Dancing With The Elephant

  • In den Jackson FBI Akten mit Charles Thomson
    04/10/2012


    Willa: Joie und ich freuen uns wahnsinnig darüber, dass der Journalist Charles Thomson, der zahlreiche Artikel und Blogposts über Michael Jackson, die Anschuldigungen gegen ihn und die Art, wie diese Beschuldigungen in den Medien behandelt wurden, geschrieben hat, diese Woche mit von der Partie ist.


    Also Charles, als ein investigativer Journalist bist du geschult darin, dem, was du hörst, gegenüber skeptisch zu sein und vorsichtig damit zu sein Schlüsse zu ziehen. Aus diesem Grund ist die offizielle Haltung der meisten respektablen Pressekanäle - im Gegensatz zu den Klatschblättern - „wir werden nie mit Sicherheit wissen“, ob die Anschuldigungen wahr sind oder nicht, obgleich ihre Berichterstattung oftmals die Tendenz zeigt, dass sie glauben, Michael Jackson sei angesichts irgendetwas schuldig, wenn auch nicht der genauen Verbrechen, derer er beschuldigt wurde. Jedoch scheinst du überzeugt davon zu sein, dass Michael Jackson unschuldig war und ich bin neugierig: Was genau hat dich überzeugt?


    Charles: Ich glaube voll und ganz an den Grundsatz, dass ein Mensch unschuldig ist, bis seine Schuld bewiesen wird. Nur allzu oft sieht man rechte Fachgelehrte Kommentare abgeben wie „Nicht schuldig ist nicht dasselbe wie unschuldig“. Nun, ich erlaube mir anderer Meinung zu sein. Das ist der ganze Sinn unseres Rechtssystems. Ein Mensch ist unschuldig, bis er von einer Jury seinesgleichen für schuldig befunden wurde. Michael Jackson wurde für nicht schuldig befunden, also war er nach dem Gesetz buchstäblich unschuldig. Damit anzufangen Kommentare abzugeben wie „Nur weil er für nicht schuldig befunden wurde, heißt das nicht, dass er unschuldig war“ ist der blanke Hohn auf unser gesamtes Rechtssystem.


    Es erscheint mir so, dass die Medien einfach nur sehr ungern die Möglichkeit akzeptierten, dass Jackson unschuldig sein könnte. Die meisten Reporter schienen bereits überzeugt von Jacksons Schuld zu sein, weil sie ihn für einen Spinner hielten. Aphrodite Jones hat darüber in ihrem Buch geschrieben. Ich war zur Zeit der Michael Jackson Gerichtsverhandlung kein Journalist - ich war noch immer in Ausbildung - aber ich hatte immer dieselbe Einstellung: Ich möchte gerne Beweise sehen, ehe ich etwas glaube.


    Was während der Jackson Verhandlung offensichtlich wurde, war, dass Beweiskraft nicht die Stärke der Staatsanwaltschaft war. Für all ihr Gepolter konnten sie keinen Fetzen eines greifbaren Beweises zustande bringen, um Jackson mit irgendeinem Verbrechen in Verbindung zu bringen. Alles was sie wirklich hatten, war eine Parade von Zeugen, von welchen die eine Hälfte im Kreuzverhör zusammenbrach und die andere Hälfte letztlich der Verteidigung mehr half als den Strafverfolgern.


    Der Jackson Fall war einer, in dem die Staatsanwaltschaft alle Vorteile auf ihrer Seite hatte. Sie plünderten Jacksons Haus unangekündigt, während er meilenweit entfernt in Las Vegas war. Sie hatten die Unterstützung globaler Medienberichterstattung und brachten Fälle anderer Opfer heraus. Sie betraten Bereiche, die nicht von ihrem Durchsuchungsbefehl gedeckt waren, stahlen Dokumente der Verteidigung aus dem Haus von Jacksons persönlichem Assistenten und durchsuchten auf illegale Weise das Büro des Privatermittlers, der für die Verteidigung arbeitete – all das bescherte ihnen einen unfairen Vorteil.


    Trotz alledem war es ihnen noch immer nicht möglich irgendetwas zu fabrizieren, das einem aussichtsreichen Fall nahe käme. Ich habe die Verhandlung damals verfolgt und erinnere mich daran schockiert gewesen zu sein angesichts der Divergenz zwischen den gerichtlichen Abschriften und der Medienberichterstattung.


    J. Randy Taraborrelli hatte zuvor eine Geschichte über die Verhandlung erzählt. Er und der Rest des Pressepacks standen für ihre Pässe an. Eine renommierte weibliche Reporterin eines großen Magazins regte sich mehr und mehr darüber auf in der Schlange warten zu müssen (der Horror!) und explodierte plötzlich: „Glaubt hier IRGENDWER, dass Michael Jackson unschuldig ist, außer Randy Taraborrelli!?“


    Diese Geschichte fasst die Haltung der Medien bezüglich der Verhandlung zusammen: „Wir wissen, dass er schuldig ist. Das ist eine Zeitverschwendung. Sie sollten ihn einfach jetzt gleich einsperren.“ Das ließ ihre Berichterstattung schlecht werden, bewusst oder unbewusst.


    Joie: Es hat ihre Berichterstattung absolut verdorben, und es fällt mir einfach so schwer zu glauben, dass sie einseitig die Geschichte erzählt haben, die sie erzählt haben wollten – durch die Bank. Weißt du, ich habe neulich meiner Mutter meine Ausgabe von Michael Jackson Conspiracy von Aphrodite Jones geliehen, und nachdem sie es gelesen hatte, war sie völlig geschockt, weil alles, was sie wirklich von der Verhandlung wusste war, dass Michael Jackson im Schlafanzug vor Gericht erschienen war. Und als sie das sagte, war ich zunächst irgendwie sauer, aber als ich erst mal darüber nachgedacht hatte, habe ich begriffen, natürlich ist das alles, was sie wusste. Das ist alles, was der Großteil der Welt weiß, weil das alles ist, was die Medien ihnen erzählt haben. Niemand weiß wirklich, dass alle Zeugen der Staatsanwaltschaft im Kreuzverhör vernichtet wurden, weil die Medien nichts darüber berichteten, was die Verteidigung zu sagen hatte. Sie haben nur über die Sicht der Staatsanwaltschaft berichtet.


    Charles: Ich arbeite nun seit 5 Jahren als Journalist und habe eine Menge Zeit im Gericht verbracht, um über Fälle für lokale und nationale Zeitungen zu berichten. All diese Zeit mit Gerichtsfällen zu verbringen - Kindesmissbrauchsfälle eingeschlossen - hat meinen Glauben daran, dass Michael Jacksons Strafverfolgung eine Farce war, nur erhärtet.


    Willa: Das ist eine ziemlich starke Verurteilung, Charles. Was genau also ist an diesem Fall anders, als an anderen Fällen, über die du berichtet hast?


    Charles: Vieles am Michael Jackson Fall war anders als an anderen Kindesmissbrauchsfällen, denen ich beigewohnt habe. Erstens, während ich in der Vergangenheit einige unfähige Strafverfolger erlebt habe, habe ich niemals etwas gesehen, was an die Dummheit der Michael Jackson Strafverfolgung heranreicht. Es war, als wäre der Fall von Mr. Bean zusammengesetzt worden. Jeder Zeuge erwies sich als unbrauchbar. Es gab keinen Beweis, um irgendeinen der Anklagepunkte zu unterstützen. Die Staatsanwälte verhielten sich wie Witzbolde, die manchmal versuchten ihren gesamten Fall vom Fleck weg umzuschreiben, weil Zeugen sich nicht so bezahlt gemacht hatten, wie sie es erhofft hatten. Es war hoffnungslos. Das Büro des Bezirksstaatsanwalts von Santa Barbara sollte jede Nacht seinen Glückssternen danken, dass Michael Jackson keine Klage wegen falscher Anschuldigung erhoben hat.


    Was Unterschiede zwischen dem Michael Jackson Fall und anderen Kindesmissbrauchsfällen, die ich persönlich verfolgen durfte, anbelangt, passte nichts wirklich zusammen. Michael Jackson passte auf keine Weise ins Profil eines rücksichtslosen Pädophilen. Die Opfer in solchen Fällen sind normalerweise am Boden zerstört, brechen im Zeugenstand in Tränen aus, wenn sie den Missbrauch nacherzählen, dem sie ausgesetzt waren, wohingegen Arvizo Witze riss. Sie sind normalerweise traumatisiert durch ihren Missbrauch dahingehend, dass er wie eine Blitzlichterinnerung ist - ihre Erinnerungen sind lebhaft und beständig - wohingegen die Erinnerungen im Jackson Fall gänzlich widersprüchlich waren.


    Um in jedes Detail zu gehen inwiefern der Michael Jackson Fall sich von anderen, über die ich berichtet habe, unterschied – könnte ich einen 5000 Wörter Essay darüber schreiben. Aber um es kurz zu fassen: Ich habe in zahlreichen Verhandlungen gesessen, in welchen echte Missbrauchsopfer gegen ihre Peiniger ausgesagt haben. Ich sah keine Ähnlichkeiten im Verhalten der Opfer oder der Angeklagten, keine Ähnlichkeiten in den Aussagen, keine Ähnlichkeiten in den Anklagen – und ich habe auch niemals einen wirklichen Kinderschänder im Umkreis von einer Millionen Meilen gesehen, der die unglaublich starke Verteidigung aufbringen konnte, wie es Jackson möglich war. Die Abschriften des Arvizo Falles lesen sich wie eine unüberlegte Parodie eines echten Kindesmissbrauchsfall.

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  • Willa: Was irgendwie wieder zu der Frage führt, die ich dir anfangs gestellt habe. Gab es ein bestimmtes Beweisstück, das besonders überzeugend für dich war oder war es einfach eine Anhäufung von Beweisen, sodass du nach einer Weile einen Wendepunkt erreicht hast und von Jacksons Unschuld überzeugt wurdest?


    Charles: Um dies zu beantworten, werde ich zur ersten Zeile meiner Antwort zurückkehren: Ich glaube voll und ganz an das Prinzip, dass eine Person so lange unschuldig ist, bis die Schuld bewiesen ist. Die Staatsanwaltschaft kam im Prozess um Michael Jackson nicht einmal in die Nähe dessen. Michael Jackson wurde durch eine Kombination einerseits der kompletten Unfähigkeit der Staatsanwaltschaft irgendeinen schlagenden Beweis für Jacksons Schuld zu finden und andererseits durch die Fähigkeit des Verteidigers eine Fülle an schlagenden Beweisen für Jacksons Unschuld zu präsentieren, freigesprochen. Indem sie Michael Jackson freisprachen, erklärten sie ihn vor dem Gesetz für unschuldig.


    Hier ist ein kurzes Beispiel, das für mein Gefühl deutlich macht, warum die Verteidigung diesen Fall gewonnen hat. Die Staatsanwaltschaft rief mehrere ehemalige Angestellte Jacksons auf, die angeblich Zeugen der Belästigung dreier Jungen waren: Brett Barnes, Wade Robson und Macauley Culkin. Etwas anderes als diese extrem wackeligen Aussagen der drei Ex-Angestellten – alle vollständig im Kreuzverhör widerlegt – hatte die Anklage nicht als weiteren Beweis für einen Missbrauch aufzubieten.


