eine weitere Chance für die Liebe“ zu geben. Das Video zeigt eine eigentümliche Rollenverteilung, in der das Publikum auf der Bühne steht und zusieht, wie Jackson in einem leeren, edlen Nachtclub auftritt, über Geländer federt und auf Tische springt. Das Arrangement scheint nur wenig mit dem Song zu tun zu haben und scheint eher ein Kommentar auf die Presse und das ständige Eindringen der Öffentlichkeit in Jacksons Privatleben – ein Hauptthema in seinen Videos – zu sein, im Grunde zeigt es eine Menge Schaulustiger, die Jackson off-stage in einem intimen Moment an gebrochenem Herzen leidend wie erstarrt beobachten.


    Thomson hat ansatzweise Recht: Wenn wir One more Chance einfach als Liebeslied sehen, dann macht das Video nicht viel Sinn und „das räumliche Arrangement scheint wenig mit dem Song zu tun zu haben“. Aber ich kann Thomsons Interpretation nicht zustimmen. Ich bin nicht der Meinung, der entscheidende Punkt dieses Videos wäre „eine Menge Schaulustiger … wie erstarrt durch sein gebrochenes Herz“. Jackson behandelt das Publikum auf der Bühne in diesem Video nicht wie aufdringliche Voyeure, das ist nicht die Stimmung, die er hier erzeugt – die Stimmung ist viel feierlicher als das – und das ist nicht, was das Video mir sagt. Du kennst mich, Joie, ich bin offen für vielfältige Interpretationen, und ich denke, jede Interpretation ist gültig, solange sie durch das Werk belegt werden kann, aber ich sehe hier wenig Hinweise, die Thomsons Interpretation stützen.


    Aber wenn wir uns diesem Video annähern wie in den My Baby Songs und es mehr metaphorisch sehen? In seinen Videos zieht Michael Jackson regelmäßig Parallelen zwischen der Beziehung eines Mannes und seiner Geliebten und der eines Künstlers mit seinem Publikum. Was ist, wenn wir One more Chance auf diese Art sehen? Was ist, wenn er nicht zu einer Ex-Freundin spricht, sondern zu uns, seinem Publikum? Was ist, wenn er uns, seinem Publikum, erzählt, dass die falschen Anschuldigungen und Missverständnisse und die Jahre mit schlechter Presse für ihn schrecklich waren – es „tut so weh, manchmal ist es schwer zu atmen“ (Hurts so bad sometimes it’s hard to breathe) – aber er ist bereit, es noch einmal zu versuchen, allem zum Trotz, und er bittet uns, ihm „eine weitere Chance“ zu geben?


    Wie Thomson in seinem Artikel schreibt, machte Michael Jackson dieses Video an einem entscheidenden Wendepunkt in seinem Leben. Er plante einen neuen Start beim Film und sah dies als einen Neubeginn in seiner Karriere. Vielleicht erzählt er also uns, seinem Publikum, dass er „dieses Mal / sein Bestes tun wird, um es richtig zu machen“ (This time / Gonna do my best to make it right). Vielleicht ist das der Grund, wenn er das Video so anlegt mit dem Publikum auf der Bühne, weil er direkt zu uns, seinem Publikum, spricht , wenn er sagt „Alles was ich brauche ist eine weitere Chance“ (All I need is / One more chance). Wenn wir es auf die Art sehen, macht das Video auf perfekte Art Sinn. Und die Tatsache, dass die Polizei genau am nächsten Tag sein Haus durchsucht, ist herzzerreißend.


    Joie: Ja, es ist herzzerreißend. Thomson erklärt, dass Michael mit der Single und dem Video von One more Chance seine vertraglichen Verpflichtungen für Sony und CBS erfüllt hat. Er befreite sich von seinem Vertrag mit Sony und bereitete sich vor, weiterzugehen zu größeren und besseren Dingen. Er war müde vom Touren und er wollte sich in den Bereich des Films wagen. Ironischerweise ist dies etwas, was er 1993 bereits tun wollte, aber nicht konnte, da sich die ersten Anschuldigungen ereigneten. In dem Video ist die letzte Einstellung von ihm, wie er seinen Rücken zum Publikum dreht und aus dem Bild geht mit einem Lächeln auf dem Gesicht, sehr symbolisch für den Übergang, den er vor sich hatte. Er bewegte sich weg von der Musikindustrie und ging seinem lang gehegten Traum Filme zu machen entgegen. Alles was er brauchte war „eine weitere Chance“.


    Und als Antwort zu meiner Frage „Wo ist Michael“, erzählt uns Thomson, dass das Video von Michael Rückseite aufgenommen wurde, um seine Bewegungen fließender aufzunehmen. Am folgenden Tag sollten alle frontalen und Nahaufnahmen von Michael gemacht werden. Aber dazu kam es nicht mehr, denn am nächsten Morgen gab es schlechte Nachrichten, nämlich dass die Polizei ein zweites Mal die Neverland Ranch durchsuchte. Und ich kann mir nicht helfen, aber ich muss an die Zeilen des Songs selbst denken:


    Erleichterung
    Im Begriff zu schlagen und mir alles zu verderben.
    Es schmerzt so sehr, manchmal ist es schwer zu atmen.


