Sowas Hirnloses hab ich ja selten gelesen .... um sich selbst zu beweihräuchern haut er mal eben schnell Michael Jackson in die Pfanne
Neverlandgarten
Unser Autor steht im Garten seiner Eltern und kann nicht aufhören, an einen berühmten und leider viel zu früh verstorbenen Sänger zu denken, der auch so einen Garten hatte.
Die Kolumne Tempo 30 erscheint jeden Mittwoch auf der Internetseite der Frankfurter Rundschau.
Foto: FR
Kann sich eigentlich noch irgendwer an Michael Jackson erinnern? So einsachtzig groß, spitze Wangen, blasser Teint.
Jedenfalls war dieser Jackson einmal ein ziemlich passabler Sänger, und ein begnadeter Tänzer war er obendrein. Der Mann war derart gesegnet mit Talent, dass man ihn irgendwann zum König der Popmusik krönte. Kann auch sein, dass er sich selbst krönte, so genau lässt sich das heute wohl nicht mehr nachvollziehen. Allerdings hätte er das mit dem ganzen Krönungsgedöns besser sein lassen sollen, denn irgendwie ist ihm das alles doch ziemlich zu Kopf gestiegen, und dann hieß es plötzlich, er hätte was mit Alkohol und dann mit Drogen und auch mit kleinen Jungs.
Wirklich beweisen konnte das alles natürlich rein niemand, der Affe aber, da bin ich mir sicher, war übelste Nachrede.
Als Jackson 2009 starb, weil ihm sein Leibarzt viel zu viel von einem Narkosemittel in den schwer gebeutelten Körper gepumpt hatte, woraufhin selbst die ganzen Ersatzteile den Geist aufgaben, verfiel die Welt doch tatsächlich in so eine Art kollektiven Schockzustand. Er könne Jacksons plötzliches Ableben einfach nicht fassen, sagte zum Beispiel mein bester Kumpel Obelix, und andere sagten das auch. Und irgendwie wurde man den Eindruck nicht los, als ob jeder wie selbstverständlich davon ausgegangen war, dass dieser Jackson, der immer so wirkte, als steuere ihn jemand aus dem Hintergrund mit einer Fernbedienung, im hohen Alter friedlich im Schaukelstuhl auf seiner Veranda einschlafen würde.
Das wäre aber allein schon deshalb nicht möglich gewesen, da Jackson zum Zeitpunkt seines Ablebens überhaupt keinen Schaukelstuhl mehr besaß, geschweige denn eine Veranda. Selbst die Villa, in der es ihn dahinraffte, war nur gemietet, was Verschwörungstheoretiker zu dem Schluss kommen ließ, Jackson habe seinen kompletten Besitz veräußert, um die Rakete bezahlen zu können, mit der er den Planeten nach seinen vorgetäuschten Tod verlassen wollte. Doch in Wahrheit war Jackson natürlich schlichtweg pleite, auch wenn die Nasa gerüchteweise ein hübsches Sümmchen für jenen Mitarbeiter ausgelobt haben soll, der Deep Space Jacksons auf seinem Radar entdeckt.
Jacksons Konten waren sogar so leer, dass er bereits vor vielen Jahren seine heiß geliebte Neverland-Ranch aufgeben musste. Die Ranch steht auf einem gut und gerne elf Hektar großen Anwesen, der Name ist aus den Peter-Pan-Geschichten geklaut. Im kinderliterarischen Original ist Neverland ein Ort, an dem Menschen niemals erwachsen werden. Da war es nur konsequent, dass Jackson auf dem weitläufigen Gelände unter anderem einen Privatzoo, einen Vergnügungspark und ein Kino errichten ließ. Ich gestehe, dass mir dieser Teil des Jacksonschen Größenwahns nach wie vor sympathisch ist. Doch seit Jahren schon nimmt nun die Natur wie einst in Dornröschen das Neverland in Beschlag. Und bevor die Ranch endgültig verfällt, soll aus ihr demnächst so eine Art Pilgerstätte werden.
Nun wird es in Zukunft also viele geben, die andächtig durch das waltdisneyreske Paralleluniversum des Michael Joseph Jackson schreiten und sich dabei versuchen vorzustellen, wie es wohl gewesen sein muss, in seinem eigenen Freiluftspielzimmer zu leben, während einige wenige andere wiederum denken werden: „Boaahh, langweilig, hab ich selbst“, zu denen Hannah, meine Tochter, gehören würde. Das mag jetzt jeden wundern, der das mickrige Stück Grünstreifen hinter unserem Vierparteienhaus kennt, das sich Gemeinschaftsgarten schimpft, und wo es außer einem rostigen Fahrradständer und einer windschiefen Wäschespinne keine nennenswerten Attraktionen gibt. Wirft man allerdings einen Blick in den Garten meiner Eltern und in den Garten der Eltern von Sophie, würde selbst Michael Jackson vor Neid erblassen.
Das fing damit an, dass Sophies Eltern eine Sandkiste in ihren Garten stellten und Hannah plötzlich am Wochenende nirgendwo hin lieber wollte, worauf meine Eltern ein Klettergerüst aufbauten, was dazu führte, dass meine Tochter am Samstag bereits vor Sonnenaufgang ihre Schuhe in unser Bett schleuderte und wir noch im Pyjama im Auto saßen.
Sophies Eltern installierten daraufhin eine Schaukel, worauf meine Eltern eine Rutsche anbrachten, worauf Sophies Eltern eine Wippe montierten, worauf meine Eltern ein Planschbecken füllten, worauf Sophies Eltern ein Baumhaus errichteten, worauf meine Eltern ein Trampolin aufklappten, worauf Sophies Eltern eine Hüpfburg aufbliesen, worauf meine Eltern ein Karussell einweihten, worauf Sophies Eltern eine Seilbahn hinstellten, worauf meine Eltern ein Bällebad auspackten, worauf Sophies Eltern eine Hängebrücke organisierten, und gerade warten wir darauf, ob als erstes das Fußballtor bei meinen Eltern steht oder der Hasenstall im Garten der Eltern von Sophie. Tiere werden das allgemeine Wettrüsten noch deutlich verschärfen, was einen Zoobesuch künftig völlig überflüssig machen wird.
Irgendwie muss man Großeltern einfach gern haben. Man wundert sich natürlich, wie ein und die selben Menschen, die einem früher den Höchstsatz an Taschengeldentzug aufbrummten, nur weil sich ein harmloser Ball in eines der Rosenbeete verirrt hatte, nun plötzlich die Rosen höchstselbst aus den Beeten reißen können, um Platz für das neue Indianertipi zu schaffen, in dem das Enkelkind nach Lust und Laune toben soll. Aber dann wird einem klar, dass sie früher Eltern waren und jetzt Großeltern sind und dass das zwei ganz unterschiedliche Paar Schuhe sind. Das ist natürlich himmelschreiendes Unrecht, weil man früher auch gerne seinen eigenen Privatspielplatz gehabt hätte, aber den bekam man nicht, und was wäre dann damals die Alternative gewesen. Michael Jackson in Neverland zu besuchen?
Die Kolumne "Tempo 30" erscheint jeden Mittwoch auf der Internetseite der Frankfurter Rundschau.
http://www.fr-online.de/panora…rten/-/1473584/8666606/-/
Edit: Ähm, hätte ich beinahe vergessen ..... hier könnt ihr zu dem "gelungenen" Artikel eure Meinung hinsenden http://www.fr-online.de/home/s…3782/1474222/-/index.html oder hierhin : (online@fr-online.de)