    Die Verteidigung rief Barnes, Robson und Culkin ganz zu Beginn ihres Falles auf. Alle drei gaben den Geschworenen unmissverständlich zu verstehen, dass sie niemals belästigt worden waren und dass sie diese Unterstellung auf das Schärfste zurückweisen würden.


    Während Robson im Kreuzverhör stand, unternahm Staatsanwalt Ron Zonen einen verzweifelten Versuch, sich wenigstens den äußeren Anschein von Glaubwürdigkeit zurück zu erkämpfen, dass diese Jungen belästigt worden sein könnten. Um dies zu erreichen, erfand er im Grunde aus dem Nichts ein Szenario, in dem er zu akzeptieren schien, dass die eigenen Zeugen der Staatsanwaltschaft gelogen hatten, versuchte dabei aber zu unterstellen, dass Robson trotzdem belästigt worden sein könnte. Der Beweis der ehemaligen Angestellten gegenüber den Geschworenen war, dass Robson wach gewesen war, als er belästigt wurde, aber Zonen verbiss sich darin, indem er die Geschworenen praktisch anflehte, in Erwägung zu ziehen, dass Robson eventuell bei anderen Gelegenheiten belästigt wurde, während er schlief, so dass er sich dessen nicht bewusst war!


    Willa: Das ist ein ziemlich schockierender Bericht darüber, einen Zeugen anzuführen – und es zeigt wirklich, wie sich das Büro des Bezirksstaatsanwaltes dem Fall von Beginn an annäherte, denke ich. Sie führten keine Untersuchung durch, um herauszufinden, was passiert war. Stattdessen fällten sie ein Urteil darüber, was passiert war und versuchten dann erst Beweise zu sammeln, um es zu beweisen. Ihr Urteil, dass er schuldig sei, kam vor der Überprüfung, nicht danach.


    Charles: Das ist eine Art Mikrokosmos in dem ganzen Fall. Der Version der Staatsanwaltschaft, wie die Ereignisse stattgefunden haben sollten, war wie ein Haus, das auf ein schwaches Fundament gebaut war. Sie begannen mit einer extrem schwachen Ausgangslage – einem sehr unsicheren Zeugen oder vielmehr bedeutungslosen „Beweisstück“ – und dann bauten sie einen enormen Turm an Verschwörungen oben drauf. Die Verteidigung brauchte nur hereinkommen und das darunterliegende Fundament wegzuziehen.


    Kurz gesagt, es geht über meine Vorstellungskraft hinaus, dass irgendjemand, der den Fall in der Tiefe studiert hat, sich selbst die Frage gestellt haben könnte „Haben die Ankläger ihren Fall über einen begründeten Zweifel hinaus bewiesen?“ und darauf ehrlich antworten könnte, dass dies der Fall sei.


    Joie: Oh, ich weiß nicht, wie irgendjemand ein Argument für die Anklage hervorbringen könnte.


    Also Charles, du warst in das Ersuchen der FBI-Akten zu Michael Jackson unter dem Freedom of Information Act (FOIA) involviert. Ich bin neugierig, was spornte dich an, danach zu fragen und was genau hast du gehofft in diesen Akten zu finden?


    Charles: Ich war nicht sicher, was ich in diesen Akten finden würde, nicht einmal, ob es überhaupt eine Akte über ihn gab. Ich nahm die Freedom of Information-Anfrage auf gut Glück vor.


    Freedom of Information ist ein brillantes Werk der Gesetzgebung, das es Bürgern erlaubt, verborgene Informationen anzufordern, die im Besitz der Regierungsbehörden sind. Du kannst einfordern, zu erfahren, wie viel deine örtliche Regierung jedes Jahr an Gebäck für die Belegschaftsräume ausgibt oder Information darüber erlangen, wie viele Anklagen über Polizeigewalt im letzten Jahr in deiner örtlichen Polizeistation erhoben wurden oder die Korrespondenz zwischen Regierungsabteilungen bezüglich verschiedenster Angelegenheiten einzusehen.


    Ich hatte hiervon beim FBI schon einige Male vorher Gebrauch gemacht. Ich hatte die Akte von James Brown angefragt, zum Beispiel. Darin fand ich einen aufschlussreichen Bericht der angeblichen polizeilichen Verfolgungsjagd, für die er in den 1980er Jahren verhaftet und eingesperrt wurde und welcher die Ereignisse auf eine ganz andere Art und Weise als die Version der Polizei zu jener Zeit darstellte. In anderen Akten von Prominenten gab es Aktenvermerke über deren Überwachung durch das FBI während der 60er Jahre, weil man vermutete, sie wären Kommunisten.


    Wurde Michael Jackson durch das FBI überwacht, weil erkannt wurde, welche Macht er über sein Publikum hatte? Hatten sie die sogenannte finanzielle ‚Verschwörung’ gegen ihn untersucht, dessen Beleg sie Raymone Bain zufolge etwa 2006/7 an den Justizminister geschickt haben? Waren sie in die Untersuchungen zum Fall der Kindesbelästigung verwickelt? Dies waren die Art von Fragen, die ich mir selbst stellte.


    Ich war nicht sehr glücklich über die Art, wie das FBI die Veröffentlichung handhabte, wie ich auch schon in meinen Blogs über dieses Thema und in der Passage, die ich über die Akte für J. Randy Taraborrellis Buch geschrieben habe, deutlich gemacht habe. Anstatt die Akte direkt jenen zur Verfügung zu stellen, die danach gefragt hatten – ich weiß nicht, wie viele andere nach ihnen gefragt haben – verkündete das FBI, dass es die Dateien zu einer bestimmten Zeit auf seine Website stellen würde, für jedermann lesbar.

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  • Joie: Ja, das ist überraschend. Man erwartet nicht, dass das FBI in dieser Manier tätig wird.


    Charles: Was hierdurch im Grunde genommen provoziert wurde, war ein Gerangel mit Nachrichtenorganisationen aus der ganzen Welt, die sich alle darum drängelten, downloaden zu können, es flüchtig zu lesen, um dann schneller als alle anderen darüber berichten zu können. Dies führte zu extrem schlampiger Berichterstattung über die Inhalte der Akte. Ich schrieb über die chaotische Berichterstattung der Medien zu den Dokumenten in meinem Blog.


    Ich habe ebenfalls in einem Blog darüber geschrieben, dass die Akten enthüllt haben, dass Tom Sneddon, der Bezirksstaatsanwalt, der Jackson verfolgt hat, versucht hatte, an die FBI Akte zu gelangen, um Jackson unter Anwendung des Mann Act unter Strafe zu stellen. Der Mann Act ist ein grundsätzlich rassistisches Gesetz, welches nach seiner Einführung weitreichend genutzt wurde, um schwarze Männer zu bestrafen, die mit weißen Frauen verkehrten. Die Auffassung von gemischtrassigen Beziehungen wurde zu jener Zeit als ‚unmoralisch‘ angesehen. Es war schlichtweg so, dass jeder schwarze Mann, der mit einer weißen Freundin reiste und erwischt wurde, sich selbst bei Strafverfolgung unter Anwendung des Mann Act wiederfand wegen ‚des Transportes einer Frau über die Staatsgrenze zu unmoralischen Zwecken‘.


    Das phänomenale Buch Unforgivable Blackness: The Rise and Fall of Jack Johnson (Unverzeihliches Schwarzsein: Der Aufstieg und Fall des Jack Johnson) erzählt, wie Johnson, der erste jemals schwarze Boxchampion im Schwergewicht der Welt einer der Beweggründe für die Einführung des Gesetzes war. Der Regierung gefiel nicht die Art, in der Johnson ‚seinen Reichtum offen zur Schau stellte‘ (soll heißen: er kaufte Autos) und sich mit weißen Frauen traf. Er wurde verhaftet wegen der Tatsache, mit einer weißen Liebhaberin zu reisen. Das Gesetz wurde ebenfalls genutzt, um Chuck Berry wegen angeblichen Verkehrens mit einem 14-jährigen Mädchen anzuklagen, im selben Jahr, in dem Elvis Presley begann, sich mit Priscilla Beaulieu zu treffen – seiner zukünftigen Frau. Sie war 14 zu jener Zeit. Elvis wurde nicht angeklagt.


    Joie: Wow. Ich wusste, natürlich, dass Priscilla erst 14 Jahre alt war, als sie begann, Elvis zu treffen, aber ich hatte keine Ahnung, dass Chuck Berry im selben Jahr für exakt dieselbe Sache, die Elvis tat, angeklagt wurde. Erzähl‘ über „unverzeihliches Schwarzsein“. Das ist unglaublich.


    Charles: Nur für das Protokoll: Chuck Berry stritt die Anschuldigung ab, dass er mit dem Mädchen geschlafen hätte. Er sagte, sie wäre eine Anhalterin gewesen, der er einen Job in seinem Club gegeben hat, dass er sie dann feuerte, und dass sie sich daraufhin die Anschuldigungen zurechtgelegt habe, um ihn zu kränken. Während des gesamten Prozesses machte der vorsitzende Richter wiederholt Kommentare über seine Rasse. Er wurde verurteilt.


    Willa: Oh, das ist solch eine Doppelmoral. Jerry Lee Lewis heiratete eine 13-jährige – und verteidigte sich dann damit, indem er sagte, er habe gedacht, sie sei 15, als ob das irgendeinen Unterschied machen würde. Und das war nur ein Jahr bevor Chuck Berry verhaftet wurde, also wurde Chuck Berry zur gleichen Zeit dafür angeklagt, angeblich mit einer 14-jährigen zu verkehren, während Elvis eine 14-jährige traf und Jerry Lee Lewis mit einer 14-jährigen verheiratet war.


    Charles: Du kannst meinen vollständigen Blog über den Mann Act hier lesen here.Ein interessanter Umstand ist, dass das FBI lediglich 333 Seiten von Jacksons 673 Seiten umfassender Akte veröffentlichte – also weniger als die Hälfte davon. Sie gaben niemals eine Erklärung ab, warum der Rest zurückgehalten wurde, sogar obwohl sie aufgrund des Freedom of Information Act gesetzlich dazu verpflichtet sind.


    Während des Skandals 1993 verkündete Johnnie Cochran, dass er Akten an das FBI geschickt und sie um die Einleitung einer Untersuchung der Chandlers wegen Erpressung gebeten habe. Keinerlei Dokumente, die dies betreffen, wurden in Jacksons Akte veröffentlicht. Ich forderte Cochrans Akte an, und auch darin waren sie nicht enthalten. Ich hinterfragte dies, und das FBI behauptete, es könne keine solche Dokumente ausfindig machen. Ob das wahr ist oder nicht – wer weiß? Sie behaupten auch, keine Akte über Hunter S. Thompson zu haben, obwohl er mindestens zwei Begegnungen mit dem FBI über die Jahre in seinen Schreiben erwähnt.


    Joie: Das ist interessant, nicht wahr? Und nur 333 von 673 Seiten wurden freigegeben. Welchen möglichen Grund könnten sie dafür haben, über die Hälfte der Akte unter Verschluss zu halten?