    Lightening
    ´Bout to strike and rain only on me.
    Hurts so bad sometime it’s hard to breathe.


    Ich stelle mir vor, diese Textzeilen spiegeln, was Michael gefühlt haben muss, als er die schlechte Nachricht bekam und realisieren musste, dass ihm seine Träume ein zweites Mal weggeschnappt wurden.


    Willa: Das sind gute Punkte, und ich schätze wirklich all die Hintergrundinformationen, mit denen Thomson uns versorgt. Es vertieft mein Verständnis für dieses Video. Vielleicht bin ich ein bisschen hart Thomson gegenüber, einfach weil One more Chance für mich so etwas Besonderes geworden ist. Der Gedanke, dass Michael Jackson Schmerzen leidet, aber bereit ist, es noch einmal zu versuchen und uns um noch eine Chance bittet, ist unbeschreiblich ergreifend. Und dann ist der Schluss des Videos so bewegend, und für mich persönlich sehr anregend. Am Schluss hat er den Raum verlassen, aber das Publikum ist noch auf der Bühne. Nun ist es an uns. Er ist nicht länger hier, aber wir sind es – wir sind die, die auf der Bühne zurückgelassen wurden – und wir sind die, die handeln und sein Erbe bewahren und „helfen müssen, die Geheimnisse offenzulegen“ („help these mysteries unfold“).


    Joie: Ich denke, du bist zu hart zu Thomson. Ich bin nicht der Meinung, dass er überhaupt eine Art der Interpretation des Videos angeboten hat. Sondern er hat lediglich den Aufbau erklärt, die Voraussetzungen, wenn du so willst. Aber ich glaube nicht, dass seine aus einem Satz bestehende Einschätzung des Aufbaus als Interpretation beabsichtigt war.


    Aber ich verstehe deine Bereitschaft, etwas zu verteidigen, das du liebst. Wie du sagtest, ist dieses eine Video für dich zu etwas ganz Besonderem geworden, also ist es ganz natürlich, dass du es erklären und anderen nahebringen möchtest, so dass sie es vielleicht genauso lieben werden, wie du es tust. Ich habe das gleiche Gefühl für eine bestimmte Ballade vom Michael Album, über die wir uns schon heftig gestritten haben, aber das bewahren wir uns für eine andere Diskussion auf!


    Willa: Joie! Das ist einfach gemein. Du willst wirklich nicht, dass ich das vergessen kann, stimmt’s? Na gut, ich schätze, ich hab’s verdient. Du bist manchmal wirklich zu komisch …


    Joie: Sorry, ich konnte nicht widerstehen. Aber dieses Video ist so besonders für dich, wie es dieser Song für mich ist, also verstehe ich deine Gefühle dazu.


    Willa: Gut, hier sind einige aufregende Neuigkeiten. Joie fliegt heute Morgen nach Montreal, um die inoffizielle Vorpremiere des Cirque du Soleil Tribute für Michael Jackson-The Immortal World Tour anzusehen, und nächste Woche wird sie uns alles darüber erzählen!



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    Ein weiterer Blick auf One more Chance
    15/09/2011


    Joie: Also, du weißt ja, manchmal hast du bestimmte Gedanken über etwas im Kopf und dein Geist hat sich darauf eingestellt. Aber dann stolperst du über eine neue Information und plötzlich bekommt die Sache, über die du dir so sicher warst, eine ganz neue Bedeutung? Gut, das ist mir mit Michael Jacksons Video One more Chance passiert.


    Dieses Mal
    Werde ich mein Bestes tun, um es richtig zu machen
    Ich kann nicht weitermachen ohne dich an meiner Seite


    Obdach
    Komm und rette mich aus diesem Sturm
    Ich möchte heraus aus dieser Kälte, ich brauche jemanden


    (Wenn du sie siehst)
    Sag ihr dies von mir:
    Alles was ich brauche ist
    Eine weitere Chance für die Liebe...


    This time
    Gonna do my best to make it right.
    Can’t go on without you by my side.


    Shelter
    Come and rescue me out of this storm
    Get out of this cold, I need someone.


    (If you see her)
    Tell her this for me:
    All I need is
    One more Chance at love …


    Diese R. Kelly Ballade ist ein wirklich schöner Song, der von Michael perfekt gesungen wird, und als er 2003 auf den Number Ones veröffentlicht wurde, habe ich ihn sofort geliebt. Und als der Estate nach Michaels Tod bekannt gab, dass das lang vermisste Video auf dem ersehnten Vision Box Set enthalten sein würde, war ich hellauf begeistert, dass wir endlich doch Michaels letzten Short Film zu sehen bekommen würden.


