Ich habe diesen Artikel aus dem AllForLove Blog übersetzt:
MICHAEL JACKSON “UNPLUGGED”: WOULD WE HAVE BOUGHT IT?
POSTED BY: RAVEN ON: MARCH 10 2013
http://www.allforloveblog.com/?p=7826
Michael Jackson unplugged – hätten wir es akzeptiert?
Oder besser gesagt, wären wir damit zufrieden gewesen? Wäre Michael damit zufrieden gewesen?
Die meisten von euch wissen sicherlich, dass „Unplugged“ in den 90ern eine beliebte MTV Sendung war, in der große Rockstars auftraten, ohne ihre Verstärker, einfach auf einem Hocker sitzend mit einer akustischen Gitarre, um der Welt zu beweisen, dass sie genauso gut ohne jeden Pomp, Glitter und großen Aufwand performen konnten. Die Show war sehr beliebt. Das Publikum liebte die sehr vertrauliche Nähe der Darbietungen. Grunge-Rocker wie Nirvana und Pearl Jam waren dafür natürlich besonders geeignet, so wie auch in die Jahre gekommene Blues Rocker wie Eric Clapton. Aber Michael Jackson?
Ok, bevor ich weiter schreibe, erkläre ich erst einmal worauf ich mit diesem Artikel hinaus will. Durch eine Performance von Burton Cummings von den Guess Who, entzündete sich vor kurzem eine Diskussion zwischen mir und Shane. Burton Cummings ist 65 Jahre alt, nach normalen Standards sicher ein älterer Mitbürger. Trotzdem bekam er es hin, eine sehr unterhaltende Show aufzuziehen, wenn auch sehr abgespeckt. Musikalisches Talent kommt nicht abhanden nur weil man älter wird. Aber manchmal müssen die Performer bestimmte Anpassungen und vornehmen. Der Körper kann einfach bestimmte Dinge, die einst möglich waren, nicht mehr tun, und ein älterer Mensch kann von seinem Körper nicht erwarten, dass er noch das gleiche tun kann, was er mit 25 Jahren konnte, oder auch mit 35 – ganz gleich, wie gut er in Form ist. Typisches Beispiel: Madonnas sehr traurige und müde (lahme) Superbowl-Performance.
Natürlich bekam sie erstaunliche Bewertungen. Naja, es war eben Madonna. Und garantiert ist Madonna auch in einer großartigen Form für eine 54 Jährige. Aber wenn man ihr zusieht, wie sie diese Cheerleader-Hocken macht und sich dabei ernsthaft fragt, ob sie daraus wieder hochspringen kann, war für uns, ihre eigentliche Fan-Generation, wahrscheinlich schmerzhafter, als für sie selbst. Ich habe mich tatsächlich ein wenig für sie geschämt. Ist das die Frau, von der ich die Jugend immer versuche zu überzeugen, dass sie Lady Gaga übertreffen, und sie zum Frühstück verspeisen könnte?
Ich habe einige beeindruckende Shows gesehen, von Performern, die über 50 waren. Aber ich sah auch ein paar sehr erbärmliche. Und ehrlich gesagt, kommen die erbärmlichsten von in die Jahre gekommenen Performern, die einfach nicht gemerkt haben, dass sie nicht mehr das tun können, was sie einst gewöhnt waren. Sie haben nicht gelernt, ihre Shows ihrem Alter anzupassen (für sich selbst, nicht für uns) Natürlich gibt es auch ausnahmen. Vor ein paar Jahren, als ich eine sehr stümperhafte und bedauernswerte Wiedervereinigungs-Performance von Led Zeppelin gesehen hatte, hatte ich sie ziemlich abgeschrieben, und ihnen nicht zugetraut, jemals noch einmal eine großartige Live-Show aufzuziehen. Robert Plant und Jimmy Page schlurften durch die meisten Nummern hindurch, als spielten sie sie im Halbschlaf, und obwohl er auf einem Hocker sass, klang Plant... müde...erbärmlich und nicht mehr in der Lage, noch die hohen Noten zu treffen.
Aber ihre erst kürzlichen Kennedy Center Honors-Performances, zeigten, dass es nie zu spät ist, die Dinge zu wenden. Ja, sie sahen alle aus, wie diese weißhaarigen, alten Zauberer und Weisen, die sonst dazu dienten ihre Alben-Cover zu illustrieren. Aber sie hatten diese Bühne im Griff, bewiesen, dass du nie zu alt bist, das Haus zu rocken. Und das, obwohl sie diese Performance mit der würde und dem Stil verdienter Staatsmänner aufzogen. Sie machten nicht das, was ich oft bei in die Jahre gekommenen Langhaar-Bands sah, die immer noch in ihren kompletten 80er Jahre Uniformen, Make-up und Haaren auftreten, und – naja – lächerlich aussehen. Als ob Großväter sich verkleiden würden. Es war eine dem Alter gerecht werdende Performance, und deshalb funktionierte sie.