    Charles: Vielleicht wollte das FBI diese Erpressungsdokumente nicht herausgeben, weil ihre Untersuchungen halbherzig waren oder sogar gar nicht existierten. Andere Gründe könnten sein, dass die Seiten Bezug auf andere, noch lebende Personen nehmen oder auf Mittelsmänner, die noch aktiv sind – obwohl das auch keine besonders legitime Entschuldigung ist, wenn man bedenkt, dass solche Details einfach verschleiert werden könnten.


    Willa: Obwohl es ihnen gesetzlich nicht erlaubt ist, Dokumente zurückzuhalten, einfach um ihr Missmanagement des Falles zu verschleiern, richtig? Gemäß dem Gesetz dürfen sie Informationen lediglich aus legitimen Gründen zurückhalten: wenn die Veröffentlichung eine Bedrohung der Sicherheit aufwerfen oder aktive Ermittlungspersonen einem Risiko aussetzen oder das Privatleben noch lebender Privatpersonen gefährden würde, wie du sagtest.


    Charles: Das ist absolut korrekt, aber wer kontrolliert das FBI? Während Freedom of Information ein brillantes Stück der Gesetzgebung ist, hat es auch seine Schwachstellen. Behörden können Anfragen aus fadenscheinigen Gründen zurückweisen in der Gewissheit, dass der Prozess der Anfechtung extrem langwierig ist und die meisten Leute nicht die Zeit und die Ressourcen dafür haben, dies weiter zu verfolgen.


    Eine meiner eigenen FOI Anfragen wurde kürzlich durch die Polizei aus den fadenscheinigsten Gründen zurückgewiesen. Ich habe einer Serie von Gerichtsanhörungen über einen Undercover durchgeführten Polizeieinsatz beigewohnt – alles staatsarchiviert, denn es wurde in öffentlicher Sitzung diskutiert – aber als ich ein FOI an die Polizei sandte, um mehr Informationen zu diesem Einsatz zu erhalten, verweigerten sie die Einwilligung mit der Behauptung, dass sogar das Zugeben des Einsatzes die nationale Sicherheit in Frage stellen würde oder so ein ähnliches Geschwätz.


    Also kann es sogar in einem öffentlichen Prozess erörtert werden, an dem jedes Mitglied der Öffentlichkeit teilnehmen und zuhören kann, aber das Zugeben seiner Existenz unter dem FOI stellt eine Bedrohung der nationalen Sicherheit dar? Das ist eindeutig Unsinn.


    Also ist es so, dass Behörden ständig das Gesetz zum FOI missachten in dem Bewusstsein, dass der Anfechtungsprozess langsam, arbeitsaufwendig und oft ineffektiv ist. Die Strafvollzugsbehörde erzählte einmal einem meiner Kollegen, dass die Herausgabe der Kosten eines Frühstücks der Gefangenen an den Steuerzahler eine Bedrohung für die nationale Sicherheit sei. Er hat Einspruch dagegen erhoben und gewonnen – aber das dauerte fast ein Jahr.


    Na ja. Vielleicht werden wir in ein paar Jahren ein wenig mehr erkennen können, was sie über Michael Jackson zurückgehalten haben.

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  • Joie: Also Charles, lass uns über das, was in den 333 Seiten steht, reden. Grundsätzlich enthüllten die Akten, dass Michael Jackson annähernd zehn Jahre lang überwacht worden war und niemals auch nur ein Beweis für Kindesbelästigung gefunden werden konnte. Ist das korrekt?


    Charles: Ja, das ist korrekt. Sie haben Anschuldigungen erhalten, aber niemals einen Beweis gefunden, der diese unterstützen würde. Die Medien, ob nun unabsichtlich oder als Ergebnis dessen, die Akten nicht gründlich gelesen zu haben, berichteten deren Inhalt völlig falsch.


    Zum Beispiel gaben viele Pressekanäle die falsche Behauptung weiter, dass das FBI Jackson wegen Belästigung zweier mexikanischer Jungen in den 80er Jahren überprüft habe. Was in der Akte aber tatsächlich steht, ist, dass ein Schreiber das FBI kontaktierte, um zu sagen, sie hätten ein Gerücht gehört, das FBI habe die Angelegenheit untersucht. Das FBI suchte in seinen Aufzeichnungen, fand keinen Beweis, der unterstützen würde, dass jemals eine solche Untersuchung stattgefunden hatte, vermerkte aber den Telefonanruf. Dieser Vermerk wurde von den Journalisten – ob nun aus Faulheit oder aus Böswilligkeit - fälschlich als Beweis dafür zitiert, dass das FBI die Angelegenheit untersucht habe, wenn im Grunde auch genau das Gegenteil ausgesagt wurde.


    Willa: Das ist verrückt! Es ist, als wären die Medien und das FBI in einer Rückkopplungsschleife gefangen. Ein Schreiber hört ein Gerücht, dass das FBI Michael Jackson untersucht und nimmt Kontakt zu ihnen auf, um zu erfahren, ob es wahr ist, das FBI führt eine interne Untersuchung durch und findet heraus, dass es nicht stimmt, und dann berichten die Medienkanäle, dass das FBI eine Untersuchung durchführt. In diesem Fall also berichten die Medien nicht einfach die Neuigkeit, sie kreieren sie sogar.


    Joie: Ja, es scheint, dass das Erfinden von Neuigkeiten etwas ist, was die Medien in diesen Tagen ziemlich oft tun.


    Charles: In der Akte enthalten war auch ein Ablauf der FBI-Analyse all der beschlagnahmten Computer von Neverland während der Durchsuchung 2003. Die Akten stellen ganz eindeutig klar, dass nichts Verfängliches auf irgendeinem dieser Computer gefunden wurde – aber zahlreiche Medienkanäle behaupteten, dass die Akten die Fundstücke des FBI nur nicht enthalten würden!


    Das FBI analysierte einmal ein Videoband, um zu sehen, ob es pornografisches Material mit Kindern enthielt. Es gibt keinerlei Erwähnung in den Akten, dass das Band jemals Michael Jackson gehört hatte. Sein Name stand einfach auf einem Label, das an dem Videoband angebracht war. Es gibt dort auch keine Erwähnung, dass das Video tatsächlich kinderpornografisches Material enthielt. Aber verschiedene Medien berichteten, Jackson sei wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material untersucht worden.


    Die einzige Sache in der Akte, die – wenn jemand ganz besonders verzweifelt etwas finden wollte – man als vage verfänglich ansehen könnte war der Mann Act Vorfall – und auch das ist Auslegungssache. Jemand kontaktierte das FBI und berichtete, Michael Jackson in einem öffentlichen Zug in voller Sichtweite anderer Passagiere gesehen zu haben, wie er mit einem jungen Begleiter in ein Abteil ging. Sie hatten keine Ahnung, was, wenn überhaupt irgendwas, in dem Raum passierte. Das FBI legte fest, dass dies keine Grundlage für eine Untersuchung sei.


    Willa: Und weißt du, ich denke, das trifft eines der Themen der Medienbestattung über Michael Jackson genau ins Herz: Wie berichten die Medien über die „Abwesenheit“ eines kriminellen Beweises? Es verletzt ihre Definition von Neuigkeiten. Ein Gerücht ist eine Neuigkeit, denn es ist „etwas“ zum Berichten. Aber Seite für Seite der FBI Akten mit dem Wort „NICHTS“ darauf – weil das FBI untersuchte und nichts fand – sind es keine Neuigkeiten, denn es ist „nichts“. Wie berichtest du über „nichts“?


    Du hast dies in deinem Blog über die FBI Akte angesprochen:


    Auf einer eher grundsätzlichen Ebene enthüllen die Akten, dass es nicht nur der Polizeiapparat von Los Angeles war, der Jackson mehr als eine Dekade verfolgte und damit gescheitert war, auch nur einen Deut an Information hervorzubringen, der den Star mit irgendeinem Verbrechen in Verbindung bringen könnte – dem FBI ging es genauso. Dass Jacksons Leben auseinandergenommen und sein Verhalten mehr als zehn Jahre lang durch zwei große Strafverfolgungsbehörden untersucht und nicht ein Beweisstück gefunden wurde, das seine Schuld anzeigen würde, spricht Bände.


    Im Großen und Ganzen erzählten die Medien es allerdings nicht ganz auf diese Weise.


    Weißt du, es scheint mir so zu sein, dass wenn es überhaupt einen Rockstar gibt, von dem wir mit Sicherheit behaupten können, dass er nicht pädophil war, dann ist es Michael Jackson. Wer sonst noch wurde so gründlich überprüft wie er? Jedoch trifft dies nicht die öffentliche Wahrnehmung, denn über die überwältigende „Abwesenheit“ jeglicher Beweise gegen ihn wurde nie berichtet.

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  • Charles: Während in der FBI Akte festgehalten wurde, dass nichts auf Jacksons Computer gefunden wurde, ist nichts so interessant - nicht soweit es viele Journalisten und durchaus auch Leser / Zuschauer angeht – wie wenn sie etwas gefunden hätten, ich glaube, es ist immer noch eine Geschichte. Es ist einfach eine positive Geschichte – und positive Geschichten über Michael Jackson sind einfach nichts, die zu berichten interessant für die Medien ist. Also glaube ich nicht, dass die Medien es schwierig fanden, zum Beispiel über diesen Teil der Akte zu berichten. Ich denke, die Medien entschieden sich, es nicht zu tun, weil es nicht zu ihrer Tagesordnung passte.


    Natürlich gibt es da auch noch den Aspekt, sich abzusichern. Wenn du Jahre damit verbracht hast extrem unfair über Michael Jackson zu berichten, wenn du alles in deiner Macht stehende getan hast, das Publikum davon zu überzeugen, dass er schuldig sein muss – dann sieht das sorgfältige Berichten über den Inhalt dieser Akte wie ein gewaltiger Rückzieher aus.


    Joie: Und auf mich wirkt das einfach wie solch ein Hohn auf die Gerechtigkeit. Viele Jahre lang hatten die Medien ihre Hand dabei im Spiel die Karriere dieses Mannes und seine ganze Persönlichkeit zu zerstören, und das taten sie mit großem Genuss – über Gerüchte berichten und abscheuliche Anspielungen so zu machen, als ob es Tatsachen wären. Aber etwas zu berichten, dass tatsächlich beweisen könnte, dass der Mann unschuldig war … das steht aus irgendeinem Grund nicht zur Diskussion! Es ist vollkommen verbrecherisch. Und es lässt mich die Frage stellen, ob wir wirklich die Wahrheit über alles wissen, oder essen wir einfach die Häppchen auf, die uns die Medien auftischen – ohne Rücksicht darauf, ob daran irgendetwas wahr ist, was sie uns berichten.