    Aber als dann die Video Collection herauskam und ich dann da saß, um sie voller Spannung zu verschlingen, war meine Aufregung nur von kurzer Dauer. Ich muss zugeben, ich liebte das Video überhaupt nicht. Ich mochte es nicht einmal. Nicht mal ein wenig. Wo war Michael? Die Kulisse war großartig und romantisch, die Räumlichkeit – mit dem Publikum auf der Bühne – war ungewöhnlich und faszinierend, der Song war wunderschön und ist einer meiner liebsten. Aber wo war Michael in dem Video? Es war anscheinend entweder alles von seiner Rückseite aus aufgenommen oder aus wirklich verrückten Winkeln, sein Gesicht – und besonders seine bezaubernden Augen, die ich so liebe – waren komplett verdeckt. Und tatsächlich entzündeten sich zu dem Video einige Debatten im MJFC, ob das überhaupt Michael sei. Vielleicht war es bloß ein Body Double, ein wirklich guter MJ Impersonator! Ich war so enttäuscht. Nur unter uns beiden … Ich schlüpfe oft in mein bequemes Sweatshirt, stelle den DVD Player an und kuschele mit meinem Video Box Set, wenn ich einen freien Nachmittag habe. Aber ganz ehrlich, das One more Chance Video ist eines, das ich regelmäßig überspringen würde.


    Und dann kürzlich stolperte ich über einen Artikel, der kurz nach Veröffentlichung des Video Box Set im November 2010 herauskam. Der Artikel war geschrieben von dem Journalisten Charles Thomson und trug den Titel „One More Chance: Der Traum, der zum Alptraum wurde“ (One More Chance: The Dream That Turned into a Nightmare) www.sawfnews.com/Entertainment/65832.aspx Nun muss ich hier ein Geständnis machen: Dieser Artikel landete tatsächlich in meiner Inbox kurz nach seiner Veröffentlichung, ich war aber sehr beschäftigt zu der Zeit mit dem MJFC und meinem eigenen Alltag (und nun tanze ich auch noch mit Elefanten!), so schob ich es erstmal zur Seite, um es später irgendwann zu lesen. Okay, aus „später“ wurde „viel später“ und, ich schäme mich es zuzugeben, ich fand es schließlich in meinem To-Do-Ordner. Also nahm ich mir nun die Zeit und las es. Und Boy … es änderte ALLES!


    Um diesen Artikel zu schreiben, untersuchte Charles Thomson das Video gründlich und sprach mit Michaels damaligem Publizist und Manager genauso wie mit mehreren Crewmitgliedern und anderen, die bei dem Video mitwirkten, und indem er das tat, gibt er uns einen Einblick darin, wo Michael Jackson stand zu der Zeit, als das Video gedreht wurde. Und es ist dieser Kontext, dieses Wissen, das mich das ganze Video in einem völlig neuen Licht sehen lässt. Ich sehe das Video nun mit anderen Augen, und wo ich vorher überhaupt keine Verbindung dazu hatte, habe ich nun so eine emotionale Verbindung dazu, und es hat eine große Bedeutung für mich.

    Es ist ein Stück Geschichte und für mich auch ein Stück von ihm.

    Sie scheinen keinen Sinn dafür zu haben etwas im Ursprung zu erhalten, WEIL es die Geschichte wie ein Foto bannt.

    Das ist so wahr! Ich will gar nicht aus meiner Sicht urteilen, denn ich stecke nicht in der Haut eines anderen, aber wenn Katherine der Verlust ihres Sohnes schmerzt, und sie es nicht mehr ertragen kann, in der Umgebung mit den vielen Erinnerungen zu sein, dann kann man es doch trotzdem als "Gedenkstätte" erhalten ...schulter.gif Ich finde es einfach bitterschade, sehr traurig.

    Einen Ort daraus gemacht, der Michael ehrt. Warum haben SIE das nicht getan.. Eine Art Museum. Das würde ihnen sicher auch ein Einkommen sichern, was ich ihnen gar nicht abspreche, natürlich könnten sie auch Einnahmen spenden und das Werk ihres Sohnes lebendig halten.

    Das spricht mir alles so aus dem (blutenden) Herzen. Gerade mit Encino ist so viel Michael verbunden (für uns und für die Welt), da ist so viel von seiner Geschichte. Jetzt hat man nie mehr die Chance, es nochmal im "Original" zu sehen. BILLIE%20NEUER%20SMILEY%202.gif

    Zitat: ..aber ich habe erst nochmal ins M Poetica Buch geschaut, und der Text ist zum grossen Teil identisch mit Kapiteln im Buch


    (meine Zitierfunktion geht gerade irgendwie nicht grummel.gif)


    Zwei Seelen, ein Gedankedietop.gif- ich hab' da auch erstmal nachgesehen. Es ist so! Das ist ziemlich identisch, kann sein, dass es so eine Art Kurzfassung von M Poetica ist. Ich hab's aber noch nicht abgeglichen (frühestens heute Abend biggrin.png).

    Joie: Willa, du hast ein sehr überzeugendes Argument gebracht. Und ich bin sicher, dass er, als die unglaublich künstlerische Person, die er war, vielleicht dazu tendierte, Dinge oder schwierige Situationen von einem künstlerischen Standpunkt aus zu sehen. Du kannst absolut Recht haben, wenn du sagst, dass er eine bewusste Entscheidung traf, seine Krankheit in eine künstlerische Äußerung zum Rassismus umzuwandeln. Und du weißt, als wir begannen darüber zu diskutieren, hätte ich mir niemals vorstellen können, dass ich das sagen, aber jetzt ist es so.


