Historische-Stichtage - 17. Juni 1991 - Südafrika schafft letztes Apartheid - Gesetz ab

  • 17. Juni 1991 - Südafrika schafft letztes Apartheid-Gesetz ab


    Südafrika zur Zeit der Apartheid: Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ist von der politischen Teilhabe ausgeschlossen.
    Schwarze müssen in heruntergekommenen Vierteln wohnen, dürfen die Toiletten der Weißen nicht besuchen und nicht an Bushaltestellen für Weiße warten. Die sogenannte Rassentrennung wird 1948, nach dem Wahlsieg der Burenpartei, rechtlich verankert. "Die Apartheid war der Versuch, den gesamten Staat und die Gesellschaft auf rassistischer Grundlage umzugestalten", sagt Christoph Marx, Historiker und Afrika-Experte der Universität Essen-Duisburg. In den USA oder den Kolonien habe sich der Rassismus sozial eingespielt, in Südafrika hingegen sei er institutionalisiert und gesetzlich geregelt worden.
    Etwa 1.000 Apartheid-Gesetze bestimmen den südafrikanischen Alltag. Die Grundlage dafür bildet der sogenannte Population Registration Act von 1950. "Das war ein Gesetz, mit dem die Bevölkerung rassisch klassifiziert wurde, in vier Rassengruppen", sagt Historiker Marx. Weiße Regierungsbeamte beurteilen Gangart, Gesichtszüge und Hautfarbe. Im Zweifel wird festgestellt, ob jemand hängende Schultern hat oder ein Bleistift im Haar stecken bleibt. Auf dieser Grundlage wird entschieden, wer als schwarz, weiß, farbig oder indisch gilt. Von dieser rassistischen Einstufung hängt zum Beispiel ab, welche Schule man besucht, wo man arbeitet und einkaufen darf.

    Zwangsumsiedlung in "Homelands"

    Schwarze müssen in abgegrenzten "Townships" am Rande der Städte der Weißen wohnen oder in den ebenfalls separierten "Homelands" auf dem Land. "Das waren sehr kleine Gebiete", sagt Marx. "Sie haben insgesamt nur 13 Prozent der südafrikanischen Landfläche eingenommen - für 80 Prozent der Bevölkerung." Wer sich weigert, in eines der zehn "Homelands" zu ziehen, wird zwangsumgesiedelt. In den "Townships" darf nur wohnen, wer einen Pass und eine darin vermerkte Arbeitserlaubnis als "Gastarbeiter" in den weißen Gebieten hat.
    Ein gigantischer Polizeiapparat überwacht die Einhaltung der Passgesetze. Jeder Verstoß wird geahndet. "Man schätzt, dass etwa 17 Millionen Menschen nach den Passgesetzen verhaftet und verurteilt wurden", sagt Afrika-Experte Marx. Wer protestiert, wird umso härter bestraft: mit Bann oder Gefängnisstrafen. Es wird auch gefoltert und gemordet. Trotzdem formiert sich Widerstand. In den 1950er Jahren setzt die Anti-Apartheidsbewegung "African National Congress" (ANC) vornehmlich auf zivilen Ungehorsam. Vorbild dafür sind die gewaltlosen Aktionen von Mahatma Gandhi, der über 20 Jahre in Südafrika gelebt hat. "Diese Maßnahmen sind allerdings alle gescheitert am Apartheidsstaat, der zum Teil mit brutaler Gewalt dagegen vorgegangen ist", so Marx. Der ANC antwortet mit dem Übergang zum bewaffneten Kampf und operiert nach seinem Verbot 1960 aus dem Untergrund.