    Willa: Das ist eine riesige Frage, Joie, und eine wirklich wichtige. Nach alldem gibt es eine Menge Menschen in den Vereinigten Staaten, die immer noch glauben, dass der Irak irgendwie in den Angriff auf das World Trade Center involviert war. Das ist einfach erschreckend, und es spiegelt einen fast verbrecherischen Mangel an Medienberichterstattung wider über die wesentlichen Themen zu den Kernpunkten des Irakkrieges. Und das führt wieder einmal zurück zu dieser Frage darüber, wie die Medienkanäle über eine „Abwesenheit“ berichten. Wie berichten sie über den Mangel an irgendwelchen Beweisen gegen Michael Jackson? Wie berichten sie über den Mangel an irgendwelchen glaubwürdigen Beweisen, die den Irak mit dem 11. September verbinden? Die Antwort scheint zu sein, dass sie es nicht tun. Sie wissen, wie man über Gerüchte berichtet, aber sie wissen nicht, wie man etwas wieder zurücknimmt und berichtet, dass diese Gerüchte nicht wahr sind – oder sie wollen es nicht.


    Charles: Als jemand, der in der Medienwelt arbeitet ist es meine Erfahrung, dass diese skrupellosen Journalisten sehr in der Minderheit sind. Bei meiner ganzen Arbeit am Michael Jackson Skandal habe ich nicht das Gefühl, dass dies darauf schließen lässt, wie die Medien generell arbeiten. Wenn es so wäre, dann würde ich ständig über andere Fälle schreiben, in den die Medien ähnlich vorgegangen wären. Es gibt viele, viele mehr, natürlich, aber sie sind immer noch in der Minderheit.


    Die meisten der Journalisten, die ich getroffen oder mit denen ich zusammen gearbeitet habe, sind gewissenhaft, hart arbeitend, leidenschaftlich und anständig – sogar bei Zeitungen, die bei Jacksons Fans wegen ihrer Art der Berichterstattung unbeliebt sind.


    Nichtsdestotrotz gibt es diese gewaltigen Verdrehungen des Journalismus, die die ganze Zeit weitergehen. Viel davon, denke ich, kann man der Rudelmentalität zuschreiben. Die Medienkanäle haben das Gefühl, dass wenn jeder andere über eine große Story berichtet, sie das auch tun sollten oder sie würden etwas versäumen. Nick Davies schreibt darüber sehr wortgewandt in seinem Buch Flat Earth News (Nachrichten der Erdscheibe). Im Grunde ist es so, dass wenn ich den Leuten, die an der Vorgehensweise der Medien und an den Gründen ihres Versagens interessiert sind, ein Buch empfehlen könnte, dann wäre es Flat Earth News. Darin untersucht Davies die systembedingten Schwächen, die zu weitverbreiteter Ungenauigkeit und zu Verfälschungen führen. Ich behaupte, dies zu lesen, ist für jeden unentbehrlich, der an diesem Thema interessiert ist.


    Joie: Danke für diese Empfehlung, Charles; es klingt wie ein wirklich interessantes Buch. Und vielen Dank, dass du dich uns angeschlossen hast. Dies ist eine Diskussion, die Willa und ich uns seit langer Zeit gewünscht haben und wir freuen uns, dass du dir die Zeit genommen hast, dich mit uns zu unterhalten!


    Willa und ich brauchen noch eine Minute, um noch zwei weitere bedeutende Informationshappen mit euch zu teilen. Willa, willst du anfangen?


    Willa: Wir haben der Lyrics Library einige leere Seiten für die Bad 25 Bonus Tracks hinzugefügt. Sie sind jetzt noch leer, weil die Lyrics nicht in den Begleitunterlagen enthalten waren. Da ist Platz für Kommentare für jeden Song, also wenn ihr eure Gedanken über diese Lyrics posten wollt, können wir beginnen, diese zusammenzustellen. Oh, und vielen Dank an Caro, dass sie dies vor ein paar Wochen vorgeschlagen hat!


    Joie: Außerdem haben Willa und ich, nach langer Diskussion und Seelenforschung, beschlossen, dass wir auf ein zweiwöchiges Format für den Blog umschalten. Damit wir euch weiterhin zum Nachdenken anregende, gut recherchierte Diskussionen anbieten können und uns währenddessen immer noch um uns selbst und unsere Familien kümmern können, müssen wir einige Dinge neu ordnen, also werden wir ab sofort an jedem ersten und jedem dritten Donnerstag eines Monats posten. Wir hoffen, dass ihr alle Verständnis dafür habt und wir hoffen, dass dies niemandem ungelegen kommt.



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  • Ja, dich habe ich auch mitgenommen. Du hattest mal irgendwo erwähnt, dass du hier auch mal lesen wolltest, und da dachte ich, ich bringe dich auf diese Weise dazu, hier reinzusehen ( kleiner Scherz).

    :-D *giggle* Irgendwie werde ich das auch schaffen, Menno!


    Du bist ganz einfach dabei, weil ich dich schätze.

    :love: Ich schätze Dich auch sehr. :kiss:


    Und als wir am Carolwood Drive angelangt waren, sah ich genau über mir dieses Bild:


    Eine Botschaft „from above“


    Woooow... :stern::herz::herz::herz:

  • Lilly... :hkuss:


    was für eine schöne Überraschung :Tova: ...ich bin wirklich zu Tränen gerührt :love: ..bin speechless
    daß du mich auch mitgenommen hast...so ein liebevoll gebastelter Elefant :herz: ..mit all den
    Namen... vielen lieben Dank :kiss: ...auch für die tollen Fotos...und nicht zuletzt ...für die Übersetzungen


    LG Smooth :hkuss:

  • lilly, ich habs auch gerade erst entdeckt... danke :kiss: :rotz: (mehr fällt mir gerade nicht dazu ein)... ich weiß, es ist verrückt, aber immer, wenn mich jemand mitnimmt nach neverland, muss ich weinen :wimmer: sobald ich die bilder sehe, schnürt sich mir alles zusammen und ich empfinde alles gleichzeitig - glück, trauer, verzweiflung, liebe, wärme... einfach alles :herz:
    danke, liebe :herz: lilly :herz: dafür und für so vieles mehr :blume:

    achildbliss.2prkmh.jpg
    Mit jedem Kind, das dir begegnet, ertappst du Gott auf frischer Tat.
    Martin Luther
    If I had a single flower for every time I think about you, I could walk forever in my garden. ~Claudia Ghandi

  • Mein Gott, Lilly, du bist ja wirklich soo ein unglaublich wunderbarer Mensch :schmacht::schmacht::schmacht:
    Ich bin endlich wieder hier, ist nur mitten in der Nacht möglich, und bin wieder so erfüllt von dem Elefantenblog und von Deiner so süßen Idee, uns auf dem Elefanten an der Neverland Ranch abzugeben, DAAAAANKEEEEE!!!!!


    Willa: Das stimmt, er ist wundervoll, obwohl ich denke, es ist eine ziemlich schneidende Kritik am Rassismus – was überraschend ist bei solch einem „süßen, kleinen Song“, wie du sagst. Wie so oft bei seinen Werken, können wir es interpretieren und darauf auf so vielen unterschiedlichen Ebenen reagieren.


    Ich war noch nie so sehr berührt von diesem Auftritt wie heute Nacht, habe ihn gleich ganz oft angesehen und die Tränen laufen wieder in Strömen.
    Ich finde ihn alles andere als einen "kleinen süßen Song". Ich finde ihn ganz gewaltig. Er ist musikalisch gesehen eine Hommage an Frank Sinatra und an die Zeit , die ja auch die Zeit von Sammy Davis Jr. war. Hier zeigt Michael,dass er es stimmlich absolut drauf hat mit großem Orchester zu singen.


    Was mir noch zu der Fahrt in der U-Bahn einfällt: Dieses Bahnfahren ist im Film vielleicht auch generell so eine Versinnbildlichung des Stehens oder Wanderns zwischen zwei Welten. Maja, du hast doch auch den Film Ziemlich beste Freunde gesehen und hattest mal erwähnt, dass du bei dieser einen U-Bahn-Szene sofort an Michael und Bad denken musstest. Mir ging es nämlich genauso (zumal der Hauptdarsteller ja auch noch so ein Kapuzenteil unter seiner Jacke trug, genau wie Michael ). Ich frage mich, ob das nicht vielleicht sogar von Bad inspiriert war. Der Typ pendelte ja auch buchstäblich zwischen zwei Welten.


    Ja, in "Ziemlich beste Freunde"wird auf jeden Fall Michael Jackson zitiert, denke ich auch,Omar Sy singt und tanzt ja auch am Schluss und ich fand, es hätte eigentlich ein MJ Song sein müssen, Billie Jean.


    Joie: Stimmt. Und es lässt dich wirklich an seine große Liebe zum Film denken. Manchmal glaube ich, dass seine Videos so erstaunlich sind wegen seiner Liebe zum Film.


    Oder umgekehrt, wegenseiner Visionen hat er die Liebe zum Film entwickelt :ja1:


    Und einfach nur über diese Tatsache nachzudenken macht mich wirklich wütend, dass er nämlich bei Invincible daran gehindert wurde, genau das zu tun. Ich liebe das Album so sehr, und ich hätte so gern erlebt, welche Videos er dafür gemacht hätte


    Jaaaa, das hätte ich auch so gerne erlebt.....


    Das ist solch ein Augenblick des Betrugs – stell dir mal vor, wie schmerzhaft dieser Moment für ihn und My Baby gewesen sein muss – jedoch das Konzertpublikum tobt, wenn er das singt. Das Publikum wird verrückt. Und interessant ist – das Getöse der Menge in diesem Moment ist nicht auf dem Album; es ist nur auf dem Video.


    Diesen Schmerz und die Tragödie , die darin liegt, wird durch Michaels Stimme aber mehr als deutlich, also wie es ist, wenn man der Versuchung erliegt und welche Folgen das haben kann.
    DD ist ein sehr erotischer Song, aber auch sehr dramatisch.


    Und im Grunde scheint das die Position zu sein, in der er das Publikum sehen möchte – er will, dass wir ihn begehren, wenn er auf der Bühne ist, und er will, dass wir uns an Diana ausrichten. Wir erkennen das an den Lyrics, in denen er uns dazu auffordert, mit ihr zu fühlen und die Dinge aus ihrer Sicht zu sehen. Also ist das Publikum bei ihr positioniert, was Sinn ergibt. Aber dann am Schluss des Videos macht er diese klassische Michael Jackson Bewegung, die wir in so vielen seiner Videos sehen, mit der er plötzlich die Perspektive wechselt. Wir folgen ihm, als er die Bühne hinunter geht, er öffnet die Tür seines Wagens, und da ist ein sehr verstörender Powerakkord, als er sieht, dass innen eine Frau auf ihn wartet.


    Ja, genau, einfach genial.
    Es stellt sich mir aber die Frage, ob Michael nicht zu der Zeit noch Sex und Liebe zu sehr getrennt hat. Denn die Frauen, die ihn sexuell begehren, wollen doch auch wahre Liebe, denke ich und nicht nur Sex.
    Aber klar, Michael war immer klar, dass die wahre Nähe und Tiefe einer Beziehung nicht auf der sexuellen Ebene stattfindet.


    Zu Speed Demon:


    Ich finde, hier kommt sehr viel von Michaels Charakter zum Ausdruck: klar, er wird verfolgt und ja, es ist auch manchmal schlimm und ja, er wird reglementiert.
    Aber er nimmt das alles mit sehr viel Humor und vor Allem: er ist schneller !!!!
    Michael Jackson hatte eine unvergleichliche Schnelligkeitund einen unvergleichlichen Humor und Lebensfreude, zur Zeit der Entsteheung des Songs und BAD überhaupt noch ziemlich ungebrochen. Aber er hat das nie ganz verloren, dem Himmel sei Dank.