    Willa: Also, wie ich in unserem ersten Blog erwähnt habe, hast du auch verändert, wie ich die Sache sehe. Dies ist nicht neu für mich. Ich kämpfe diesen Kampf schon seit Jahren. Ich kann mich erinnern, als ich auf die Grade School ging im Süden Mitte bis späte 1980er Jahre, und fast in jedem Semester brachte jemand das Thema wieder auf Michael Jackson und seine sich ändernde Hautfarbe. Und sie sagten fast immer irgend etwas wie, dass es ein unglaubliches kulturelles Phänomen sei, aber natürlich wäre es einfach ein Ergebnis seiner eigenen Unsicherheiten. Er erschuf diesen unglaublich kraftvollen kulturellen Moment, der speziell das Weiße Amerika zwang, einige unserer tiefsitzendsten Rassenvorurteile zu hinterfragen, aber er hätte es zufällig getan.


    Und ich habe das immer bezweifelt. Warum die Annahme, es sei zufällig? Er ist ein brillanter Künstler, er hat jahrelang aktiv gegen Rassenvorurteile gekämpft, er hat offenbar über dieses Thema tiefgreifend nachgedacht – also warum annehmen, dass er nicht weiß, was er tut? Ich habe immer gedacht, dass er genau weiß, was er tut, und ich denke, die Anzeichen rechtfertigen das. Sein Dermatologe hat gesagt, dass er sein Gesicht regelmäßig als „Kunstwerk“ bezeichnete. Und wie ich in meinen Büchern M Poetica und Rereading Michael Jackson versucht habe zu zeigen, bin ich der Meinung, dass er versuchte mit Hilfe seiner Werke - speziell seiner Kurzfilme – zu erklären, dass sein sich änderndes Äußeres als medizinische Entscheidung begann, aber dann zu einer absichtlichen künstlerischen Entscheidung wurde.


    Aber bis ich anfing mit dir zu reden, habe ich nicht gemerkt, wie schwierig und schmerzhaft diese Entscheidung für ihn gewesen sein muss. Ich wusste, er war das Objekt einer Menge von abfälligen Kommentaren Weißer Kommentatoren, die mich einfach tief betrübt haben. Und ich weiß, es gab Leute in der Black Community, die sich von ihm und seiner sich ändernden Hautfarbe betrogen fühlten. Aber ich erkannte nicht, wie tief diese Gefühle gingen oder wie schmerzhaft die Anklagen des Betrugs an seiner Rasse für ihn gewesen sein müssen.


    Joie: Oh, es muss schrecklich gewesen sein. Ich denke immer an dieses Interview mit Oprah, als er zu ihr sagt „Ich bin ein Schwarzer Amerikaner, ich bin stolz darauf, ein Schwarzer Amerikaner zu sein, ich bin stolz auf meine Rasse. Ich bin stolz, der zu sein, der ich bin. Ich habe eine Menge Stolz und Würde … Es ist etwas, woran ich nichts ändern kann, ok? Aber wenn Menschen Geschichten erzählen, ich würde nicht der sein wollen, der ich bin, das verletzt mich … Ich meine, es macht mich sehr traurig.“


    Das sind seine Worte. Und die Emotionen in seiner Stimme und der Schmerz in seinem Gesicht, als er diese Worte sagt, sind offensichtlich. Aber nun, wenn ich zurückschaue auf das Interview, bemerke ich, dass er auch in derselben Unterhaltung sagt: „Aber weißt du, was lustig ist, warum ist das so wichtig? Das ist nicht wichtig für mich. Ich bin ein großer Bewunderer von Kunst. Ich liebe Michelangelo. Wenn ich die Gelegenheit hätte, mit ihm zu reden oder über ihn zu lesen, würde ich wissen wollen, was ihn inspiriert hat, zu werden, was er ist … Ich meine, das ist es, was wichtig für mich ist.“


    Also, vielleicht hat er es uns damals erzählt, und wir haben einfach nicht zugehört. Vielleicht hat er gesagt ‚Ja, ich habe diese Krankheit, und es ist schrecklich, und niemand glaubt mir, aber ich kümmere mich nicht darum, ich werde es so oder so dazu benutzen, dich zu erziehen!‘




    herz.gif herz.gif herz.gif

    Willa: Joie, das ist wirklich beeindruckend, und ich stimme dir absolut zu bei allem, was du gerade gesagt hast. Aber ich denke, die Geschichte hört hier nicht auf. Wenn wir weiter versuchen, uns selbst in seinen Schuhen vorzustellen, dann stell dir vor, du wärst Michael Jackson, eine zutiefst spirituelle Person, der unzählige Male gesagt hat, er fühlt, dass ihm sein Talent aus einem bestimmten Grund gegeben wurde – dass er auf die Erde kam und sein enormes Talent erhalten hat, um einem höherem Zweck zu dienen. Und er wurde ein Superstar, aber er ist viel mehr als das. Er ist nicht einfach nur ein berühmter Sänger und Tänzer. Er ist ebenso eine umgestaltende, kulturelle Persönlichkeit, der die Leute dazu bringt, anders über Rassenbewusstsein zu denken, und er nimmt das sehr ernst. Can You Feel It, das erste Video, das er produzierte und entwickelte, vom anfänglichen Konzept bis zur finalen Produktion, drückt sehr schön den Gedanken aus, dass wir alle ein Volk sind, ungeachtet der Rassenunterschiede, und er kehrt in seinem Gesamtwerk immer wieder zu diesem Gedanken zurück. Dies ist ein Gedanke, über den er ausgiebig nachdachte und um den er sich zutiefst sorgte.