    Schüleraufstand in Soweto

    Im Juni 1976 kommt der entscheidende Wendepunkt: In Soweto gehen 20.000 schwarze Schüler gegen einen Erlass der weißen Regierung auf die Straße. Afrikaans, die vom Niederländischen abgeleitete Sprache der Buren, soll alleinige Unterrichts- und Prüfungssprache werden. Der Aufstand wird blutig niedergeschlagen. Darauf folgen in den 1980er Jahren immer wieder Aufstände. Für Staatspräsident Pieter Willem Botha ist der ANC kommunistisch unterwandert und muss entschieden bekämpft werden, da angeblich ein Anschlag des Weltkommunismus auf Südafrika droht. Als in Moskau 1985 Michail Gorbatschow an die Macht kommt, verliert Südafrika allerdings seinen Angstgegner.
    Außerdem wird der Aktionsradius des Apartheid-Regimes immer kleiner. Das Geld, um den Verwaltungs- und Polizeiapparat zu finanzieren, wird knapp. Südafrikas veraltete, auf billige Arbeitskräfte ausgerichtete Industrie kann international nicht konkurrieren. Drei Monate nach dem Mauerfall, am 2. Februar 1990 hält Frederik de Klerk, Bothas Nachfolger, im südafrikanischen Parlament eine historische Rede: Er verkündet, dass der ANC mit sofortiger Wirkung wieder zugelassen ist und dessen inhaftierter Anführer Nelson Mandela ohne Bedingungen freikommt. Schon kurz darauf werden die ersten Apartheidsgesetze außer Kraft gesetzt. Als letztes dieser Gesetzte wird am 17. Juni 1991 der Population Registration Act vom Parlament in Kapstadt für ungültig erklärt.


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  • 19. Juni 2005 - Vor 15 Jahren: Das erste Apartheidgesetz wird aufgehoben

    "Es war ein Verbrechen, durch eine 'Nur-für-Weiße'-Tür in Regierungsgebäuden zu gehen, ein Verbrechen, einen 'Nur-für Weiße'-Trinkbrunnen zu benutzen, ein Verbrechen, an einem 'Nur-für-Weiße'-Strand spazieren zu gehen, ein Verbrechen, in einem 'Nur-für-Weiße'-Bus zu fahren", schreibt Nelson Mandela in seiner Autobiographie. Die Symbolfigur der Anti-Apartheid-Bewegung ist Rechtsanwalt im einzigen Anwaltsbüro schwarzer Südafrikaner, als 1953 das Gesetz über getrennte öffentliche Einrichtungen erlassen wird. Die Apartheid teilt die südafrikanische Gesellschaft in privilegierte Weiße und praktisch rechtlose Nichtweiße - Schwarze, Farbige, Asiaten. Rund 30 Millionen Menschen werden mit zahlreichen Apartheidsgesetzen schikaniert. Die Ehe und sexuelle Beziehungen zwischen Weißen und Südafrikanern anderer Bevölkerungsgruppen sind verboten. Diese Eingriffe in die Privatsphäre werden "kleine Apartheid" genannt. Die Folge sind rüde Kontrollen, Verhöre und Razzien durch die Polizei - rund 40 Jahre lang. Dann ist die "kleine Apartheid" am Ende: Am 19. Juni 1990 hebt das weiße Parlament das Gesetz über die "Rassentrennung" in öffentlichen Einrichtungen und andere Bestimmungen mit großer Mehrheit auf. Staatspräsident Frederik Willem de Klerk erklärt: "Es ist Zeit, aus dem Zirkel der Gewalt auszubrechen und Frieden und Versöhnung zu suchen. Die schweigende Mehrheit sehnt sich danach."
    Die schon seit 1910 praktizierte "Rassentrennung" ist 1948 zur offiziellen Regierungspolitik in Südafrika erklärt worden. 1950 installiert die weiße Minderheitsregierung mit einer Flut von Paragraphen die "große Apartheid": Ein Bevölkerungsregister erfasst jeden Südafrikaner nach Hautfarbe. Diese wird im so genannten "Passbuch" eingetragen und ständig kontrolliert. Schwarze dürfen nur in den elenden "Townships" weitab der weißen Städte leben. Von Beginn an leistet die schwarze Mehrheit Widerstand. Das Regime reagiert auf die Unruhen mit brutaler Gewalt und drakonischen Sicherheitsgesetzen. Die Auflehnung der schwarzen Befreiungsbewegungen dauert mehr als 40 Jahre. Dann gibt das weiße Establishment nach - auch unter dem Druck des Auslands. Im Februar 1990 wird Mandela nach 27 Jahren Haft freigelassen: "Freunde, Genossen und Mit-Südafrikaner, ich begrüße Euch im Namen von Demokratie und Freiheit für alle." Bis Ende 1991 werden auch die Gesetze der "großen Apartheid" schrittweise aufgehoben. Drei Jahre später finden die ersten demokratischen Wahlen statt. Mandela wird am 10. Mai 1994 als erster schwarzer Staatspräsident vereidigt.


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