    You were the rhythm,
    You were the sound of a crescendo,
    You showed us Heaven and Light,
    you faced the fear.


  • Scapegoating – Die Sündenbockfrage


    Kommentar von Willa Stillwater in einer Diskussion zum letzten Beitrag von DwtE:


    …Dies ist solch ein wichtiges Thema, und ich bin ebenfalls der Meinung, dass es viele verschiedene Gründe dafür gibt, warum die Medienhysterie rund um Michael Jackson auf die Art hochkochte, wie sie es tat und so lange Zeit anhielt.


    Wie du in einem Kommentar vor einigen Wochen erwähnt hast, Sandra, war seine Andersartigkeit für Leute quer durch alle politischen und demografischen Spektren sehr bedrohlich. Du sagtest sehr eindrucksvoll:


    Liberale und Konservative mieden ihn, Gläubige und Atheisten verfluchten ihn, Weiße und Schwarze wiesen ihn zurück, kulturelle Eliten lachten ihn aus, die gewöhnliche Bevölkerung bezeichnete ihn als pervers. … Da ist etwas so Gewaltiges, etwas so blendend Kraftvolles an dem Leben dieses Mannes, dass es niemandem erlaubt ist, sich dem anzunähern. Denkst du, dass da Angst im Spiel ist, Angst mit allem konfrontiert zu werden, was das Leben dieses Mannes wirklich ausmachte? Angst davor, die Wahrheit zu erkennen, dass die Dinge sich in Wohngefallen auflösen, zurückkommen und plötzlich in einem ganz neuen Licht erscheinen …


    Ich denke wirklich, das ist die Schlüsselfrage: die Tatsache, dass er unsere Wahrnehmung und unsere Ansichten in Frage gestellt hat – unsere althergebrachte Art die Dinge zu sehen – und zwar auf so tiefgreifende und grundlegende Weise.


    Allerdings sind da noch einige andere Faktoren im Spiel, wie du sagst, Nina. Da ist die Sensationsgier der Boulevardmedien, die oft bis zum schockierend Extremen geht – und in vielen Fällen nicht nur berichtet, sondern im Grunde auch die entsetzlichen Geschichten erfindet. …


    Dann ist da die Mainstream-Presse (welche ein sehr breites Spektrum abbildet einschließlich seriöser Buchverlage ebenso wie Verlage von Zeitungen und Magazinen, genauso wie Herausgeber akademischer Journale und Presseerzeugnisse von Universitäten), die sich so sehr davor fürchtet, sensationsgierig zu erscheinen, dass sie sich weigern, die Story wirklich zu recherchieren oder wirklich in die Tiefe zu gehen. Das Ergebnis ist, dass die Angriffsziele dieser verlogenen „journalistischen“ Praktiken einfach ohne ein Gegengewicht den Boulevardmedien überlassen werden. Jedoch übernehmen die Mainstream-Medien bis zu einem gewissen Grad die Botschaft der Boulevardmedien und das spiegelt sich in ihren Berichten. Also wird die Berichterstattung insgesamt verzerrt, denn die Mainstream-Presse klinkt sich aus ihrer Verantwortung zur Recherche aus und erlaubt damit den Boulevardmedien, die Auseinandersetzung mit dem Thema zu gestalten, oft auf fehlerhafte und sensationslüsterne Weise. Natürlich umfasst „die Presse“ oder auch „die Mainstream Presse“ eine große Bandbreite und beinhaltet viele verschiedene, individuelle Kanäle und Arten – zum Beispiel Vanity Fair, die den Anspruch erhebt eine seriöse Nachrichtenquelle zu sein, aber im Prinzip eine Boulevardzeitung mit Glanzpapier darstellt. Das ist eine besonders heimtückische Kombination, denke ich.


    Da gibt es aber genauso noch weitere Gründe. Ein bedeutsamer Gesichtpunkt, über den wir noch nicht wirklich gesprochen haben, ist die Geschichte des sexuellen Kindesmissbrauchs selbst. Es ist auf psychologischer Ebene äußerst schmerzhaft und macht es umso schmerzhafter, wenn Missbrauchsopfer dazu gebracht werden, sich für etwas zu schämen, was ihnen angetan wurde. Traditionell wurde es in einen Mantel des Schweigens gehüllt, und Opfer, die es wagten, darüber zu sprechen, wurden als Außenseiter behandelt, sowohl wegen dem, was passiert war, als auch deswegen, weil sie die Leute dazu zwangen bei so etwas Schmerzhaftem und Unbequemen hinsehen zu müssen. Wenn Fälle von Vergewaltigung oder Missbrauch vor Gericht kamen, was selten vorkam, wurden die Opfer selbst auf den Prüfstand gestellt und auf aggressive Art befragt. Vergewaltigungsopfer konnten im Zeugenstand wegen ihrer sexuellen Geschichte öffentlich bloßgestellt werden deswegen, ob sie in einer provokativen Weise gekleidet waren oder gehandelt hatten, was möglicherweise die Vergewaltigung provoziert habe, und Opfer sexuellen Missbrauchs wurden oft auf aggressive Art zu ihrer mentalen Stabilität befragt und ob man ihren Worten trauen könnte.


    Dies begann sich in den 1970er Jahren, glaube ich, zu ändern, obwohl es schwierig ist bei einem so schleichenden Veränderungsprozess wie diesem ein Datum festzulegen. Aber schrittweise veränderten sich die Gesetze, so dass es nicht mehr legal war, die zurückliegende sexuelle Geschichte eines Vergewaltigungsopfers in den Gerichtssaal zu bringen, und die öffentliche Einstellung gegenüber Vergewaltigungsopfern begann sich ebenso zu ändern. Anwälte für Opfer von Kindesmisshandlung vertraten das Motto „Jedem Kind sollte geglaubt werden“ und es wurde zu so etwas wie einem Tabu, ein Opfer zu sorgfältig zu befragen.


    Grundsätzlich denke ich, war es eine Veränderung zum Besseren. Allerdings eines der größten Probleme bezogen auf Michael Jackson und die Anschuldigungen von 1993 ist, dass das Wort „Opfer“ für Evan Chandler genauso wie für Jordan Chandler angewendet wurde, und Evan Chandler war kein Opfer. Im Grunde ist mein Verständnis des Falles, dass Jordan Chandler sehr wohl missbraucht wurde – aber er wurde psychisch missbraucht durch seinen Vater, nicht sexuell missbraucht durch Michael Jackson. Wenn also Reporter – sogar aufrichtige, mit ethisch korrekten, guten Absichten – sich diesem Fall nähern im Glauben, Evan Chandler wäre ein Opfer und sollte nicht angezweifelt werden (und viele näherten sich dem auf diese Weise), dann haben sie den Fall von vornherein missverstanden.


    Ein weiterer bedeutender Faktor war, dass die Vereinigten Staaten bereits in einem Zustand der Hysterie bezüglich sexuellem Kindesmissbrauch aufgrund der Skandale der katholischen Priester waren, die in den 1970ern begannen, glaube ich, aber in Wirklichkeit in den 1980er Jahren weitreichende Aufmerksamkeit in den Medien erlangten. Wir erkennen, dass die Hysterie sich in einer Folge von Kindesmissbrauchsfällen in Kindertagesstätten manifestierte, die sich später als völlig unbegründet herausstellten. Einer der Berüchtigtsten war der Fall Little Rascals in Edenton, N.C., in den späten 1980ern. Ich bin aus North Carolina, und ich erinnere mich lebhaft daran, die aufgedeckte Geschichte dieses Falles im The Charlotte Observer gelesen zu haben. Es ist ein klassischer Fall von Hysterie, und sehr relevant für Michael Jackson, denke ich – besonders die Art, wie die Kinder dazu aufgefordert wurden, sich an Szenarien zu „erinnern“, die ihnen von Erwachsenen vorgeschlagen wurden. Frontline hat eine Untersuchung über den Little Rascals Fall gemacht, und es ist sowohl herzzerreißend, als auch sehr aufschlussreich.

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    Or every man be blind
    Emily Dickinson

  • Also waren die Vereinigten Staaten bereits in einem aufgebrachten Zustand wegen Kindesmissbrauchs, als Evan Chandler 1993 seine Anschuldigungen machte. Und als das passierte fokussierten sich all die freischwebenden Befürchtungen über die katholischen Priester und die Kindertagesstätten und anderen Einzelfälle auf Michael Jackson. Er wurde zum Sündenbock gemacht, und ich meine das im ältesten, ursprünglichsten Sinn. Wie die Sündenböcke während der gesamten Geschichte sollte er die Bürde der vermeintlichen Sünden einer großen Gruppe von Menschen tragen, und dann wurde er verfolgt als eine Art Reinigungsritual. Darum musste er sterben, bevor sich die Einstellungen ändern konnten. Der Sündenbock muss sterben, bevor das Reinigungsritual abgeschlossen ist. Egal wie ich mich diesem Fall nähere, irgendwie komme ich immer wieder zu dieser Tatsache zurück, und es erdrückt mich jedes Mal.


    Natürlich bringt uns das zu der Frage zurück, warum ausgerechnet er, im Besonderen, herausgegriffen wurde, um der Sündbock zu sein. Und ich denke, die Antwort findet sich in der Feststellung, die wir vor ein paar Wochen gemacht haben, Sandra, die ich am Anfang zitiert habe: Es ist aufgrund seiner Andersartigkeit – seine prächtige, kraftvolle, unbequeme Andersartigkeit, die für viele Menschen so bedrohlich war.


    ….

    Es ist eine schmerzhafte Wahrheit, dass das Sündenbockverhalten viele „Bedeutungen hat, das Verbindungen zu vielen kulturellen Episoden der Vergangenheit hat“, wie du sagst. Ich habe über diese Sache in den vergangenen Jahren sehr viel nachgedacht, und ich denke, es ist wesentlich, dass diese Episoden meistens auftauchen, wenn da ein tiefes nationales Trauma zu bewältigen ist, das die nationale Identität in Frage stellt oder welches das furchterregende Schreckgespenst eines „Fremden in unserer Mitte“ hervorruft.


    Das erschreckendste Beispiel der neueren Zeit ist der Holocaust. Deutschland erlitt eine erniedrigende Niederlage im 1. Weltkrieg, und dann brach die deutsche Wirtschaft – die lange eine Quelle des nationalen Stolzes gewesen war – zusammen. Beides verursachte eine Identitätskrise und das Verlangen nach einer Art Reinigung und Erneuerung – klassische Kriterien für den Ausbruch des Sündenbockrituals. In diesem Fall waren die Sündenböcke Juden, Zigeuner, Schwarze, Homosexuelle, behinderte Menschen und wirklich jeder, der nicht zum Vorbild des idealen Deutschen passte.