    Und dann, auf Höhe seines Erfolges, entdeckt er, dass er Vitiligo hat. Und es ist niederschmetternd und traumatisch, wie du sagst, und er beginnt, einen Handschuh zu tragen und dunkles Make up. Aber die Krankheit schreitet voran. Mehr und mehr Teile seiner Haut verlieren ihre Pigmentierung – im Gesicht, am Hals, an seinen Armen, seinem ganzen Körper. Und es ist erschreckend für ihn. Aber er ist eine starke Person mit zutiefst verinnerlichten Überzeugungen, und er ist ein erstaunlicher Künstler, mit der Sensibilität eines Künstlers. Und vielleicht beginnt er sich zu fragen, ob ihm Vitiligo genauso mit einem bestimmten Zweck gegeben wurde, ob es einen Grund gibt, warum er in diese unglaublich schwierige Situation gebracht wurde. Er ist der berühmteste Schwarze Mann, den es jemals gegeben hat, gefeiert dafür, dass er den Stolz ein Schwarzer zu sein fördert, und nun wird seine Haut buchstäblich weiß. Wie ironisch ist das? Aber es zeigt genauso einen wesentlichen Aspekt auf. Er hat uns jahrelang erzählt, dass Rassendifferenzen unwichtig sind – dass wir ein Volk sind ungeachtet der Hautfarbe. Und nun ändert sich die Farbe seiner Haut buchstäblich von Dunkel nach Hell.


    Rassismus gegenüber Schwarzen in Amerika ist nichts als ein Netz von Lügen, die über Jahrhunderte erzählt und wieder erzählt wurden, und die wir als Individuen mehr oder weniger bis zu einem gewissen Grad verinnerlicht haben. Aber im Herzen dieses Lügengespinstes da liegt eine zentrale Lüge, die Lüge, von der alle anderen abstammen: nämlich dass Schwarze und Weiße Menschen im Wesentlichen unterschiedlich sind. Das ist die Lüge, die im Zentrum des Rassismus liegt in Amerika. Und als ich in den 1960er Jahren im Süden aufgewachsen bin, erhielt ich eine Menge sich widersprechender Botschaften, aber trotzdem wurde mir diese Lüge immer und immer wieder erzählt: Du sollst nicht in einem „integrierten“ Swimmingpool schwimmen, du sollst nicht Wasser aus einem Brunnen trinken, aus dem vorher ein farbiges Kind getrunken hat, du sollst einem Schwarzen Mädchen deinen Kamm nicht ausleihen (was ich einmal tat, als ich alt genug war, um es besser zu wissen). Der unausgesprochene Grund ist, dass Schwarze und Weiße Körper grundsätzlich unterschiedlich seien und getrennt bleiben sollten. Das war die Botschaft, die mir immer wieder und wieder erzählt wurde, während ich aufwuchs vor 40 Jahren im Süden.


    Aber als Michael Jacksons Haut sich von Dunkel nach Hell veränderte, bewies er, dass das eine Lüge ist – er bewies, dass Schwarze Körper und Weiße Körper grundsätzlich gleich sind – und das verpasste dem Rassismus im Kern einen treffenden Schlag.


    Ich habe eine Weiße Freundin aus dem College, die mit einer Schwarzen Haushälterin auswuchs. Eines Tages arbeitete die Haushälterin in der Küche und schnitt sich in die Hand, und meine Freundin, die zu der Zeit noch ein Kind war, war schockiert zu sehen, dass ihr Blut rot war. Vorher hatte sie angenommen, dass ihr Blut dunkel sei – so dunkel wie ihre Haut. Meine Freundin hat mir diese Geschichte mehrere Male erzählt, immer mit einem Lachen, wie dumm sie doch gewesen sei. Aber trotz ihres Lachens kann ich sagen, dass diese Geschichte sehr wichtig für sie war. Es war einer dieser seltenen Aha-Momente, wenn deine Vorstellungen durcheinander gebracht werden und du plötzlich gezwungen bist, Dinge zu hinterfragen, von denen du dachtest, sie wären wahr.


