Irgendwie fällt mir beim Lesen der Blogkommentare im Dancing With The Elephant auch immer wieder ein, dass die Auseinandersetzung mit Kunst die Fortsetzung und Erweiterung der Kunst selbst ist. Und ich glaube auch, dass der Künstler das letzten Endes will: Erkannt werden als der, der er ist und als der er sich sieht. Der Künstler sucht sich selbst in seinem Werk, und wir suchen uns und ihn auch.
Aldebaran schreibt unter anderem (Übersetzte Kommentare aus dem DWTE Blog in Blau):
Um einige Zitate aus Armond Whites Diskussion von Black or White hinzuzufügen:
„Zwischen seinem Watusi Einstieg und dem Black Panther Abschluss macht Jackson deutlich, dass er seine eigene Situation analysiert.“
„Es ist zu bezweifeln, ob die ergebensten Jackson Fans auf die Darstellung von komplexer, roher Aggression in diesem Schlussteil (Koda) vorbereitet waren.“
„Dies ist eine Film Noir Version von Gene Kellys Nummer Singin‘ in the Rain.“
„Dieser Solotanz lässt die Enttäuschung heraus, die sich in zweiundzwanzig Jahren professionellen guten Benehmens, einer verlorenen Kindheit und einem entfremdeten Privatleben aufgebaut hat.“
„Stille entfesselt den Teil von Jackson, der im Song immer unterdrückt wurde. Er tanzt frei von persönlichen, sozialen, rassenbezogenen Zwängen, die untrennbar auf eine Art miteinander verbunden sind mit Jacksons Schwarzer und menschlicher Erfahrung, die mächtige (i.S.v. ermächtigte) Weiße niemals verstehen werden.“
White sieht diesen Film als MJ’s Erwachsenwerden – die Sexualität im langsamen Zuziehen des offenen Hosenschlitzes ist ein Moment von ‚verblüffender Symbolik‘ – ebenso, als er ‚Masturbation simuliert‘, indem er seinen Körper streichelt. MJ zeigt uns die Harmonie einer vereinten Einheit (ein Takt), die Kulturen und Rassen überschreitet, die aber dann , wie White sagt, mit „seiner aufgewühlten Einsamkeit“ und „dem musikalischen Ausdruck von Zorn“ endet, Zorn, der so weit entfernt ist von den Idealen der Einheit und Harmonie zwischen den Rassen, Zorn auf seinen eigenen Kampf als Entertainer und als Mensch am Kreuzweg von Schwarz oder Weiß.
Das hat mich an einen Kommentar erinnert, den ich im Januar gelesen habe und zwar von Jacksonaktak:
Hier ist eine kurze Geschichte über die Panther Szene in Black or White von John Landis aus einem kürzlich veröffentlichten Buch über die Geschichte von MTV (I Want My MTV):
Dann gab es diese berühmte Szene, in der sich Michael aus einem Panther heraus verwandelt. Er tanzt auf dem Dach eines Autos und ganz plötzlich fasst er sich in den Schritt und fängt an, an sich selbst zu reiben. Ich schrie „Schnitt!“ und sagte „Michael, was machst du da?“
Er sagte „Ich bringe mich selbst zum Ausdruck.“ Ich sagte „Michael, das ist eigenartig, mach das nicht.“ Er sagte „Madonna macht es. Prince macht es.“ Ich sagte „Du bist nicht Madonna oder Prince. Du bist Mickey Mouse.“
Also filmten wir wieder, und er zieht wirklich seinen Hosenschlitz auf und steckt seine Hand da rein. Ich rief „Schnitt!“
Ich sagte: „Mike, ich fühle mich wirklich nicht wohl damit, wenn du deine Nü*** berührst und deinen Sch**** streichelst. Ich denke einfach nicht, dass das akzeptabel ist.“ Und Michael dreht sich um zu unserem Choreographen, Vince Patterson, und sagt „Okay, was denkst du, Vince?“ Und Vince sagt „Ich mag es auch nicht wirklich.“
Michael sagt: „Gut, lasst uns Sandy rufen.“ Zu jener Zeit wurde Michael von Sandy Gallin gemanaged, der auch Dolly Parton und Cher vertrat. Sandy war eine kreischende Queen. Ein sehr schillernder Homosexueller. Sandy Gallin kommt also zum Set, sieht sich die Aufnahme an und sagt: „Mach es, Michael! Mach es! Mach es!“
Wahrscheinlich war dies Teil von Michael Genialität, denn als Black or White ausgestrahlt wurde, verursachte es eine riesige Kontroverse. Es wurde erstmalig gleichzeitig in über sechzig Ländern ausgestrahlt. Es hatte eine der höchsten Zuschauerquoten der Geschichte. Ich weiß, dass es mehr Zuschauer hatte als die Mondlandung.
Abgesehen davon, dass ich diese Geschichte irgendwie lustig finde, fasziniert mich daran, wie Michael darauf besteht, das zu machen. Er hat das schon alles im Kopf, stellt es (zum Schein) zur Diskussion, er weiß, dass er es so oder so machen will. Und er sucht so lange nach jemandem, bis er einen findet, der ihm zustimmt (und den er vielleicht schon von Anfang an dafür im Kopf hatte!?). Das ist auf irgendeine Art das Gleiche für mich wie „Dinge durch Weglassen geschehen lassen“. Er erklärt es und sich niemandem – er hat den Sinn des Ganzen genau im Kopf, aber er erklärt es anderen nicht. Weil er weiß, dass darüber reden alles kaputt machen würde? Am Ende soll das zu sehen sein, was er fühlt. Es geht ihm nur darum, dass man am Ende das sieht, was er beabsichtigt. Er muss nur die anderen dazu bringen, es ihn machen zu lassen.