    Die Vereinigten Staaten hatten eine ähnliche Identitätskrise nach dem 2. Weltkrieg, wenn auch in einem kleineren Maßstab. Die Sowjets waren während des Krieges unsere Verbündeten, und plötzlich waren sie unsere schlimmsten Feinde. Es gab eine wachsende Furcht vor Kommunisten mitten unter uns und den Wunsch, uns selbst von diesem Feind reinzuwaschen, und dies führt uns zu einem weiteren Fall des Sündenbockverhaltens. Da war der Rote Schrecken, versinnbildlicht durch die McCarthy Anhörungen und einer wachsenden Stimmung von öffentlicher Hysterie. Wieder war das Ergebnis das Sündenbockritual und die Menschen, die das Ziel waren, waren Künstler, Aktivisten, Juden, Schwule – im Grunde jeder, der nicht zum Vorbild des idealen Amerikaners passte – und die Karriere einer schockierenden Anzahl erfolgreicher Künstler wurde zerstört. Bedeutend ist, eines der offensichtlichsten Opfer dieser Episode des Sündenbockverhaltens war Charlie Chaplin, einer von Michael Jacksons Helden, obwohl es verworren ist. Oberflächlich gesehen wurde die plötzliche Veränderung des öffentlichen Verhaltens gegenüber Chaplin einem sehr schmutzigen Prozess wegen einer gefälschten Vaterschaftsklage zugeschrieben. Jedoch verrät ein genauerer Blick darauf, dass der wirkliche Antrieb die wachsende Empfindung war, dass er nicht „amerikanisch“ genug sei.


    Dann in den 1950er, 60er und 70er Jahren begannen die Vereinigten Staaten einige Bastionen der weißen, patriarchalischen Macht in Frage zu stellen. Dies begann mit den Bürgerrechten und der Frauenbewegung, aber dann gesellten sich die sexuellen Kindesmissbrauchsskandale dazu unter Einbeziehung katholischer Priester, Pfadfinderführer, Privatlehrer und Gemeindeleiter, Lehrer öffentlicher Schulen und kirchliche Administratoren und sogar Väter und Onkel und Stiefväter und Großväter. Mit anderen Worten, zur selben Zeit, als politisch gesehen viele Amerikaner die weiße, männliche Macht in Frage stellten, waren viele weiße, männliche Autoritätsfiguren – der Kirche, der Schulen, der Regierung, der Familie – öffentlich bloßgestellt als Betrüger, die das Vertrauen, das in sie gesetzt worden war, verraten haben. Dies führt zu einer weiteren Krise der nationalen Identität und zu einem weiteren Fall des Sündenbockverhaltens.


    Wesentlich ist, der Sündenbock, der für viele Menschen das öffentliche Gesicht des Kindesmissbrauchsskandals war, war Michael Jackson, ein Künstler, der die weiße patriarchalische Macht an so vielen Fronten hinterfragt hat. Eleanor, deine Gedanken darüber sind so wichtig und eindringlich, besonders dieser Absatz:


    … mit unserer eigenen gesellschaftlichen Schuld umzugehen für den Missbrauch, den wir als Gesellschaft den Kindern jeden Tag auferlegen – durch Armut und Vernachlässigung, durch willkürliche Bombardierungen und andere militärische Aktionen, etc. – indem wir sie auf einen Mann übertrugen, der bekannt war für wahre Liebe und Sorge gegenüber Kindern – besonders den benachteiligten und den Opfern von Krieg und Krankheit – einen Mann, der als ein Kind einer armen, schwarzen Familie der Arbeiterklasse auf die eindrucksvollste Art, die man sich vorstellen kann,– dadurch wer er war – das verborgene Potential aller Kinder aufgezeigt hat – gerade auch besonders der Kinder der Armen – das Potential, das wir verschwenden, das Potential, das heute direkt von der Schule ins Gefängnis geht. Wir müssen uns für Vieles verantworten und wir wollen nicht die Verantwortung für das Böse übernehmen, das wir tun – es ist so viel leichter, es auf „das Andere“ zu übertragen.


    Wie du sagst, er wurde zur öffentlichen Personifizierung „des Anderen“, genauso wie der Kindesmissbrauchsskandal, also wurden die zwei zusammengefasst. Anstatt dass die öffentliche Empörung gegen die (weißen, männlichen) Täter gerichtet wurde, wurde sie umgeleitet auf ihn. Also wurde die Bedrohung gegenüber patriarchalischen Organisationen, die eigentlich die Folgen aus diesen Skandalen tragen sollten, umgeleitet gegen ihn auf eine Art und Weise, die sogar die Macht der patriarchalischen Institutionen (wie die Polizei und die Medien) wieder verstärkte. Es gibt so viel mehr darüber zu sagen …

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  • Zitat

    er wurde zur öffentlichen Personifizierung „des Anderen“,

    ...mir kommt dabei auch der Gedanke, dass man hier Michael, der der Gesellschaft den Spiegel vorhält, auf Missstände aufmerksam macht, unbewusst (oder auch bewußt?) mit diesen Dingen identifiziert die er anspricht und die schwer zu ertragen sind, wenn man sie sich wirklich bewußt macht - und anstatt zu versuchen, Lösungen zu finden bringt man lieber den zum Schweigen (oder versucht, ihn schlecht zu machen und damit unglaubwürdig,...), der auf Missstände hinweist.
    ...gibts da nicht solche Geschichten, dass man die Überbringer schlechter Botschaften bestrafte...


    Zitat

    einen Mann, der als ein Kind einer armen, schwarzen Familie der Arbeiterklasse auf die eindrucksvollste Art, die man sich vorstellen kann,– dadurch wer er war – das verborgene Potential aller Kinder aufgezeigt hat – gerade auch besonders der Kinder der Armen – das Potential, das wir verschwenden, das Potential, das heute direkt von der Schule ins Gefängnis geht. Wir müssen uns für Vieles verantworten und wir wollen nicht die Verantwortung für das Böse übernehmen, das wir tun – es ist so viel leichter, es auf „das Andere“ zu übertragen.

    ..das ist was, was man sich wirklich mal bewußt machen muss....wieviel "Potential" wird hier verschwendet...und wie irrsinnig, dass diejenigen, die eigentlich die Zukunft der Gesellschaft sind, dadurch, dass sie ihr Potential nicht ausschöpfen können, ihre Fähigkeiten nicht leben oder gar entdecken können, auf die Weise zum (selbstgemachten) Problem der Gesellschaft werden.

  • Lass mich dein Herz mit Freude und Lachen (er-) füllen
    17/10/2012


    Willa: Weißt du Joie, Michael Jacksons Kurzfilme können wirklich etwas in dir auslösen – einfach die ganze Skala der Emotionen. So wie Thriller diese faszinierende Mischung aus Furcht und Verlangen und Verdrängung und Befreiung hat: Es ist so, als würde er sich selbst während des ersten Teils zurückhalten, und dann bricht er endlich los und beginnt zu singen und zu tanzen, es ist anregend! Und denk’ nur einfach an die verschiedenen Emotionen im Billie Jean Video oder in The way you make me feel oder Bad oder Who Is It oder Stranger in Moscow oder Earth Song oder Ghosts oder You rock my world oder …


    Joie: Ok, ok. Ich hab’ schon verstanden. Es gibt da viele Kurzfilme und sehr viele Emotionen.


    Willa: Ooops. Tut mir leid! Ich wollte nicht abschweifen. Aber du weißt, was ich meine. Alles, was er angefasst hat, ist so nuanciert und faszinierend – sogar ein Werbespot für Pepsi. Ich denke über das Duett des jüngeren und des älteren Michael Jackson im I’ll Be There Video nach:


    EUl4PRwtA3c


    Und es ist ein Pepsi Werbespot. Um Himmels Willen! Aber es ruft so viele verschiedene Gefühle hervor.


    Joie: Oh, ich könnte dir nicht mehr zustimmen, Willa. Ich liebe einfach diesen Werbespot. Ich wünschte nur, es wäre ein tatsächliches Video des ganzen Songs, denn es ist viel zu kurz. Und du hast Recht, es wirbelt eine Menge Gefühle auf. Besonders für Langzeitfans, denke ich, kann es ziemlich ergreifend sein.


    Willa: Oh ja, es ist sehr ergreifend – das ist das perfekte Wort dafür. Ich denke neuerdings sehr oft an I’ll be there, seit Kris, Eleanor und Nina Kommentare über die Verbindung zu Will You Be There gepostet haben. Ich war so fasziniert davon. Im Grunde haben wir vor ein paar Wochen kurz darüber gesprochen – über I’ll be there, You Were There und Will You Be Thereund seitdem habe ich ständig an das Duett I’ll be there gedacht. Es ist so bewegend, und während es subtiler ist als Childhood, zum Beispiel, lässt es so viele Emotionen hochkommen.


    Weißt du, was so fesselnd an diesem Video ist, ist die Tatsache, dass wir den erwachsenen Michael Jackson auf eine völlig der dominanten Erzählung in den Medien widersprechenden Art im Zusammenspiel mit dem jungen Michael Jackson sehen. Die populäre psychologische Erklärung, die viele Kritiker ihm aufzwangen, war die, dass sein älteres Ich buchstäblich eine Zurückweisung seines jüngeren Selbst sei: dass er, als er älter wurde, seine Rasse und seinen Vater und im Grunde seine gesamte Familie und Motown und all seine alten Freunde und die Leute, die ihm auf seinem ganzen Weg geholfen haben und sein Leben als Kinderstar ablehnte, und dass er sogar seinen eigenen Körper ablehnte – dass er sein Gesicht ablehnte und seinen Afro und die Farbe seiner Haut. Er lehnte mehr und mehr ab, bis er vollkommen isoliert und paranoid war und ein Howard-Hughes-artiges Leben lebte.


    Joie: Ja. Das ist die Geschichte, wie sie die Medien und, wie es scheint, die Kritiker uns glauben machen möchten.


    Willa: Es sieht wirklich so aus, nicht wahr? Es ist so, als würden sie sich alle dieser einen Erzählung anschließen und sie immerzu wiederholen. Und ich habe sie nie geglaubt. Es ist wahr, dass seine Gefühle über seine Kindheit kompliziert waren, und so war es auch mit den Gefühlen über seinen Vater und seine Familie. Ich meine, machen wir uns doch nichts vor, sein ganzes Leben war kompliziert. Aber da wirkten offensichtlich eine Menge Emotionen zusammen, und es ist eine grobe Vereinfachung – und vollkommen falsch, denke ich – es alles zu reduzieren auf „Er hasste seine Kindheit und nun hasst er seinen Vater und seine Familie und sich selbst“.


    Joie: Ich bin ganz deiner Meinung, Willa. Und ich für meinen Teil bin es so leid zu hören, dass Michael Jackson sich selbst hasste. Ich glaube nicht, dass irgendjemand, der so voller Selbsthass sein soll, so einfühlsam gegenüber seinen Mitmenschen sein könnte. Wenn überhaupt würde ich glauben, dass jemand, der sich so sehr hasst, nur sehr wenig oder gar keine Beachtung für andere übrig hätte. Dieser Einwand ergibt überhaupt keinen Sinn für mich.