    Ich denke, als Michael Jacksons Haut sich von Dunkel nach Hell änderte, hatte er solch einen Aha-Moment in diesem Weltmaßstab. Er hat uns wiederholt durch seine Musik und seine Videos erzählt, dass wir ein Volk sind, ungeachtet unserer Hautfarbe, und nun hat er die Gelegenheit, dies auf künstlerische Art und Weise zu zeigen. Er konnte es beweisen in einer Art, die nicht widerlegt werden kann, dass unsere Körper grundsätzlich gleich sind, und er konnte das so tun, dass es sogar ein Kind verstehen kann. Das ist eine unglaubliche machtvolle Botschaft, und er ergriff die Gelegenheit, diese Botschaft zu veranschaulichen und zu verbreiten auf eine Art und Weise, wie es noch niemals vorher geschehen ist. Und er erweiterte die Definition von Kunst auf eine Weise, die ebenfalls niemals vorher so passiert ist. Das ist es, warum er so missverstanden war.

    Ich habe nicht vor, mein Leben als „Farbe“ zu verbringen
    08/09/2011


    Willa: Letzte Woche haben Joie und ich mit einem dieser Elefanten in Raum getanzt und die Frage diskutiert „War Michael Jackson Schwarz genug?“ Und wir haben angefangen und gesagt, wir reden nicht über seine Hautfarbe. Heute tun wir das. Wir werden mit einem wirklich großen Elefanten tanzen und die Frage stellen, warum sich die offensichtliche Farbe seiner Haut von Dunkel nach Hell veränderte.


    Joie: Wie Willa in unserem ersten Blog erwähnt hat, haben wir uns über dieses spezielle Thema wirklich heftig gestritten. Über Monate hinweg hatten wir erhitzte Diskussionen zu diesem Punkt, hin und her, vor und zurück, und schließlich haben wir uns irgendwie in der Mitte getroffen. Aber ich denke, es ist wichtig festzustellen, dass wir nicht immer auf derselben Seite standen. Tatsächlich war es so, dass wir eine sehr lange Zeit genau auf gegensätzlichen Seiten waren, und wir waren jeder für sich sehr überzeugt von unserem eigenen Standpunkt. Aber die folgende Unterhaltung ist das, was uns schließlich zusammenbracht hat und uns hat verstehen lassen, wo der andere herkommt …



    * * *


    Joie: Ich kann etwas aus erster Hand erzählen über die Art der Turbulenzen, durch die Michael wohl durchgegangen sein muss. Also, meine Mutter war vor kurzem außerhalb der Stadt auf der Beerdigung eines Verwandten und, wie es oft so ist bei dieser Art von Zusammenkünften, es wurde eine Art Familientreffen. Jedenfalls war sie erschrocken darüber, eine entfernte Cousine, die an Vitiligo leidet, wiederzutreffen. Erschrocken nicht deshalb, weil sie nicht wusste, dass die Cousine diese Krankheit hat, sondern weil sie nicht wusste, wie diese neuerdings damit umgeht. Es sah aus, als ob sich ihr Zustand in den letzten Jahren verschlechtert hätte und ihre Flecken großflächiger geworden wären. Das was sie sonst mithilfe von dunklem Make up kaschiert hatte, war nun zu übermächtig geworden. Also stattdessen hat sie sich nun mit der Depigmentierung abgefunden und die verbliebenen dunklen Pigmente der Haut entfernen lassen, damit die Hautfarbe gleichmäßiger aussieht. Meine Mutter sagt, ihre Haut sähe der von Michael Jackson ziemlich ähnlich.


    So, das hat mich nachdenklich gemacht darüber, was eine Person mit dieser Krankheit wohl fühlt, und ich habe versucht, mich in ihre Lage zu versetzen. Stell dir Folgendes vor: Du bist ein Superstar in der Musikszene. Seit du ein kleines Kind warst, warst du höchst berühmt. Du hattest vier Nummer-Eins-Hits zu der Zeit, als elf Jahre alt warst, und die Welt liebt dich. Oh, ich vergaß zu erwähnen, dass du Afro-Amerikaner bist UND dass deine Karriere in den 1960er Jahren in Amerika begann. Das ist richtig, sag’ es laut „Du bist Schwarz und du bist stolz!“ (Say it loud, you’re Black and you’re Proud!). Nicht nur, dass dich die Welt liebt, nein, das Schwarze Amerika LIEBT dich wirklich!


    Kannst du mir folgen? Ok, gut. Nun stell dir vor, je älter du wirst, umso erfolgreicher und berühmter wirst du. Du wächst von einem Teenager Superstar zu einer Musikikone der Erwachsenen heran. Du bist ein Rockstar! Du bist größer als dieser Typ Elvis (oh ja, ich hab’s gesagt)! Nun stell dir vor, dass auf der Höhe deines Ruhmes und Erfolges dein Arzt dir erzählt, du hättest eine zerstörerische Autoimmunkrankheit, Vitiligo genannt.


