Kirche in WDR 2 | 11.08.2023 05:55 Uhr | Thomas Schrödter
What if?
Neulich zappe ich mich mal wieder so durch alle Fernsehprogramme. Oh, bei Disney+ läuft
die neue Staffel der Serie "What If?“ Also "Was wäre, wenn“? Eine Serie für absolute
Comic-Nerds. Sie beschäftigt sich mit der Frage: Was wäre, wenn in den
Superhelden-Filmen alles ganz anders ist? Also: Was wäre, wenn Captain America ein
Zombie ist? Oder: Der Hulk ein Automechaniker? Irgendetwas in der Art. Und wenn jetzt
jemand fragt: Warum guckt der so eine eigenartige Serie?
Eigentlich wegen des Titels. Ich finde die Idee faszinierend, einfach mal die Gegebenheiten
der Welt komplett neu zu erfinden. Und zu überlegen: Was kommt dabei heraus? Was wäre,
wenn ich im Lotto gewinne? Was, wenn ich Bundestrainer wäre? Was, wenn ich mich traue,
die Bewerbung für meinen Traumjob doch noch abzugeben? Das ist wie ein Spiel. "Was
wäre wenn?“ Das macht Spaß. Meistens jedenfalls. Manchmal nicht. Das Spiel geht nämlich auch in Ernst. Vielleicht so: Was wäre, wenn nicht dieser Syrer in
der Hölle des Krieges leben muss, sondern ich? Würde ich dann im Keller meines
zerbombten Hauses ausharren? Oder doch lieber versuchen, alles zu tun, um meine Familie
zu retten? Einen Schlepper anheuern und über das Mittelmeer schippern – würden wir
jemals ankommen? Und: Was würde ich dann wohl von der Diskussion um
Aufnahme-Obergrenzen und Asylrechtsänderungen halten? Jesus spielt dieses Spiel übrigens auch. Er erzählt einmal eine Geschichte von einem
reichen Mann. Vor dessen Haustür sitzt Lazarus, ein armer Schlucker. Todkrank, hilflos.
Dem Reichen ist das ziemlich egal: "Man kann sich ja nicht um alles kümmern.“ Die
Geschichte geht weiter: Der Reiche stirbt und kommt in die Hölle. Und sieht Lazarus im
Himmel sitzen. Da erst merkt der Reiche, was es bedeutet, hilflos und verstoßen zu sein.
Und anderen beim glücklich sein zusehen zu müssen. Eben: Was wäre, wenn? Was wäre,
wenn die Armen plötzlich glücklich und die Reichen ausgestoßen sind?
"Was wäre, wenn?“ Ein erhellendes Spiel. Denn: Wenn man die Bedingungen der Welt
einmal spielerisch auf den Kopf stellt, fällt einem vielleicht auf: Lebensumstände, die ich
hinnehme, solange sie andere betreffen, sind unerträglich, wenn sie mich selbst betreffen.
Aber warum nehme ich sie dann bei anderen hin? "What if?“ Was wäre, wenn? Ein
erhellendes Spiel. Nicht nur für Nerds
Redaktion: Pastorin Sabine Steinwender-Schnitzius