    Willa: Für mich auch nicht, und es fühlt sich auch nicht richtig an. Wenn ich seine Songs höre oder seine Videos ansehe, spüre ich einfach keinerlei Aufblitzen von Abscheu oder Selbsthass. Es ist ganz einfach nicht da. Aber es ist wahr, dass da manchmal eine Menge gemischter Gefühle sind, besonders über seine Kindheit, und wir können einiges dieser Komplexität in dem I’ll Be There Duett erkennen – besonders wie sein erwachsenes Ich sich gegenüber dieser Verkörperung seines jüngeren Selbst verhält und darauf reagiert.


    Was mich am meisten trifft, wenn ich dieses Video ansehe ist die starke emotionale Anziehungskraft, die er immer noch gegenüber seinem jüngeren Ich spürt. Da ist sehr viel Zuneigung in diesem Video für sein junges Ich zu spüren, denke ich, und ebenso Einfühlungsvermögen, und ich komme zu dem Empfinden, dass er wünscht, er könnte ihn irgendwie beschützen. Es liegt eine sehr melancholische Stimmung in diesem Video, und ich frage mich, ob er über all die Dinge nachdenkt, durch die sein junges Ich schon gehen musste und die es in den Jahren, die vor ihm liegen, noch durchmachen muss. Vielleicht ist es das, woher die Melancholie kommt, und was das Ansehen dieses Videos so bittersüß macht.


    Joie: Noch einmal, ich stimme dir ganz und gar zu. Es liegt eine sehr bittersüße Atmosphäre darüber und du bekommst das Gefühl, dass er an all die Dinge denkt, die dieser Junge schon durchmachen musste genauso wie an all die Herausforderungen, die er in Zukunft noch bewältigen muss. Er kennt die schwierigen Hürden, die der Junge noch nehmen muss und er weiß, wie schwer die Zeiten für ihn noch werden. Jedoch scheint er gleichzeitig so hoffnungsvoll zu sein in diesem Clip.


    Willa: Das sieht wirklich so aus, nicht wahr? Und er fühlt sich bestätigt, als sein jüngeres Ich schließlich zu singen beginnt. Es ist so, als könnte sein erwachsenes Ich nicht wirklich den Song anstimmen, bis sein jüngeres Ich vollständig erscheint und ebenfalls zu singen beginnt. Aber als er erst einmal da ist, schließen sich die zwei im Song zusammen und er – sein erwachsenes Ich und auch sein junges ich – scheinen so voller Freude und …erst jetzt vollständig, wenn das Sinn ergibt.


    Dieses Gefühl, dass er sich nicht wirklich vollständig zum Ausdruck bringen kann, bis sein junges Ich sich ihm anschließt, ist so beeindruckend für mich, besonders wenn ich an all die Male denke, bei denen er über die Verbindungen zwischen Kindheit und Kreativität gesprochen hat. Es ist so, als bräuchte er die Anwesenheit seines jungen Ichs, um ein Künstler zu sein – er ist ohne ihn als Künstler nicht vollständig.

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  • Joie: Das ist wirklich wahr, Willa. Und dabei fällt mir das alte Zitat von, ich glaube Picasso ein, in dem dieser sagte „Jedes Kind ist ein Künstler. Das Problem ist, ein Künstler zu bleiben, wenn du erst einmal erwachsen bist“. Und es sieht so aus, dass Michael herausgefunden hat, dass der Weg dieses zu erreichen – ein Künstler zu bleiben, wenn du erwachsen bist – darin besteht, mit dem Zauber der Kindheit verbunden zu bleiben. Und er sagte selbst einmal:


    „Eine meiner liebsten Beschäftigungen ist mit Kindern zusammen zu sein, mit ihnen zu reden und zu spielen. Kinder kennen viele Geheimnisse (über die Welt) und es ist schwierig, sie zum Reden zu bringen. Kinder sind unglaublich. Sie gehen durch eine brillante Phase, aber wenn sie ein gewisses Alter erreicht haben, verlieren sie es. Meine kreativsten Momente sind fast immer die gewesen, wenn ich mit Kindern zusammen war. Wenn ich mit ihnen zusammen bin, kommt die Musik zu mir so leicht wie das Atmen.“


    Die Tatsache, dass er sich am kreativsten fühlte, wenn er von Kindern umgeben war, sagt, denke ich, sehr viel darüber aus, wie wichtig dieses kindliche Staunen für ihn war. Und, wie du sagst, du kannst das wirklich in dem I’ll Be There Werbespot spüren, wenn er zusammen mit seinem jungen Ich singt.


    Willa: Das ist so ein bedeutsamer Punkt, Joie. Und weißt du, deswegen frage ich mich, ob es vielleicht noch einen weiteren Weg gibt I’ll be there, diesen wunderschönen Song, den er als Kind sang, zu interpretieren – nicht als ein Versprechen gegenüber seiner Freundin oder uns als Publikum, sondern als Versprechen gegenüber sich selbst. Er wird da sein für sich selbst. Er wird seinen kindlichen Teil schützen und bewahren und sich treu bleiben, und er wird immer für sich selbst da sein. Als sein erwachsenes Ich am Klavier sitzt und die Anwesenheit seines jüngeren Selbst spürt und die zwei sich in einem Song zusammenschließen, ist es, als würde er uns erzählen, dass er das Versprechen gehalten hat: sein jüngeres Selbst ist immer noch sehr präsent und lebendig in ihm und findet durch ihn seinen Ausdruck.


    Joie: Oh, wow, Willa, das war genial. Noch nie zuvor habe ich es auf diese Art gesehen und ich habe genau jetzt eine Gänsehaut! Das ergibt so viel Sinn. Welch wundervolle Art, diesen Song zu interpretieren.


    Willa: Es ist schön, nicht wahr? Ich habe es auch noch nicht auf diese Art gesehen bis du diese wundervollen Zeilen über Kinder und Kreativität zitiert hast. Als ich diese Worte hörte „Wenn ich mit ihnen zusammen bin, kommt die Musik zu mir so leicht wie das Atmen“ traf es mich plötzlich und mir fiel ein, dass wir ja diesen Gedanken in dem Video Duett vorgespielt bekommen. Er sitzt an seinem Klavier, auf eine leise, zögernde Art singend, und dann „kommt die Musik zu ihm“ genau in dem Moment, als ein Kind erscheint. Aber in diesem Fall ist dieses Kind er selbst – sein jüngeres Ich.


    Joie: Das ist ein wundervoller Gedanke, Willa. Aber, wie es immer der Fall ist bei Michael Jackson, gab es auch diesen wunderbaren kleinen Clip nicht ohne seinen Anteil an Kontroversen. Dies war Michaels letzter Werbespot für Pepsi. Du weißt ja, sie pflegten über viele Jahre eine großartige Partnerschaft. Beginnend 1983 hatten sie eine sehr lukrative und für beide Seiten vorteilhafte Verbindung. Aber all das endete natürlich 1993.


    Dieser Werbespot wurde 1992 gefilmt und außerhalb der Vereinigten Staaten 1993 ausgestrahlt. Er wurde im Grunde überhaupt niemals in den Vereinigten Staaten gezeigt. Aber die Streitigkeiten kamen dadurch, dass von der New York Post berichtet wurde, dass Michael darauf bestehen würde, ein weißes Kind solle sein jüngeres Ich in dem Werbespot darstellen. Nun, ich habe keine Ahnung, ob der Kinderdarsteller in diesem Werbespot tatsächlich weiß war oder nicht, denn sein Gesicht wurde niemals richtig von Nahem gezeigt, es spielt auch gar keine Rolle. Die alten Filmdokumente von den Jackson 5, die während des Spots genutzt wurden, machen die Sache deutlich, ob der Schauspieler weiß oder schwarz ist. Also, ich habe niemals verstanden, warum das so eine große Sache war.


    Willa: Yeah, ich verstehe das auch nicht. Ich bin der Auffassung, dass sie eine offene Audition für junge Tänzer gemacht haben, und der beste Tänzer war weiß – er hatte offensichtlich wirklich die besten Bewegungen der Jackson 5 drauf. Und ich kann Michael Jackson förmlich vor mir sehen, wie er „darauf besteht“, dass der beste Tänzer genommen wird, ungeachtet der Rasse – das steht perfekt im Einklang mit seiner Einstellung und dem, was wir über ihn wissen. Und ich kann allerdings auch sehen, wie die New York Post versucht, eine Kontroverse darüber zu entfachen. Das steht ebenfalls perfekt im Einklang mit dem, was wir über sie wissen.


    Aber wie du sagst, nichts von dem sieht man, wenn man das Video ansieht, welches so tiefempfunden und wunderschön ist. Und es ist wirklich bewegend, sich die Lyrics als eine Unterhaltung zwischen seinem jungen Ich und seinem erwachsenen Ich anzuhören. Sein erwachsenes Ich singt „Ich habe Vertrauen in alles, was du tust“ und sein junges Ich antwortet „Lass mich einfach dein Herz mit Freude und Lachen erfüllen“. Es ist perfekt. Und dann sichern sie sich gegenseitig zu: „Ich werde da sein.“ Wunderschön.


    Joie: Es ist so schön, Willa. Und ehrlich, ich glaube, dies war wieder so ein Fall der Medien, die eine Kontroverse über Michael Jackson auslösen wollten, wo es wirklich keine gab. Wie du sagtest, es ging nur darum, den besten Tänzer zu engagieren, ungeachtet der Hautfarbe, denn die tatsächliche Rasse des Schauspielers in dem Werbespot ist ohnehin unmöglich zu erkennen.


    Und das Fazit ist, dass es solch ein süßer, aufrichtiger Videoclip ist, der auf vollkommene Art Michael Jacksons Herz und sein Wesen einfängt. Und es ist einfach so eine Freude, ihn anzusehen.




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    Emily Dickinson

  • Dieses Gefühl, dass er sich nicht wirklich vollständig zum Ausdruck bringen kann, bis sein junges Ich sich ihm anschließt, ist so beeindruckend für mich, besonders wenn ich an all die Male denke, bei denen er über die Verbindungen zwischen Kindheit und Kreativität gesprochen hat. Es ist so, als bräuchte er die Anwesenheit seines jungen Ichs, um ein Künstler zu sein – er ist ohne ihn als Künstler nicht vollständig.



    Für mich das so berührend, weil er einfach so eine unglaublich tiefe Liebe ausstrahlt in diesem kurzen Clip. Er ist da für sein kindliches Selbst und sein kindliches Selbst ist auch immer da für sein erwachsenes Ich. Diese Wechselwirkung ist so intensiv, und er wirkt so stark und gesund in beiden Phasen.
    Außerdem ist I'll be there eben als Duett gedacht, und dies ist ein ganz besonderes Duett. :love::love::love:



    Das Thema Sündenbock und Reinigungsprozess ist wirklich in der Geschichte der Menschheit im Großen und im Kleinen immer wiederkehrend.
    Es ist wirklich sehr bedrückend und schmerzhaft, dass Menschen, um sich selbst bzw das System nicht verändern zu müssen, Andere, also die Kritiker des Systems, zum Sündenbock machen und diese dann ausschließen.
    Habe ich selbst auch grad erlebt bei uns im Chor, aber auch schon im Beruf. :kerze:


    Kommt übrigens auch in Fanforen vor, :laberlaber: und ich denke, dass Jeder, der macht hat, sehr aufpassen muss, diesem Phänomen nicht zu erliegen.