All das bringt mich zu Michael und dem Druck, dem er sich als 50 Jähriger Performer angesichts dieser 50 ausverkauften Shows ausgesetzt sah. Wie wir bei This Is It feststellen konnten, hatte Michael nicht die Absicht es langsamer anzugehen. Sein Plan war, raus zu kommen und mit Volldampf loszulegen, so wie er es immer getan hatte, und im Grunde die gleiche Show zu liefern, die er immer gab – nur unter dem verstärkten Druck, beweisen zu müssen, es nicht nur überhaupt noch zu können, sondern es sogar noch besser zu können, großartiger und mit noch mehr Spektakel- mit noch mehr „Wow“ - wie jeder andere. In Michaels Fall stand er nicht nur unter dem Druck, unter den er sich als perfektionistischer Performer selbst immer setzte, sondern auch noch unter dem zusätzlichen Druck, dass die ganze Welt ihn in Erwartung eines Ausrutschers beobachtete, in der Erwartung irgendeines Zeichens, dass er nicht mehr länger im Stande wäre „Michael Jackson“ zu sein. Und seien wir ehrlich, er hatte allen Grund, deshalb besorgt zu sein. Eine vermasselte, eine einzige abgesagte Show, ein daneben gegangener Schritt, ein peinlicher Moment, wie der, den Whitney Housten im letzten Jahr ihres Lebens heimsuchte (als sie durch die hohen Noten von I Will Always Love You stolperte) und die Kritiker hätten ihm den Marsch geblasen. Sie warteten schon begierig darauf, das zu tun. Wir wissen das. Und ihr könnt sicher sein, dass Michael es auch wußte. Und auch AEG. Und vielleicht ist der kommende AEG Prozess der richtige Zeitpunkt, dieses Thema anzusprechen.
Egal, von welcher Seite wir es betrachten, die Wahrheit ist, dass Michael Jackson aufgrund des großen Drucks starb, den diese Shows bei ihm auslösten. Er verbrachte sicher schlaflose Nächte damit, Ideen zu entwickeln, ja, aber auch damit, sich Gedanken darüber zu machen, ob er in der Lage ist, 50 Shows zu bewältigen. Er machte sich Gedanken, über seine Fähigkeit, eineinhalb Stunden lang diese Art Non-Stop Spektakel, aus Tanz, Gesang und Bewegung zu liefern, was wir von ihm erwarteten und forderten, seit er 5 Jahre alt war. Diese Arbeitsethik, und diese Art des Performens wurde ihm seit er ein kleines Kind war eingeträufelt. „Egal was du auch tust, hör nicht auf, dich zu bewegen!“ sagte Joe immer. Von seinen Anfängen mit den Jackson 5 bis hin zu seinen letzten Proben von This Is It, waren Choreografie und Bewegung immer ein genauso wichtiger Teil von Michaels Performance, wie der Gesang. Man könnte sich wirklich darüber streiten, ob Michael in erster Linie Tänzer ist und erst an zweiter Stelle Sänger, oder ob es andersherum gilt. Natürlich war er beides. Und der Gedanke, das eine von dem anderen zu trennen, war Michael sicherlich so fremd, wie auch uns.
Gesundheitliche Aspekte, wie nicht zu Rauchen und genügend zu trinken werden noch wesentlicher. Tänzer müssen mit den unabwendbaren Problemen von schwächeren Gelenken und spröderen Knochen umgehen. In seiner letzten Dekade war Michael während der Proben zunehmend anfälliger für Unfälle und Brüchen. Während Michaels Autopsiebericht zeigte, dass seine Organe für einen Mann seines Alters bemerkenswert gesund waren, litt er jedoch an Athrose, die zweifelsohne dazu führte, dass einige seiner anspruchsvollen Tanzbewegungen schmerzhaft gewesen wären. Er hatte eine leichte Entzündung der Lunge, so dass Atemprobleme auch zu einem Faktor geworden wären. Und schon seit seiner Jugend war es immer ein Problem für ihn, während der Performance nicht zu Dehydrieren. Seine Flexibilität und Bewegungsfähigkeit, die für einen Tänzer so wichtig sind, wären auch durch das Alter ungünstig beeinflusst. Gewiss hatte Michael viele Methoden das zu kompensieren und zu überstehen – seine pure Energie und der Schwung und diese unfassbare Magie, die immer in allem zu spüren war, was er tat. Jedoch für wie lange? Und zu welchem Preis?
Wir wissen alle, dass Michael eher Shows abgesagt hätte, bevor er zugelassen hätte, dass sein Publikum ihn in schlechter Form auftreten sähe. Für ihn war die einzige Alternative zu einer großartigen Show... garkeine Show. Auch das war Teil der Arbeitsethik die in ihm seit der Kindheit angelegt war. Sei der Beste, sei der Großartigste, sei nicht mit dem Zweitbesten zufrieden. Michael musste über die Jahre oft den Kopf hinhalten, wegen einer wachsenden Zahl abgesagter Shows, aber was viele dabei vergessen zu bedenken (auch seine enttäuschten Fans) ist, dass es deshalb geschah, weil Michael immer unter dem enormen Druck stand, niemals eine zweitklassische Show abzuliefern. Noch nichtmal eine Show, die nach den Massstäben von anderen „ganz ok“ gewesen wäre.