    Vitiligo ist eine Erkrankung, die einen Verlust der Hautpigmentierung verursacht. Patienten mit Vitiligo entwickeln weiße Stellen auf der Haut, die in Größe und Lage variieren. Die Krankheit betrifft beide Geschlechter und jede Rasse, aber die charakteristischen entfärbten Flecken sind bei Menschen mit dunklerer Hautfarbe sichtbarer. Da Vitiligo solch eine dramatisch ungleiche Hautfarbe verursacht, bedeutet dies für die meisten Betroffenen eine emotionale und psychische Peinigung – besonders wenn die Flecken sich auf sichtbaren Bereichen des Körpers ausbreiten wie dem Gesicht, Händen, Armen oder sogar an den Genitalien. Die meisten Patienten sind oft peinlich berührt, niedergeschlagen und schämen sich und quälen sich mit der Sorge darum, wie andere darauf reagieren. Also, für eine afroamerikanische Person, die die meiste Zeit ihres Lebens vor der Kamera gestanden hat – und die von ihrem Spiegelbild bereits als Teenager sehr enttäuscht wurde wegen schwerer Akne und von einer Nase, mit der er nie glücklich war – würde diese Diagnose traumatisch sein, gelinde gesagt. Besonders, da er sich ständig mit gemeiner und unfairer Berichterstattung der voreingenommenen Medien konfrontiert sah, die ihn grundsätzlich einen Lügner nannten und dieselbe Öffentlichkeit, die ihn liebte, dahin brachte, zu glauben, dass er seine Hautfarbe, mit der geboren wurde, ablehnte.


    Das klingt wirklich furchtbar, oder? Das war Michael Jacksons Leben. Über Jahre hinweg, nachdem die Vitiligo begann, glaubten Tausende oder vielleicht sogar Millionen Menschen in der Welt, dass sich Michael Jackson seiner Rasse schämte und das alles nur, weil die Medien sich weiterten, ihm zu glauben, wenn er sagte, dass er keine Kontrolle über den Verlust der Pigmentierung seiner Haut habe. Es war eine Tatsache, dass direkt nach seinem Tod der Obduktionsbericht bestätigte, dass er tatsächlich an dieser Funktionsstörung litt, so dass die Welt ihm schließlich glaubte. Und jede neue Nachricht , die man nun lesen konnte, sagte dasselbe:“Huh, ich glaube nun, er hat doch die Wahrheit gesagt.“ oder „Gut, endlich haben wir das Geheimnis geklärt.“


    Ok, geht das nur mir so? Bin ich die einzige, die das erschreckend findet? Jahrelang hat dieser talentierte, herzensgute Mann uns wieder und wieder erzählt, dass er an dieser Störung leidet und dass es ihn sehr verletzt, denn er liebt seine Rasse und ist stolz auf seine Herkunft und die Medien (beide, Tabloid und Mainstream) nennen ihn einen Lügner, der einfach nur Weiß sein will. Die Late-Night-Comedians lachten ihr dröhnendes Lachen, als sie ihn angriffen mit Witzen über seine Hautfarbe und ihn mit allen möglichen verletzenden und gemeinen Ausdrücken bedachten. Im Grunde genommen quälten sie ihn mit seiner Krankheit für den Rest seines Lebens, und nun, wo er gegangen ist, können sie nichts anderes sagen als „Huh, ich glaube nun, er hat doch die Wahrheit gesagt.“ Es tut mir leid, aber ich finde das erschreckend. Und wirklich, wirklich traurig.


    Ich erinnere mich, als ich einmal vor vielen Jahren die Oprah Winfrey Show gesehen habe – noch bevor sie jemals Michael interviewt hatte – als ihre Freundin Maya Angelou zu Gast war. Und ich weiß nicht genau, warum mir dies so im Gedächtnis geblieben ist, aber es ist so. Ms. Angelou sagte, dass wenn dir jemand erzählt, wer er ist, du ihm glauben solltest. Sie begründete das so, dass derjenige sich sehr viel besser kennt als du ihn, also wenn dir jemand sagt, wer er ist, dann glaub’ ihm! Es klingt so einfach. Trotzdem, Michael hat uns immer wieder erzählt, wer er wirklich ist, aber niemand hat ihm jemals geglaubt. Das muss sehr frustrierend für ihn gewesen sein!

    Willa: Das ist ein sehr interessanter Punkt, und dazu einer, über den ich vorher nie nachgedacht habe. Ich habe mich niemals in meinem Leben gefragt, ob ich Weiß genug bin, und ich hatte nie das Gefühl, dass ich mich zurückhalten, mich selbst anzweifeln oder in irgendeiner Form begrenzen muss, um mit der Identifikation meiner Rasse überein zu stimmen. Ich kann mein Haar glatt tragen oder dauergewellt oder mit Dreadlocks, ich kann French Toast zum Frühstück essen oder Sushi zum Lunch oder Fish Tacos zum Abendessen, ich kann dem Zauber eines Buches von Toni Morrison oder Leslie Marmon Silko oder Maxine Hong Kingston verfallen, und es ist ganz einfach kein Thema. Weil ich Weiß bin und zur „vorherrschenden“ Kultur gehöre, kann ich andere Kulturen erforschen so viel ich will, und es bedroht meine Identität in keiner Weise. Und niemand fragt danach. Ich könnte beschuldigt werden, die Kultur von anderen in Beschlag genommen zu haben, aber das ist ein anderes Thema. Aber ich musste mich nie mit dieser Kritik von außen auseinandersetzen oder mit den inneren Selbstzweifeln, über die du gesprochen hast.