    You were the rhythm,
    You were the sound of a crescendo,
    You showed us Heaven and Light,
    you faced the fear.


    Einmal editiert, zuletzt von Daniela Jackson ()

  • Kaum zu glauben, dass das ein Werbespot für Pepsi war. Ich würde gerne wissen, wieviel Michael darin steckt..bzw... ob es eigentlich ganz und gar seine Idee war. Es sieht so aus, als wäre es eher ein Vehikel für ihn, SEINE Botschaft zu vermitteln, bzw. eine Aussage zu sich selbst zu machen.. - zumindest finde ich eigentlich garkeinen Zusammenhang zu Pepsi, ausser das da die Flaschen im Bild sind. Und es ist wirklich sehr berührend und wunderschön zu sehen und zu hören.
    Gerade, wenn die beiden zusammen singen..das ist wie , "die Stimme von meinem Inneren Kind ist immer auch meine"... Sie schwingen zusammen...und sie sind ein und dieselbe. Stimme, dieselbe Person.


    Die Auseinandersetzung mit dem Thema passt auch zu den Gedichten aus der Zeit...es muss ihn wohl damals gerade sehr beschäftigt haben...


    "Once there was a child and he was free
    Deep inside, he felt the laughter
    The mirth and play of nature’s glee
    He was not troubled by thought of hereafter
    Beauty, love was all he’d see"


    Zitat

    Was mich am meisten trifft, wenn ich dieses Video ansehe ist die starke emotionale Anziehungskraft, die er immer noch gegenüber seinem jüngeren Ich spürt.


    Ich denke das so oft, dass Michael doch immer dieses Kind war, er hat sich doch innerlich nie verändert, er blieb immer das unschuldige, reine Kind - und warum das keiner sehen konnte, als man ihm all diese Dinge vorwarf und jahrelang so rücksichtslos mit ihm umging. Hätte man all das auch einem Kind angetan? Und er war doch dieses Kind....immer.. gerade er, der das so lebte und seinem Inner Child soviel Raum lies..weil es die Quelle seiner Kreativität war.



    Hier ist noch das making of..mit den Kommentaren dazu, dass Michael ein weißes Kind in der Kinderrolle wollte. Michael hat erst garnicht versucht, dazu etwas zu erklären.."Jackson himself has remained silent about the issue". Es ist einfach die typische Reaktion der Medien, die ihm ja auch lieber unterstellen, er wolle nicht schwarz sein - und auch, wenn man seitens Pepsi erklärte, warum es gerade dieses Kind war, wurde das wohl lieber ignoriert...die andere Story war ja viel interessanter. Und wenn man bedenkt, dass diese Sache wahrscheinlich mehr Beachtung fand, wie die Aussage des Clips..ist das schon traurig.


  • Dass er dieses wertvolle Werk „nur“ in einem Pepsispot an die Öffentlichkeit gebracht hat, lässt mich irgendwie vermuten, dass es ihm ein besonderes Anliegen war. 1992, auch vor der Anschuldigung, musste er sich auch schon dafür rechtfertigen „kindlich“ zu sein. Vielleicht wollte er damit etwas erklären … Auf jeden Fall kann man es schöner nicht erklären, und ich finde es so tragisch, dass die meisten gar nicht hingehört, hingesehen haben und es wohl auch nicht verstehen wollten


    Was Willa da „herausgeschält“ hat, ist wieder mal genial (finde ich): Dass er sich umsieht und wartet, bis das Kind das Lied angestimmt hat, und dann erst kann er auch richtig loslegen. Und man sieht richtig seine Freude und Erleichterung dabei. Wie genial ist das in Bilder gepackt …


    Bei der Ideenfindung denke ich, dass ER die Key Pieces immer schon im Kopf hatte und dann mit den anderen Beteiligten das Endkonzept erarbeitet hat. Aber er war der Boss.


    Und er war doch dieses Kind....immer.. gerade er, der das so lebte und seinem Inner Child soviel Raum lies..


    Ich glaube, das wir alle potentiell das Kind in uns haben, das wir einmal waren. Den meisten von uns ist es aberzogen worden, weil „man ja erwachsen werden muss“ und es von uns erwartet wird, wir müssen doch alle cool sein und man darf sich bloß nicht lächerlich machen (lt. Michael wird man konditioniert, und er hat so Recht), aber wenn man genau in sich reinspürt, dann ist es noch da! Michael hat das ausgelebt. Ich denke, es ist sehr befreiend, wenn man das wirklich zulassen kann. Es eröffnet einem, das Leben so zu leben, wie man selbst es für richtig hält und sich wohlfühlt „ohne die Schere im Kopf“. Michael hat sich das getraut (und er konnte auch gar nicht anders). Dazu fällt mir etwas Schönes aus einem der letzten Elephant-Kommentare ein:


    Aldebaranredstar:
    Ich habe gerade einen Kommentar gelesen darüber, dass Michael “eine Trotzhaltung so unverblümt zeigte, dass junge Menschen überall sofort reagierten,“ und der Verfasser macht weiter, indem er sagt, Michael sah aus, wie ER wollte, er kleidete sich auf die Art, die ER wollte, „fügte sich nicht der Schwerkraft, noch weniger elterlichen Einschränkungen“ und wenn er fühlte, er müsste sich in den Schritt fassen, dann tat er das. Auch befreundete er sich, mit wem ER wollte, einschließlich Kindern und Tieren. Mit anderen Worten, Michael lebte wie ein freier Mensch, er durchbrach soziale Normen, nicht nur mit seiner Kunst, sondern auch in seinem ganzen Sein. Ich denke, der Blick auf Michael, der so frei war, war sowohl inspirierend, als auch bedrohlich, abhängig davon, wer gerade zusah …

    The truth must dazzle gradually
    Or every man be blind
    Emily Dickinson

  • Oh..der Kommentar von Aldebaranredstar ist klasse..

    Zitat

    Michael lebte wie ein freier Mensch

    und das unter Berücksichigung seiner stsay eingeschränkten Bewegungsfreiheit, unter all den Äusserlichkeiten, die ihn sich oft sich nicht frei bewegen liessen - seine "innere Freiheit" war umso größer...


    :Tova: Und jetzt hab ich den halben Vormittag damit verbracht, I'll be There- live Auftritte anzusehen... :wolke1: Es ist wohl eins der Lieder, die Michael am häufigsten gesungen hat...bis hin zu TII...es muss schon sehr bedeutugsvoll für ihn sein, er geht da wirklich oft durch die gegensätzlichsten Emotionen - von Freude bis zu diesem Zusammenbruch und den Tränen, die er am Ende regelrecht wieder "wegtanzt" ... und man kann dieses "I'll Be There" auf soviele Ebenen beziehen, auf sein Publikum, seine Fans, seine Brüder seine Kindheit- und natürlich direkt auf sein Inneres Kind.. Und ich glaube schon, das er dort oft nicht die Emotionen vorspielen musste, weil es so Teil des Programms war, ich denke, es war mal mehr und auch mal weniger authentisch. (Da gibt es den einen Auftritt von History- Tunis, wo es Michael wirklich heftig erwischt :wimmer: ....ich glaube nicht, dass das gespielt ist..)


    Heute fand ich das hier sehr schön, schon alleine der Anfang.. :wolke1::love:


    ...ach ja, und da passt dann auch ein Zitat von Willa: "Du weißt, man braucht viel Mut, um seine innersten Gefühle so zu offenbaren und ehrlich und verletzlich sein zu lassen, und Michael Jackson hatte diese Art von Mut."

    Einmal editiert, zuletzt von maja5809faithkeeper ()


  • Der Kommentar von Raven im allforloveblog zum Wembley-Konzert brachte mich noch auf eine weitere Art I’ll Be There zu deuten:


    Seht und/oder hört euch das „Doggone My Girl is gone“ Segment an, das die Brücke von I’ll Be There zu Rock with you bildet; wenn ihr davon keine Gänsehaut bekommt, müsst ihr tot sein! Dieser Ausschnitt nimmt ein tieferes, dunkleres Blueselement auf, wenn ihr realisiert, dass „doggone“ einfach eine beschönigende Umschreibung für „god damn“ (gottverdammt) ist. In dieser kurzen, aber kraftvollen Überleitung demonstriert Michael nicht nur seine Gospelerfahrungen, sondern es stellt auch die Verbindung her zu einer Tradition, die Hunderte von Jahren zurück geht über viele Generationen afroamerikanischer Ungerechtigkeit und Schmerzen. Während Blues und Gospel wie komplett polare Gegensätze zu sein scheinen (im Grunde behandelt das eine spirituelle Erbauung, während das andere weltlichen Herzschmerz oft in Kombination mit Vorstellungen der Lust zum Inhalt hat), sind sie doch nicht so verschieden, wie es scheint. Beide sind direkte Reaktionen aus der Sklavenerfahrung; beide wurden verbunden in ihrer Bedeutung als ein Mittel zum Überleben, zum Durchhalten und manchmal auch als bloße Kommunikation. In beiden Fällen wurde die Musik ein Ventil für ein unterdrücktes Volk, um ausdrücken, was Worte nicht sagen konnten. Und wenn, wie es so oft gesagt wurde, Gospel „Gottes Musik“ ist und der Blues des Teufels Musik, ist dies dann nicht die perfekte Repräsentation unserer eigenen menschlichen Gegensätzlichkeit?


    Ich habe noch nie etwas darüber gelesen, was das Wort „salvation“ hier bedeuten soll bzw. was Michael hierin gesehen haben könnte. Diese ersten Zeiten sind irgendwie untypische Worte für ein Liebeslied:


    You and I must make a pact
    We must bring salvation back


    Du und ich wir müssen einen Pakt schließen
    Wir müssen die Erlösung zurückbringen


    Salvation kann Erlösung, Rettung, Seelenheil bedeuten. Michael könnte diesen Song auch als ein Versprechen an seine Vorfahren (personifiziert durch seinen jeweiligen schwarzen Gesangspartner, der wie aus dem Nichts, wie eine Erscheinung im Traum, dazukommt und danach wieder verschwindet) gesehen haben (We must bring salvation back).


    Dass es ein ganz besonderer Song für ihn war, zeigt sich ja dadurch, dass er ihn auf jedem seiner Konzerte gesungen hat (genau wie die anderen drei aus dem Medley als Zeichen dafür, dass er nie vergessen hat, woher er kommt). Außerdem durch die Bedeutungsschwere, die er da hineinlegt. Den teilweisen Duettcharakter lässt einen fragen, wer der Partner jeweils ist. Es ist auf jeden Fall immer ein schwarzer Gesangspartner. Außerdem kommt der Partner oft (nicht immer) auf die Bühne und Michael ist dann nicht zu sehen, er geht in den Hintergrund und kommt erst wieder, wenn der andere weg ist, sie sind nicht gleichzeitig da, was ja auch ihre zeitliche Trennung deutlich machen könnte. Und am Schluss des Songs standen meistens die Adlibs, die ein Call-and-Response-Muster zeigen, das seinen Ursprung im Blues und Gospel hat.


    The truth must dazzle gradually
    Or every man be blind
    Emily Dickinson

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