Doping für Turbokühe
Früher hat eine Kuh acht Liter Milch am Tag produziert, um ihr Kälbchen zu versorgen. Heute bringen es Hochleistungskühe in der industriellen Landwirtschaft auf 50 Liter täglich und sogar über 12.000 Liter im Jahr - pro Tier wohlgemerkt. Und der Druck der Märkte wird immer größer. Außer Kraftfutter bekommen die Tiere jetzt noch Medikamente, die ihre Leistung weiter erhöhen können. Viele Verbraucher haben keine Ahnung, dass die Milch die sie trinken eher von gedopten als von glücklichen Kühen kommt.
Das politisch abgesegnete Doping für Milchkühe
Millionen Milchprodukte gehen permanent über deutsche Ladentheken. Fast 30 Milliarden Liter werden im Jahr produziert. Der Umsatz beträgt 23 Milliarden Euro. Auf der Strecke bleiben die Kühe, kritisiert der Tierarzt Rupert Ebner. Die Zucht geht den Weg zu immer mehr Milch pro Tier. Hochgezüchtet und jedes Jahr schwanger verkommt die Kuh zur Produktionseinheit.
Tierarzt Dr. Rupert Ebner erklärt, was viele Verbraucher nicht wissen: Die Produktion von nur 50 Litern Milch im Euter - ohnehin schon eine große Menge für das rund 600 Kilogramm schwere Tier – setze voraus, dass 30.000 Liter Blut durch den Organismus der Milchkuh gepumpt werden müssten.
In immer kürzeren Abständen wird die Leistung pro Tier gesteigert. Heute produzieren Spitzenkühe gut 12.000 Liter im Jahr, manche sogar noch mehr.
Zucht und große Herden - gekoppelt mit viel Technik - machen solche Mengen erst möglich. Aber auch die Pharmaindustrie will helfen. Heftig beworben wird das seit Januar neu zugelassene Medikament Kexxtone. Kexxtone wirkt gegen eine Stoffwechselerkrankung der „lebenden Milchmaschinen“. Und sichert so den weiteren Ertrag. Der langjährige Vorsitzende der DVG, der „Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft“, Prof. a.D. Dr. Holger Martens, beobachtet die Entwicklung mit sehr gemischten Gefühlen.
Arznei korrigiert Züchtungsfehler
Weil die Kuh primär Milch produziere, träten als Folge Entzündungserkrankungen wie Uterus-, Klauen- oder Eutererkrankungen auf. Das sei auch alles gut dokumentiert. Das werde jetzt mit Kexxtone ein bisschen korrigiert. Und damit korrigiere man eine züchterische Fehlentwicklung, der man aus Sicht von Martens ganz anders begegnen müssen.
Korrektur durch ein Arzneimittel. Tierarzt Ebner und seine Kollegen müssen die Verantwortung für den Einsatz des Medikaments übernehmen. Dabei kann keine klare Diagnose gestellt werden. Kexxtone soll der Kuh vorbeugend verabreicht werden.
Kexxtone, kritisiert Tierarzt Ebner, werde zu einem Zeitpunkt eingesetzt, wo die Kuh völlig gesund sei. „Kexxtone nimmt Einfluss auf die Physiologie, auf den Pansenstoffwechsel der Kuh in der Erwartung, dass diese Krankheit irgendwann eintritt. Und damit verhindert man, dass der Bauer sich Mühe gibt, die Kühe perfekt zu füttern.“ Gleichzeitig ermögliche man noch höhere Milchleistungen.
Tiere mit Kexxtone geben bis zu 500 Liter Milch mehr im Jahr. Dank des Wirkstoffs Monensin, der schon 2006 als Futterzusatz verboten wurde. Auch da sollte er die Leistung steigern. Die Pharmafirma Lilly präsentierte jetzt ihr Kexxtone mit dem identischen im Futtermittel verbotenen Wirkstoff, was laut Hersteller selbstverständlich nicht vergleichbar ist.
Pharmaindustrie wiegelt ab
Dr. Enno Gottschalk, der Direktor der Tiermedizinsparte des Eli Lilly-Konzerns kontert, das sei ein „komplett anderer Ansatz“ heute. Man könne das Produkt, das vor 8-10 Jahren auf dem Markt war, nicht vergleichen. Allerdings sind die Wirkstoffmengen nahezu gleich. Nur dass der Wirkstoff nicht mehr über das Futter in die Kühe kommt, sondern als Arzneimittel über die Tierärzte vertrieben wird. Das wundert die ehemals für das Verbot zuständige Ministerin, Renate Künast von den Grünen, sehr:
Jetzt käme es „wieder durch die Hintertür getarnt als Medikament auf den Markt. Das ist systematischer Verbraucherbetrug. Und ich wundere mich, dass Frau Aigner nicht auf die Barrikaden gegangen ist und dafür gesorgt hat, dass es diese Zulassung nicht gibt.“
Ministerin Aigner lehnt ein Interview zum Sachverhalt ab. Sie will uns nicht erklären, wieso eine Pharmafirma es geschafft hat, einen verbotenen Wachstumsstoff wieder in die Milchkühe zu bekommen. Kexxtone wirkt 95 Tage und wird mit einer Druckpistole über den Schlund der Kuh in den Pansen gebracht. Die Milchproduktionssteigerung ist damit schnell und sicher erreicht.
Turbokuh bleibt offenbar Turbokuh
Prof. a. D. Dr. Holger Martens befürchtet, dass dasMittel in Zukunft in vielen Betrieben fast flächendeckend eingesetzt wird.