    Vielleicht ist es das, was Michael Jackson in dem Rap-Abschnitt von Black or White rüberbringen wollte, als er schrieb „Ich werde nicht mein Leben damit verbringen eine Farbe zu sein“ (I’m not going to spend my life being a color). Ich denke, Michael Jackson leistete allem Widerstand, was uns dazu bringt, unser Leben zu begrenzen, einschließlich unserem Alter, Geschlecht, Nationalität, Sexualität, Rassenidentifikation. Wie du gesagt hast „Er war reichlich Schwarz“ – er war der direkte Nachfahre von James Brown und Jackie Wilson und Sammy Davis, Jr., und er war sehr stolz darauf – aber er bewahrte für sich selbst das Recht zu definieren, was es heißt Schwarz zu sein.


    Idealerweise sollte jeder das Recht haben zur Selbstbestimmung, wir sollten selbst definieren können, wer wir sind und wer wir sein wollen. Künstler experimentieren mit diesem Recht der Selbstdefinition mehr als die meisten anderen Leute - und niemand verschob das Recht auf Selbstdefinition weiter, als es Michael Jackson tat. Er verweigerte absolut, von den Erwartungen anderer Leute in eine Schublade gesteckt zu werden. Wenn er roten Lippenstift tragen wollte, dann tat er es. Allerdings hat dieser Widerstand gegen kulturelle Erwartungen eine ebenso lange Geschichte. Josephine Baker und James Baldwin forderten die kulturellen Rollen auf massive Weise für sich heraus, aber das wies keinesfalls darauf hin, sie würden ihre Schwarze Herkunft nicht respektieren. Stattdessen weiteten sie sie aus und erschufen ein neues Kapitel in der Geschichte ihres Schwarzen Erbes. Und wie du es schon so schön beschrieben hast, Michael Jackson erschuf sehr verwegen ein neues Kapitel ganz für sich allein.


    Ich denke, Michael Jackson war eine umgestaltende kulturelle Person, die tiefgreifend beeinflusst hat, wie wir als Volk die Unterschiede, die uns teilen und trennen, wahrnehmen und erfahren – Unterschiede der Rassen, Geschlecht, Alter, Religion, Nationalität, Sexualität – und ich glaube, er war der bedeutendste Künstler unserer Zeit. Nicht der bedeutendste Schwarze Künstler. Der bedeutendste Künstler, Punkt. Kein Künstler seit Warhol hat uns herausgefordert und verändert auf die Art, wie Michael Jackson es getan hat. Und ironischerweise erreichte er das teilweise, indem er den Beschränkungen trotzte, deren Überschreitung er angeklagt war.


    Joie: Wow. Ich liebe die Art, wie du das sagst:“… indem er den Beschränkungen trotzte, deren Überschreitung er angeklagt war.“ Du hast so recht. Und ich glaube wirklich, es war sein Ziel, die Welt zu vereinen – alle Rassen, alle Farben, alle Nationalitäten – durch das Geschenk seiner Musik. Er sagte einst der Reporterin Sylvia Chase:


    „Wenn sie sich alle an den Händen halten und jeder rockt und da sind alle Farben von Menschen, alle Rassen … Es ist die wundervollste Sache. Sogar Politiker können so etwas nicht!“


    Die Ehrfurcht in seiner Stimme, als er diese Worte zu ihr sagte, ist so echt und andächtig, du weißt einfach, dass er ehrlich bewegt ist, wenn er das sieht. Du kannst es in seiner Stimme spüren und ich glaube, dass er wirklich fühlte, was er in Black or White sang: „Wenn du denkst mein Bruder zu sein / Spielt es keine Rolle, ob du Schwarz oder Weiß bist“ (If you’re thinkin‘ of being my brother / it don’t matter if you’re Black or White). Ich glaube, diese Worte sprachen wirklich zu ihm und waren wichtig für ihn. Ich denke, oberflächlich gesehen wurde der Song von den meisten Leuten als ein süßer „Können wir nicht einfach alle gut miteinander auskommen-Yeah“-Typ Einigkeits-Song gesehen, in Wirklichkeit war es eine sehr ernste Botschaft, die er versuchte uns allen rüberzubringen. Es spielt keine Rolle, ob du Schwarz oder Weiß bist, und das ganze Beurteilen und Etikettieren dient nur dazu, uns alle klein zu halten und unter Kontrolle zu haben. Ist jemand Schwarz genug? Weiß genug? Chinesisch genug? Puerto-ricanisch genug? Das ist nicht gerade eine berechtigte Frage. Sicherlich keine, die jeder – jeder Rasse – jemals jemand anderen fragen sollte, weil nur der Einzelne selbst auf diese Frage antworten kann. Nur ich allein habe das Recht zu fragen, ob ich Schwarz genug bin, genau wie nur du, Willa, das Recht hast zu fragen, ob du Weiß genug bist. Und nur Michael Jackson hatte das Recht zu fragen, ob oder ob er nicht Schwarz genug war. Und ich denke, er beantwortete diese Frage für uns wieder und wieder in seiner Kunst und in der Wahl dessen, was er unterstützte wie den United Negro College Fund und die Equality For Blacks in the Music World.



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