Wirtschaftlich gesehen ist der Einsatz des Medikaments lukrativ. Ohne genaue Diagnose ist Kexxtone für unter 30 Euro beim Tierarzt zu kaufen. Je nach Milchpreis kann man damit über 100 Euro Gewinn pro Jahr und Tier herausholen. Macht bei 1.000 Tieren 100.000 Euro Reingewinn pro Jahr. Dabei kann die Milch trotz des Medikaments ohne Wartezeit sofort in den Handel abgegeben werden. Denn das zuständige „Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit“ sieht keine Gefahr für einen Missbrauch.
Und auf Anfrage von PLUSMINUS wird auch schnell klar warum, denn: Zitat:„Das Pharmaunternehmen Eli Lilly hat beantragt, die Rückstandhöchstmengen zu ändern“
Eine Erhöhung der Rückstandswerte hält Prof. a. D. Dr. Holger Martens keineswegs für gerechtfertigt. Man könne Grenzwerte, die man ursprünglich hatte, nicht korrigieren, „weil wirtschaftliche Interesse dem entgegen stehen.“
So einfach und effektiv können Pharmaunternehmen, Politiker und Behörden zusammenarbeiten, wenn auch nicht unbedingt zum Wohle von Tieren und Verbrauchern.
http://www.daserste.de/informa…m-12062013-kuehe-100.html
Video zur Sendung:
http://mediathek.daserste.de/s…44_doping-fuer-turbokuehe
Zitat von Dirty DianaRosa-Mariechen mit neuen Haaren
Tolles Bild, oder? Ich muss jedesmal grinsen, wenn ich es sehe.
Zitat von Dirty DianaAber das ist ja oft so,die selbst nicht so viel haben,geben was sie können.
Genau das dachte ich auch und hab auch selbst erlebt - wenn wir die Verwandtschaft um Mithilfe für aktuelle Tierrechts- oder Kinderschutzprojekte gebeten haben, was ab und zu vorkommt, dann waren oft diejenigen sofort bereit etwas zu geben, die eigentlich selbst nichts haben.
Zitat von Dirty DianaAber die Tiere trifft es noch härter.Die haben oft gar nicht die Möglichkeit ihr Leben zu retten.Sorry,das war jetzt Off Topic.Aber das musste ich jetzt mal loswerden
Ich find das gar nicht off topic. Denn wie in Hochwassersituationen mit Tieren umgegangen wird, zeigt doch auch, wie wir auch sonst mit ihnen umgehen. Nämlich leider wie mit etwas, das ganz weit unter einem Menschenleben steht. Nicht falsch verstehen - NATÜRLICH sollen Menschen gerettet werden, das ist ja gar keine Frage, außerdem gehören Menschen- und Tierrechte für mich ohnehin zusammen. Aber es ist wirklich einfach nur zum sich schämen, wie mit Tieren umgegangen wird. Das betrifft, wie auch im Alltag, vor allem wieder einmal die so genannten "Nutztiere". Ich habe Bilder und Videos von ertrunkenen Rindern gesehen. Von "Milchkühen", die, wie auch und gerade auf kleinen Höfen üblich, ANGEBUNDEN im geschlossenen Stall standen, ohne jede Chance zur Flucht, während die Wasserpegel stiegen. In einem Fall kam ein Trupp von Gut Aiderbichl in Deggendorf gerade noch rechtzeitig, sonst wären sie qualvoll ertrunken. Weil sie auf dieser Welt nur eine "Sache" sind, ein Gebrauchsgegenstand, den man ausnutzt und dann wegwirft. Und wenn sie bei Katastrophen wie eben Hochwasser elendig sterben (wobei ich ehrlich gesagt nicht weiß, was schlimmer ist: Ertrinken oder der Tod im Schlachthof) - macht nichts, es gibt ja eine Entschädigungssumme und man kann neue Lebendware kaufen:
>>Schadensersatz und Wiedergutmachung durch den Staat, bedeutet weniger Aufwand als eine Rettungsaktion.<<
http://www.houndsandpeople.com…utschland-nicht-gerettet/
So etwas würde auf Hof Butenland nicht passieren *sicher bin* - dort respektiert man jedes Leben...
>>Herzlich - kuhlsten Glückwunsch zur bestandenen Prüfung:
Kalle hat heute seine Abschlußprüfung mit der Note Zwei bestanden und ist nun ausgebildeter Tierpfleger auf Hof Butenland.
Cowgratulations for passing the exam:
Today Kalle passed his finals in animal care/management. He now is a certified animal care professional working on Hof Butenland.<<
>>Uschis "Fahrkarte in die Freiheit":
Nun sind alle Formalitäten erfüllt, und wir haben Kuh Uschi bei unserem zuständigen Veterinäramt angemeldet. Wir erwarten ihre Ankunft morgen mittag. Uschi ist ca. 7 Jahre alt und sollte geschlachtet werden, weil sie als "Milchkuh" unrentabel geworden ist. Sie hat drei bis vier Kälber geboren und ihr bisheriges Leben in einem Boxenlaufstall mit Spaltenboden verbracht.<<
>>Gemeinsame Sache...
machen Rosa - Mariechen mit Ente und Hühnern, Kuhdame Pietje mit Ochse Samuell, und was macht Riesenbaby Mattis dahinten schon wieder?<<
Habt alle ein kuhles Wochenende!